Beide Experten betonten die Relevanz einer verstärkten Aufmerksamkeit für die HCM, eine Erkrankung, die trotz ihrer Prävalenz von etwa 1 zu 500 lange Zeit in den Hintergrund gerückt war. Mit der Verfügbarkeit neuer pharmakologischer Therapieprinzipien, insbesondere des Myosin-Inhibitors Mavacamten, gewinnt die Erkrankung jedoch wieder an Bedeutung. Prof. Haverkamp hob hervor, dass die HCM durch diese wirksamen Therapien gewissermaßen neu gedacht und behandelt wird, was sowohl für Therapeuten als auch für Patienten erfreulich sei.
Ein wichtiger Punkt der Diskussion war die Diagnosestellung. Während die Diagnose anhand von Wanddicken-Grenzwerten in der Echokardiographie relativ einfach erscheint, wiesen die Experten auf mögliche Fallstricke und die Variabilität zwischen Untersuchern hin. Zudem wurde die hohe Dunkelziffer unerkannt betroffener Patienten (80-90%) thematisiert. Prof. Haverkamp betonte die Notwendigkeit, aktiver nach diesen Patienten zu suchen, sowohl in der Niederlassung als auch im Krankenhaus.
Bezüglich fortgeschrittener Fälle der hypertrophen-obstruktiven Kardiomyopathie stellten die Experten die Bedeutung von Mavacamten heraus. Dieses Medikament greift direkt in die zentrale Pathophysiologie ein und kann die Herzinsuffizienz-Symptomatik effektiv verbessern. Trotz der Notwendigkeit eines engmaschigen Kontrollnetzes und möglicher Medikamenteninteraktionen wurde die Sicherheit der Langzeitanwendung betont. Gleichzeitig wiesen die Experten darauf hin, dass andere kritische Aspekte wie der plötzliche Herztod oder thromboembolische Ereignisse bei Vorhofflimmern weiterhin unabhängig von der Mavacamten-Therapie betrachtet und behandelt werden müssen.
Die Diskussion über Langzeiteffekte der kardialen Myosinhibition zeigte vielversprechende Ergebnisse. Neben der stabilen Verträglichkeit deuten erste Daten auf ein reverses Remodeling der Herzmuskulatur, eine Verbesserung der diastolischen Funktion, eine Reduktion der linksventrikulären Wanddicke sowie normalisierte Biomarker und EKG-Veränderungen hin. Prof. Frank äußerte die Hoffnung, dass diese Veränderungen langfristig auch die Prognose der Patienten verbessern könnten.
Als wichtige Forschungslücke wurde die weitere Untersuchung der Langzeiteffekte und der Einfluss auf den plötzlichen Herztod identifiziert. Beide Experten betonten die Spannung und Hoffnung, die mit dieser neuen Ära der Therapie einhergehen. Prof. Haverkamp sprach von einem Paradigmenwechsel hin zu einer präzisionsmedizinischen Behandlung, die an der Wurzel der Erkrankung ansetzt, ähnlich dem Vorgehen in der Onkologie. Prof. Frank ergänzte, dass die Kardiologie hier Neuland betritt und hoffentlich ähnliche zielgerichtete Therapien auch für andere Herzerkrankungen entwickelt werden.