Haarsprechstunde organisieren: Strukturiertes Management als Schlüssel zum Erfolg

Wie eine effiziente Organisation der Haarsprechstunde gelingt: Mit klaren Strukturen wird Trichologie sowohl für Patienten als auch für Ärzte zur lohnenden Praxisleistung.

Trichologie in der Praxis: Strukturierte Abläufe für zufriedene Patienten und wirtschaftlichen Erfolg

Ob Haarausfall, Haarbruch, Haarausdünnung, Miniaturhaar und Kopfhauterkrankungen – „Trichologie ist in der Praxis nur machbar, wenn die Patienten mit Therapie, Diagnostik und Follow-up zufrieden sind. Und wenn die Ärzte ebenfalls zufrieden sind, vor allem mit der Praxisorganisation und der Abrechnung“, stellte Schwichtenberg klar. Eine gute Struktur ist dazu unumgänglich. Effiziente Abläufe sind laut Schwichtenberg die Voraussetzungen für die erfolgreiche Organisation und Abrechnung trichologischer Leistungen. Ein Strukturiertes Schema könnte beispielsweise so aussehen:

Vor Besuch in der Praxis:

Während des Besuchs in der Praxis:

Nach dem Besuch in der Praxis:

Der vorab ausgefüllte Haarfragebogen führt zu einem deutlich strukturierteren Gespräch. Um die Haarsprechstunde bekannt zu machen, sollte eine entsprechende Praxis-Webseite erstellt und die Praxis bei TrichoCare – einer Haararzt-Suchmaschine – eingetragen werden. Auch ein entsprechendes Praxisschild und Visitenkarten sowie ein Haarsprechstunden-Flyer gehören dazu. Infrage kommen auch Online-Videosprechstunden. „Die einzelnen Bestandteile und die Reihenfolge kann man diskutieren – wichtig ist aber: ohne konkretes Management wird die Haarsprechstunde in der Praxis eine Zuschussgeschichte“, warnte Schwichtenberg. 

Patient hat Anspruch auf Ausschluss einer krankheitsbedingten Ursache

Diagnostisch wird grundsätzlich unterschieden: Liegt ein Haarausfall-Muster vor (Alopezien) oder ist kein Muster zu erkennen (Effluvien, „diffuser Haarausfall“). Die Androgenetische Alopezie (AGA) gehört zum klassischen Muster, andere Muster sind z.B. die Alopecia areata (AA), vernarbende Alopezien (LPP, FFA, DLE, FAPD etc), Tinea capitis und die Traktionsalopezie. 

Liegt kein Muster vor, spricht man bei Symptomen < 6 Monate von einem akuten Telogeneffluvium, bestehen die Beschwerden länger, handelt es sich um ein chronisches Telogeneffluvium. Weitergehende Informationen für medizinische Fachkreise gibt es z.B. auf Trichologie.de nach einer Authentifizierung über DocCheck.
Die gesetzlichen Kassen haben die Indikation „Haarausfall“ aus dem kassenärztlichen Leistungskatalog komplett herausgenommen. Ein Patient mit Haarausfall hat aber Anspruch auf den Ausschluss einer krankheitsbedingten Ursache. In der Erstkonsultation wird deshalb geklärt, ob der Haarausfall ein Symptom einer Grunderkrankung ist. Ist das der Fall, handelt es sich für gesetzlich Versicherte um eine Kassenleistung.
Überleitung in die Haarsprechstunde (privat):

Privat abzurechnende Leistungen sind räumlich und auch zeitlich (mindestens 30 min) von der vertragsärztlichen Sprechstunde zu trennen, betonte Schwichtenberg. Der Patient muss eindeutig wissen, wo er sich gerade befindet: „Sie können nicht sagen: Damit machen wir jetzt weiter, das müssen sie aber selbst zahlen.“ 

Schwichtenberg schlug vor, dem Patienten beim Erstkontakt in etwa folgendes zu sagen: „Wir schließen jetzt zunächst eine krankheitswertige Störung aus, nehmen Blut ab und schauen, ob es eine internistische Ursache für den Haarausfall gibt. Und für alles weitere – wenn das in Ordnung ist – machen Sie bitte einen Termin in unserer privaten Haarsprechstunde aus.“  

Kommunikation ist der Schlüssel

Beim Thema Haarverlust gebe es zwischen Arzt und Patient klassische Missverständnisse, Schwichtenberg nannte drei Dinge, die Haarpatienten bei Ärzten überhaupt nicht mögen:

  1. Mir wurde gar nicht auf den Kopf geschaut 
  2. Die Aussage: „Da kann man nichts machen“
  3. Die Aussage: „Da gibt es viel Schlimmeres“   

Der Patient legt Wert auf das Draufschauen. Das zu berücksichtigen, ist wichtig für den Aufbau einer guten Arzt-Patienten-Beziehung. Eine defätistische Haltung bewertet der Patient natürlich negativ.. 
Auch Ärzte mögen drei Aussagen/Haltungen ihrer Haarpatienten überhaupt nicht:

  1. Haare bis zum Gürtel und in Tränen aufgelöst. Aber dann die Erwartung, in drei Wochen bestimmt eine Glatze zu haben
  2. Das muss doch eine Ursache haben!
  3. Ich habe gelesen/gehört, das (...).z. B. Borretschsamen helfen

Vorsicht vor Fallen!

Schwichtenberg nannte drei Fallen in der Kommunikation, die zuverlässig dafür sorgen, dass Arzt und Patient aneinander vorbeireden. 

Falle Nr. 1:  Die Patientin klagt, nur noch ein Drittel ihrer Haare zu haben, der Arzt schaut auf das Trichogramm und denkt: alles noch da. Die Patientin aber meint ihre Haarmasse: wenn sie ihre Haare umfasst, fühlt sich das anders an als früher, die durchschnittliche Haarlänge ist geringer geworden. Hier muss man deutlich machen: Ein diffuser Haarausfall ist nichts Dauerhaftes.

Falle Nr. 2:  Stichwort Erwartungshaltung: Ist das Vertrauen des Patienten in die Beständigkeit seiner Haarpracht erst einmal erschüttert, wird danach jedes einzelne Haar, das noch ausfällt, als extrem bedrohlich empfunden – obwohl längst wieder alles normal ist. Es fällt den Patienten oft schwer zu glauben, dass jetzt schon alles vorbei ist. 

Falle Nr 3: Keine klaren Therapieziele: Durch die Behandlung eines anlagebedingten Haarausfalls hat sich vermeintlich „nichts getan“. Dennoch wurde erreicht, dass der Haarverlust nicht weiter vorangeschritten ist. Hier sollten von Anfang an eindeutige Therapieziele vereinbart werden. Und an die müsse gelegentlich erinnert werden, so Schwichtenberg.

Quelle:
  1. Tagung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG), 30.4 bis 3. 5 2025, City Cube, Berlin. Sitzung: Haarerkrankungen, 1. Mai.