Fr1dolin-Studie: Screening auf familiäre Hypercholesterinämie sinnvoll

Die familiäre Hypercholesterinämie ist eine der häufigsten angeborenen Erkrankungen mit Inzidenzen von 1:300. Dennoch findet kein reguläres Screening statt. Betroffene erleiden schon im Kindesalter kardiovaskuläre Ereignisse. Könnte eine frühe Therapie dies vermeiden helfen?

Das sollten Sie zur Fr1dolin-Studie wissen:

Familiäre Hypercholesterinämie häufiger als gedacht

In der Pädiatrie gilt die familiäre Hypercholesterinämie (FH) als eine häufige Erkrankung, die jedoch oftmals nur zufällig entdeckt wird, wenn zum Beispiel ein Elternteil ein kardiovaskuläres Ereignis durchlebt. Während in der Kindermedizin auf weitaus seltenere Krankheiten, wie die Cystische Fibrose, gescreent wird, geschieht dies nicht für die FH.

Betroffene sind so der lebenslangen Belastung durch erhöhte LDL-Werte ausgesetzt und können ihrerseits schon früh Komplikationen entwickeln. Im Fall der homozygoten FH kann dies mitunter schon in der Kindheit der Fall sein. Diese Variante ist zwar recht selten, nicht selten sind jedoch heterozygote Formen der Erkrankung. Insbesondere Patientinnen und Patienten, die im jungen Erwachsenenalter einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erleiden, sind oftmals mit einer FH belastet. Ursächlich für die FH sind pathogene Variationen in verschiedenen Genen. 

Was ist die Fr1dolin-Studie?

Fr1dolin steht für Früherkennung von Typ-1-Diabetes und familiärer Hypercholesterinämie in Niedersachsen, an welcher über 175 Kinderarztpraxen teilnahmen. Der Diabetes-Teil ist für diesen Vortrag nicht relevant. 

Pädiatrischen Patienten wurde Blut abgenommen und Cholesterinwerte bestimmt. Lagen diese außerhalb der Norm, wurden in spezialisierten Zentren weitere Untersuchungen durchgeführt. 

Ergebnisse der Studie

Etwas mehr als 15.000 Kinder im Alter von zwei bis sechs Jahren wurden in die Studie eingeschlossen. Bei 367 wurden erhöhte LDL-Werte festgestellt. Dies entspricht etwa 2,6 % der Getesteten und ist höher als die erwartete Inzidenz von 1:200 bis 1:300. 

Um festzustellen, ob eine familiäre Hypercholesterinämie vorliegt, erfolgten genetische Untersuchungen. Dabei fielen bei 20% der Untersuchten pathogene Genvariationen auf. Zusätzlich lagen bei weiteren circa 15% Varianten vor, bei denen eine mögliche krankheitsauslösende Relevanz noch fraglich ist. 

Ist ein Screening auf familiäre Hypercholesterinämie sinnvoll?

Werden Kinder, die an FH erkrankt sind, nicht erkannt und somit auch nicht behandelt, steigt ihr Risiko schon im jungen Alter an kardiovaskulären Komplikationen zu erkranken, an. Oftmals sind diese Ereignisse dann der Auslöser, der die Maschinerie der weiterführenden Diagnostik und Lebensstiländerung in Gang setzt. Eine Früherkennung der FH würde jedoch diese kardiovaskulären Ereignisse vermeiden helfen, wie eine Studie aus dem Jahr 2020 zeigte. Durch die Gabe von Statinen bei Diagnosestellung im Kindesalter kann die ausschlaggebende Kumulation von Blutfetten verlangsamt und auf das Niveau Gesunder gebracht werden.

Als Screening-Strategien könnten zwei Methoden infrage kommen:

Fazit für die Praxis

Die Prävalenz der FH scheint höher als erwartet, sodass ein Screening für die Erkrankung sinnvoll wäre. In der Behandlung Erwachsener, die in jungen Jahren kardiovaskuläre Ereignisse erleiden oder mit einer Hypercholesterinämie auffallen, sollte auch an eine familiäre Variante der Krankheit gedacht und Kinder der Betroffenen untersucht werden. So kann eine Therapie rechtzeitig gestartet und die Morbidität und Mortalität gesenkt werden. 

Quelle:
Arens, Stefan, Dr. med., Kinderkrankenhaus auf der Bult, Hannover, Lehren aus der Fr1dolin-Studie – frühes Screening auf Hypercholesterinämie schon bei der U9?, 88. Jahrestagung der DGK, Mannheim, 23.04.2022