Raumfahrt für alle: Was das Weltall mit unserem Körper macht

Die Kommerzialisierung der Raumfahrt ist im vollen Gange. Doch wie wirkt sich der Aufenthalt im All wirklich auf die Gesundheit aus? Neue Forschungsergebnisse beleuchten die Herausforderungen und zeigen unerwartete Folgen für Organe wie die Niere.

Herausforderungen des Weltalls an den menschlichen Körper

Seit über 20 Jahren befinden sich verschiedene Menschen für einen bestimmten Zeitraum auf der internationalen Raumstation (ISS) im Weltall. Geplant ist, dass der Weltraum in Zukunft kommerziell durch den Menschen genutzt wird. Die Anzahl an Menschen im Weltraum wird dementsprechend zunehmen. Hier kommt die Weltraummedizin ins Spiel, die sich mit den Folgen eines Aufenthalts im Weltraum auf den menschlichen Körper auseinandersetzt. Es gibt unterschiedliche medizinische Herausforderungen für das menschliche Organsystem, sobald es die Erde verlässt und in den Weltraum eintritt. Die reduzierte Schwerkraft führt zu einem Verlust von Muskel- und Knochengewebe. Es kommt zu Flüssigkeitsverschiebungen innerhalb des Körpers und der Kreislauf baut ab. Die Strahlung resultiert in Zellschäden und der Entstehung von Tumoren. Durch die Isolation kann es zu Auffälligkeiten im Verhalten und zu Schlafstörungen kommen. Dies hat auch Auswirkungen auf die Teamleistung. Zudem geht die geschlossene Umwelt auf einer Raumstation mit besonderen Gegebenheiten hinsichtlich der Atmosphäre und Temperatur einher. Knappe Ressourcen wie Wasser und Nahrung sowie das Auftreten von Krankheitserregern können die Raumfahrt ebenso unter die Probe stellen. Die medizinische Versorgung muss jedoch autonom geschehen. Durch die große Entfernung zur Erde kommt zudem eine Kommunikationsverzögerung hinzu.1

Paradoxe Volumenverschiebungen im Weltraum

Die Volumenverschiebungen und der Knochenabbau im Weltraum können dem nephrologischen System zu schaffen machen. Im Weltraum kommt es zu einer Volumenverschiebung in Richtung Kopf. Interessanterweise ist jedoch der zentrale Venendruck im Weltall bei Probanden niedriger als auf der Erde gewesen, so Jordan. Eine weitere Möglichkeit, die Veränderungen des Blutvolumens des menschlichen Körpers im Weltraum zu untersuchen, sind Impedanzmessungen am Thorax. Mittels dieser Methode konnten aufschlussreiche Daten gesammelt werden: Während des Aufenthalts im Weltraum ist das Flüssigkeitsvolumen im Thorax geringer als auf der Erde in stehender Position. Jordan erklärte diese Beobachtung wie folgt: Zunächst kommt es zu einer Flüssigkeitsverschiebung nach kranial. Eine vermehrte Ausscheidung von Natrium und Wasser resultiert in einer zentralen Hypovolämie. Von außen betrachtet sind jedoch die Halsvenen der Raumfahrer trotz Hypovolämie gestaut. Ein Blick auf die natriuretischen Peptide von Personen im Weltraum zeigt, dass diese reduziert sind.1

Präventive Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des Flüssigkeitsvolumens im Körper von Raumfahrern 

Die Aufrechterhaltung des Flüssigkeitsvolumens im Körper von Raumfahrern ist das Ziel verschiedener Studien der Weltraumforschung. Jordan stellte die wichtigsten Methoden und Maßnahmen vor, die hierzu auf der Erde in Studien untersucht worden sind. Die Probanden verbrachten ihre Bettruhe in Kopftieflage und testeten die unterschiedlichen Interventionen zur Prävention der zentralen Hypovolämie. Die lower body negative pressure (LBNP) war eine davon. Sie stellt ein einzigartiges Instrument zur Untersuchung der Physiologie integrierter systemischer Kompensationsreaktionen auf veränderte hämodynamische Muster unter Bedingungen der zentralen Hypovolämie beim Menschen dar. Dieses Instrument erzeugte im Studiensetting 6 Stunden täglich Unterdruck. Eine andere Maßnahme war regelmäßiges Ausdauertraining. Die Studienergebnisse zeigten, dass nur das regelmäßige Ausdauertraining einen Benefit hinsichtlich der Aufrechterhaltung des Plasmavolumens mit sich führte.1

„cosmic kidney disease“ 

Jordan stellte dem Auditorium eine Nierenerkrankung vor, die nicht von dieser Welt ist: Die „cosmic kidney disease“ besitzt ganz besondere Merkmale. Wissenschaftlichen Studienergebnissen aus dem Jahr 2024 zufolge bewirken Weltraumflüge folgendes im Bereich der Niere: 

Neben diesen Veränderungen des Nierengewebes im Rahmen der „cosmic kidney disease“ bereitet die Strahlungsexposition der Niere auf der ISS, dem Mond und dem Mars ebenso Sorgen. Die aktuell noch laufende Studie hierzu – ARTEMIS 1 Mission Mare Experiment – wird wichtige Daten hierzu liefern, so Jordan.1

Fazit für die Praxis

Quellen
  1. Jordan, Jens, Prof. Dr. med., Die Niere unter Extrembedingungen, Weltraummedizin, 131. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin, Wiesbaden, 8:00 Uhr, 03. Mai 2025.
  2. Siew K. et al. (2024). Cosmic kidney disease: an integrated pan-omic, physiological and morphological study into spaceflight-induced renal dysfunction. Nat Commun. 2024 Jun 11;15(1):4923.