Jenseits der Plaque-Psoriasis: Molekulare Profile leiten personalisierte Therapieansätze

Verschiedene Psoriasis-Subtypen erfordern unterschiedliche Behandlungsstrategien. Prof. Conrad stellt ein innovatives Immunmodul-Konzept vor, das präzisere Diagnosen und gezieltere Therapien ermöglicht.

Psoriasis-Subtypen molekular entschlüsselt: Immunmodule als diagnostischer Leitfaden

Die klassische Psoriasis vom Plaque-Typ wird durch den IL-23-Th17-Signalweg gesteuert. Die akute entzündliche und pustulöse Psoriasis umfasst unterschiedliche molekulare Subtypen, bei denen zusätzliche Entzündungswege aktiviert werden. Conrad berichtete von einem in Lausanne entwickelten Konzept, das Immunmodule als Leitfaden für die Diagnose und Therapie nutzt. In der Arbeit werden Expressionsprofile von verschiedenen entzündlichen Hauterkrankungen miteinander verglichen, um Genloci zu identifizieren, die relevante Immunwege definieren. Conrad und Team identifizierten sieben Module, die wichtige Immunpfade repräsentieren: Th17, Th2, Th1, Typ I IFNs, neutrophil, makrophagisch und eosinophil. 

Die Module ermöglichen die Entwicklung einer molekularen Karte mit hoher diagnostischer Wirksamkeit für entzündliche Hauterkrankungen und klinisch-pathologisch unklare Fälle. „Die Patienten werden rein nach der Präsenz oder der Absenz dieser Module geordnet und man sieht, dass es sich bei Psoriasis klassischerweise um eine Th17-Erkrankung handelt. Da gibt es praktisch keine anderen aktiven Module“, erklärte Conrad. Bei Topischer Dermatitis sind hingegen Th2-Module aktiv, bei Lichen planus Th1. 

Psoriasis ist nicht immer Plaque-Psoriasis

Doch Psoriasis ist nicht immer Plaque-Psoriasis: Es gibt auch die akuten Formen der Psoriasis und die pustulöse Psoriasis, die ein etwas anderes inflammatorisches Profil aufweisen, so Conrad. Bei der chronischen Psoriasis dominiert TNF/IL-23/Th17. In der frühen Phase initiieren plasmazytoide, prädendritische Zellen durch die IFN-𝛼-Produktion die Psoriasis. Bei der Plaque-Psoriasis spielt das weniger eine Rolle. Aber bei Formen wie der erythrodermen Psoriasis oder der Psoriasis guttata bleibt die akute Entzündung bestehen. Die Blockade hat deshalb ein anderes Ziel – bei der akuten Psoriasis soll der IFN-𝛼-Pathway blockiert werden. 

Dennoch bleiben auch die Formen mit akuter Entzündung eine Th17-Erkrankung, so dass man eigentlich beides blockieren möchte: den IFN-𝛼-Pathway und den Th17-Pathway. Mit dem selektiven TYK2-Inhibitor Deucravacitinib werden gleichzeitig die Typ-1-Interferone und IL-23 blockiert. „Wenn Sie Patienten haben, die auf eine Biologikatherapie ungenügend ansprechen, ist der TYK2-Inhibitor sicherlich eine interessante Alternative“, so Conrad.

Generalisierte Pustulöse Psoriasis und Palmoplantare Pustulöse Psoriasis

Die Generalisierte Pustulöse Psoriasis (GPP), eine seltene Form der Psoriasis, führt zu einer schweren Störung des Allgemeinbefindens. Kennzeichnend sind multiple, disseminierte, weiße bis gelbliche Pusteln auf flächigen Erythemen. Der Interleukin-36-Rezeptor-Inhibitor Spesolimab ist ein vielversprechendes Ziel, und in Einzelfällen wird  von der Remission einer bis dato therapierefraktären GPP berichtet. 
Schwierig zu behandeln ist die chronisch verlaufende Palmoplantare Pustulöse Psoriasis (PPP), die auf die Handflächen und Fußsohlen begrenzt ist und mit der Bildung von Eiterbläschen einhergeht. Biologika funktionieren meistens nicht, auch Spesolimab scheint keine wirkliche Option zu sein, wie eine kleine Pilotstudie zeigt, die 2021 auf dem AAD vorgestellt wurde. 
Schaue man sich die Genexpression bei der PPP an, zeigt sich, dass eine Blockade von nur IL-17 oder nur IL-23 oder nur IL-36 zu kurz greife. „Wir setzen häufig Apremilast ein, das wirkt bei Plaque Psoriasis weniger gut, ist aber bei PPP effektiv, weil es Th1, Th17 und auch die Aktivität der Neutrophilen reduziert“, berichtete Conrad.

Lässt sich bald von Heilung sprechen?

Die Zukunft der Psoriasistherapie sieht Conrad in der Stratifizierung von Patienten auf der Grundlage des klinischen (Phänotyp) und molekularen Spektrums (Endotyp). Können in absehbarer Zeit Patienten geheilt oder zumindest der Krankheitsverlauf entsprechend modifiziert werden? Conrad berichtete von einer Patientin aus seiner Klinik in Lausanne. Eine Frau mit schwerer Psoriasis wurde im Rahmen einer Studie mit Secukinumab, einem IL-17-Blocker, behandelt. Sie sprach sehr schnell auf die Substanz an und ging in Remission. „Nach einem Jahr mussten wir sie aus der Studie herausnehmen, weil sie sich einer großen Zahn-OP unterziehen musste. Die Patientin war sechs Jahre später – ohne jegliche Therapie – noch immer ohne Relaps“, berichtete Conrad.

10% der Patienten bleiben ein bis zwei Jahre in Remission bzw. haben mindestens keinen Relaps nach Absetzen der Therapie. Ein Faktor, der das begünstigt, ist eine kurze Krankheitsdauer:  Je früher die Therapie angesetzt wird, desto höher ist die Chance auf Remission. Bestätigt wurde das durch Daten aus zwei Secukinumab-Studien. Nach Absetzen von Secukinumab blieb ein Teil der Patienten schubfrei. „Patienten mit kürzerer Krankheitsdauer blieben länger schubfrei – das deutet darauf hin, dass eine frühere Behandlung mit Secukinumab zu einer langfristigen klinischen Kontrolle der Psoriasis führen kann“, berichtete Conrad. Warte man allerdings fünf Jahre mit der Behandlung, schließt sich das Zeitfenster, und die Patienten haben keine große Chance mehr auf eine (dauerhafte) Remission. 

Beobachtungen, dass nach einem Relaps Läsionen an den gleichen Stellen wieder auftauchen, an denen sie schon zuvor vorhanden waren, haben zur Entdeckung des  „Krankheitsgedächtnisses“ in der Haut beigetragen. Spezifische T-Zellen, die Tissue Resident Memory T-Cells, verbleiben in der Haut. Auch nach einer Therapie bleibt ein Teil dieser Zellen in der Haut zurück und produziert weiterhin etwas IL-17 oder IL-23. 
„Irgendwann kommt es zu einem Trigger, die Zellen werden lokal reaktiviert, es kommt zum Influx von weiteren T-Zellen, ein Relaps folgt und die Krankheit kommt zurück“, erklärte Conrad. Wolle man die Krankheit wirklich verhindern, müssten wohl die Tissue Resident Memory T-Cells eliminiert werden. Ist das möglich? „Ich glaube, es ist nicht möglich und das ist auch gut so. Denn dieses Skin Resident Memory ist in erster Linie dazu da, uns vor Infektionen zu schützen – und vielleicht auch vor Tumoren“, gab Conrad zu bedenken. 

Quellen:
  1. Tagung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG), 30.04. bis 03.05.2025, City Cube, Berlin.Sitzung: Chronisch entzündliche Dermatosen - quo vadis?, 1. Mai.
  2. https://www.nature.com/articles/s41467-024-54559-6 (Konzept)
  3. https://www.jacionline.org/article/S0091-6749(22)00386-4/fulltext (Deucravacitinib)
  4. https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC10029782/ (Einzelfälle)
  5. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/37820029/ (Bestätigt)
  6. Pinter A et al., presented at AAD VMX 2021