Fortschritte in der Onkologie: Neue Therapiestandards für 14 solide Tumorentitäten

Onkopedia 2025: Frische Leitlinien revolutionieren die Behandlung solider Tumoren durch aktualisierte Therapieempfehlungen und innovative Ansätze.

Onkopedia: Was ist neu bei den soliden Tumoren?

Im Jahr 2025 wurden 14 Leitlinien zu Soliden Tumoren fertig gestellt bzw. aktualisiert:

Ösophagus- und Magenkarzinom

In der MATTERHORN-Studie (DOI:) war untersucht worden, ob die Hinzunahme von Durvalumab zur perioperativen Chemotherapie bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem, resektablem Adenokarzinom von Magen oder gastroösophagealem Übergang zur Verlängerung des ereignisfreien Überlebens beiträgt. Die Hinzunahme von Durvalumab zu FLOT verbesserte das ereignisfreie Überleben, kann der neue Standard in der perioperativen Therapie werden und wurde für die LL entsprechend adaptiert, berichtete Maschmeyer.

Ösophageales Plattenepithelkarzinom

Verändert hat sich auch die Firstline-Therapie beim Plattenepithelkarzinom. Die platinbasierte Chemotherapie ist die Standard-Erstlinienbehandlung für das fortgeschrittene Plattenepithelkarzinom des Ösophagus. Die JUPITER-06-Studie (DOI:) bildet die Grundlage für die Aufnahme des PD-1-Inhibitors Toripalimab in Kombination mit Cisplatin und Paclitaxel in die Erstlinientherapie. In die randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Phase-III-Studie waren 512 Patienten mit fortgeschrittenem oder metastasiertem Plattenepithelkarzinom der Speiseröhre eingeschlossen.  

Die Patienten erhielten entweder den monoklonalen, spezifisch gegen PD-1 gerichteten Antikörper Toripalimab oder Placebo, jeweils in Kombination mit Cisplatin und Paclitaxel alle 3 Wochen über bis zu 6 Zyklen, gefolgt von einer Erhaltungstherapie mit Toripalimab oder Placebo. Beim Progressionsfreien Überleben (PFS) wurde eine signifikante Verbesserung in der Toripalimab-Gruppe gegenüber Placebo beobachtet (HR 0,58). Auch beim Gesamtüberleben (OS) zeigte sich eine signifikante Verbesserung (HR = 0,58). Die Ergebnisse bezeichnete Maschmeyer als sehr überzeugend.

Fortgeschrittenes Magen-/AEG-Karzinom

Die perioperative FLOT-Triplet-Chemotherapie (Fluorouracil, Oxaliplatin und Docetaxel) ist die Standardtherapie bei lokalisierten und resezierbaren Adenokarzinomen des Magens und des gastroösophagealen Übergangs. In der PRODIGE 51- FFCD-GASTFOX-Studie (DOI:) wurde ein modifiziertes FLOT-Schema mit FOLFOX als Erstlinienbehandlung für Patienten mit HER2-negativem fortgeschrittenem Adenokarzinom des Magens und des gastroösophagealen Übergangs verglichen. Das modifizierte FLOT/TFOX-Schema verbesserte das PFS und das OS  und die objektive Ansprechrate im Vergleich zu FOLFOX signifikant. 

Das modifizierte FLOT/TFOX-Schema könnte eine neue Erstlinienbehandlung für Patienten darstellen, die für diese Docetaxel-Triplet-Chemotherapie in Frage kommen. „Trotz erhöhter Toxizität liefert TFOX bessere Ansprechraten“, so Maschmeyer. Allerdings profitierten entscheidende Patienten-Subgruppen nicht, die Toxizität ist deutlich höher, gab er zu bedenken. Die Kernaussage der Leitlinien-Gruppe lautet: Die Platin-Fluoropyrimidin-Kombination bleibt der Therapiestandard. Maschmeyer betont: „mFLOT/FTOX ist ein individuell nutzbares Schema für Patienten mit hohem Remissionsdruck, Docetaxel-unbehandelt und ohne Option auf Biomarker-gestützte, zielgerichtete oder Immuntherapie."

Kolorektale Karzinome

Hier sind zwei Aktualisierungen wichtig. Eine Aktualisierung betrifft die Adjuvanz im Stadium III. Bei Patienten ≤ 70 Jahre wird der Mikrosatellitenstatus zugrunde gelegt. Während es bei Patienten mit stabilem Mikrosatellitenstatus bei CAPOX oder FOLFOX bleibt, ist für Patienten mit instabilem Mikrosatellitenstatus (defizientem Mismatch-Reparatur-System, dMMR)  jetzt der Zusatz von Atezolizumab die Empfehlung der ersten Wahl und Standard. 

Die Empfehlung basiert auf den Ergebnissen der ATOMIC-Studie (DOI: ). Das PFS über drei Jahre war im Atezolizumab-Arm deutlich signifikant (86,4% vs. 76.6%). Die zweite Änderung betrifft die Empfehlung der Firstline-Therapie für BRAFV600E-mutierte Kolorektale Karzinome: EC plus mFOLFOX6 ist jetzt der neue Standard beim BRAFV600E-mutierten, metastasiertem kolorektalen Karzinom.

Therapiestandard in der Erstlinientherapie von Patienten mit metastasiertem, kolorektalem, BRAFV600E-mutiertem Karzinom ist ein Doublet aus Fluoropyrimidin plus Oxaliplatin, ggf. Plus Bevacizumab. Die Kombination Encorafenib plus Cetuximab (EC) ist für die Zweitlinientherapie zugelassen. In der BREAKWATER-Studie (DOI:) wurde die Hinzunahme von Encorafenib plus Cetuximab zur Chemotherapie in der Erstlinientherapie getestet. Es zeigt sich ein deutlicher Vorteil im OS und im PFS, die HR liegt bei 0,49. 

Kleinzelliges Lungenkarzinom SCLC

Geändert hat sich die Empfehlung für die Erhaltungstherapie mit Durvalumab im Stadium IIb bis III. In der ADRIATIC-Studie (DOI:) war die Wirksamkeit von Durvalumab als Konsolidierungstherapie für Patienten mit limited-stage-kleinzelligem Lungenkrebs nach gleichzeitiger Chemoradiotherapie untersucht worden. Mit Durvalumab konnte eine signifikante Verbesserung des OS und des PFS erreicht werden.

Lurbinectedin wird nun ebenfalls zur Erhaltungstherapie eingesetzt, in Stadium IV. Die Einstufung basiert auf den Ergebnissen der, in der gezeigt werden konnte, dass das PFS (HR 0,54) und das OS (HR 0,73) in der Lurbinectedin plus Atezolizumab-Gruppe bei Patienten mit ES-SCLC länger war als in der Atezolizumab-Gruppe – allerdings mit einer höheren Inzidenz von unerwünschten Ereignissen. Lurbinectedin plus Atezolizumab stellt eine neue therapeutische Option für die Erstlinien-Erhaltungstherapie dar. „IMforte hatte bei ihrer Veröffentlichung ziemliches Aufsehen erregt. Beim Kleinzeller sind Fortschritte, die sich im OS niederschlagen rar“, berichtete Maschmeyer.

Die Prognose von Patienten mit metastasiertem, systemisch vorbehandeltem SCLC ist schlecht. Standard ist supportive Therapie und ggf. der Einsatz von Zytostatika als Monotherapie. Mittel der ersten Wahl in der Zweitlinientherapie von Patienten mit DLL3+ SCLC ist jetzt Tarlamab. Der bispezifische Antikörper richtet sich gegen DLL3, ein auf der Oberfläche von SCLC-Zellen exprimiertes Antigen. In der DeLLphi-304-Studie (DOI:) wurde Tarlatamab gegen Chemotherapie verglichen. Die Ergebnisse zeigen, dass Tarlatamab zur Verlängerung des PFS und des OS führte und einen positiven Effekt auf die Symptomatik (Husten, Dyspnoe, Schmerzen) aufwies. Die Studienergebnisse bestätigen Tarlatamab als neuen Standard in der Zweitlinientherapie von Patienten mit DLL3+ SCLC.

Maschmeyer wies darauf hin, dass sich weitere 9 Leitlinien derzeit in Arbeit befinden:

  • Analkarzinom (Erstfassung)
  • Aderhautmelanom (Erstfassung)
  • Neuroendokrine Neoplasie (Erstfassung)
  • Osteosarkom (Aktualisierung)
  • Pleuramesotheliom (Aktualisierung)
  • Ewing-Tumoren (Aktualisierung)
  • Kopf-Hals-Plattenepithelkarzinome (Aktualisierung)
  • Ovarialkarzinome (Aktualisierung)
  • Nasopharynxkarzinome (Erstfassung)

Und 2026 sollen folgende Leitlinien aktualisiert werden: Biliäre Karzinome, GIST, Präzisionsonkologie, , Speicheldrüsenkarzinome und Urothelkarzinom.

Quelle:
  1. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie (DGHO), 24.-27. Oktober 2025, Messe Köln.  Fortbildung: Onkopedia: Was ist neu? 26. Oktober 2025.