Long-COVID an der Lunge

Die Langzeitfolgen von COVID-19 können verschiedene Organe betreffen und die Symptome noch Monate nach der Akutphase bestehen bleiben. Auch bei der Lunge.

COVID-19 diagnostisch auf der Spur im Lungengewebe

Um Schäden am Lungengewebe entdecken und verifizieren zu können, sind umfangreiche Untersuchungen notwendig. Die Untersuchung der Lungenfunktion kann beispielsweise mittels Spirometrie, Bodyplethysmographie, Diffusionsgasanalyse und FeNO (Fraktioniertes exhaliertes Stickstoffmonoxid) erfolgen. Bahmer empfiehlt die Erhebung eines PoC-Labors (Kap. BGA, CRP/PT, "Triage" (D-Dimer, Trop, CK, BNP)), sowie die Durchführung folgender Verfahren:

Der gesamten Diagnostik geht natürlich eine präzise Anamnese voraus.1 Im Rahmen dieser Anamnese und Befunderhebung können Daten zu Spätfolgen einer COVID-19-Infektion gesammelt werden. Mittels strukturierter Fragebögen (mMRC, Fatigue (FACIT-F, MFI-20), CFS/ME (Charité Berlin), Depressionen (PHQ-4/-9), Angst (GAD-7), Stress (PSS), Resilienz (BRS)) können Informationen über Nachwirkungen einer COVID-19-Infektion erhoben werden. Eine weitere wichtige Informationsquelle sind die Befunde ärztlicher Kollegen. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit ist hierfür die Grundvoraussetzung.1

Eine Verbesserung der Lungenphysiologie nach COVID-19 kann auch erst nach einem Jahr auftreten

Bahmer stellt dem Auditorium die Ergebnisse einer prospektiven Längsschnitt-Kohortenstudie aus Wuhan vor. Diese befasst sich mit Patienten, die zwar wegen einer schweren COVID-19-Erkrankung ins Krankenhaus eingeliefert worden sind, jedoch keine mechanische Beatmung benötigten hatten. Die Datensammlung erfolgte 3, 6, 9 und 12 Monate nach Krankenhausentlassung. Aus der Studie ausgeschlossen wurden Patienten mit Bluthochdruck, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Nikotinabusus, sowie chronischen Lungenerkrankungen in der Vorgeschichte. Beim Großteil der Studienteilnehmer zeigte sich eine vorübergehende Verbesserung der Lungenphysiologie und der körperlichen Leistungsfähigkeit. Die Daten zeigen, dass es bis zu ein Jahr dauern kann bis sich die Diffusionskapazität der Lunge für Kohlenmonoxid (DLCO) erholt hat. Bei einigen Patienten konnten jedoch selbst 12 Monate nach Entlassung physiologische und radiologische Anomalien beobachtet werden. Ein Jahr nach Krankenhausentlassung lag bei einem Drittel der Studienteilnehmer die DLCO noch unter 80%. Ein Risikofaktor für eine reduzierte DLCO war das weibliche Geschlecht gewesen. Auch hinsichtlich der forcierten Vitalkapazität waren bei 11% der Studienteilnehmern nach Krankenhausentlassung Hinweise auf eine funktionelle Einschränkung vorhanden. Ein weiterer wichtiger Prädiktor für die Einschränkung der Lungenphysiologie ist der Schweregrad der COVID-19-Erkrankung zu Krankheitsbeginn. Geringe residuelle Symptome und Milchglastrübung im CT nach 1 Jahr waren ebenso mit einer höheren akuten initialen Erkrankungsschwere assoziiert gewesen. Bahmer betont, dass die Lungenfunktion ein wichtiger Faktor ist, um über die CT-Notwendigkeit eines Patienten entscheiden zu können.1,2

Bildgebung der Lunge bei COVID-19

Bei rund der Hälfte der aufgrund einer COVID-19-Erkrankung hospitalisierten Patienten sind Veränderungen im CT erkennbar gewesen. Hier galt: Je stärker der Akutverlauf, desto höher das Risiko für CT-Veränderungen der Lunge.1

Zu den häufigsten CT-Veränderungen zählen:

Zur Genese der CT-Veränderungen können folgende Mechanismen beitragen: Virusinfektion vs. Folgen des ARDS (Acute Respiratory Distress Syndrome) vs. Folgen der mechanischen Beatmung. Bahmer merkt an, dass CT-Narben jedoch auch bei anderen Viruserkrankungen der Lunge vorkommen können und nicht pathognomonisch für SARS-CoV-2 sind. Zu den Prädiktoren für anhaltende CT-Veränderungen gehören Bahmer zufolge Dauer und Intensität der akuten Krankenhausbehandlung, erhöhte Entzündungsparameter sowie eine post-akute subjektive Leistungsminderung. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die potentielle Veränderung der Lungenstrombahn in der post-akuten Phase. In dieser Erkrankungsphase kann es zu Lungenembolien kommen.1

Die Folgen einer symptomatischen COVID-19-Erkrankung mit Krankenhausaufenthalt sind noch nicht klar definiert. Wir befinden uns aktuell in einem dynamischen Prozess dessen Ziel die Ermittlung von verlässlichen Risikofaktoren, sowie die Entwicklung von COVID-19-Leitlinien ist.1,2

Fazit für die Praxis:

Quelle:
1. Bahmer Thomas, Professor, Dr. med., Internist und Pneumologe am UKSH, Campus Kiel und an der Christian-Albrechts-Universität Kiel, Grenzen nach der Infektion: Long-COVID, COVID-19 der Lunge: Welche bleibenden Schäden sehen wir? 128. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin, Wiesbaden, 13:00 Uhr, 03. Mai. 2022.
2. Wu X. et al. (2021). 3-month, 6-month, 9-month, and 12-month respiratory outcomes in patients following COVID-19-related hospitalisation: a prospective study. Lancet Respir Med. 2021 Jul;9(7):747-754.