Mehr Qualität durch weniger Ablationszentren

Geschätzte 96.000 Herzrhythmus-Ablationen gibt es in Deutschland jedes Jahr. Etwa 60 Prozent der Zentren führen nicht mal eine Ablation pro Tag durch.

Aktuell darf jedes Krankenhaus mit Kardiologie-Fachärztin oder –Facharzt den Eingriff vornehmen.

Geschätzte 96.000 Herzrhythmus-Ablationen gibt es in Deutschland jedes Jahr. Etwa 60 Prozent der Zentren führen nicht mal eine Ablation pro Tag durch.

340 zu 45 – so lautet das Verhältnis zwischen Deutschland und Großbritannien, wenn es um die Zahl der Zentren geht, die Katheter-Ablationen durchführen. Die Frage, ob Quantität nicht am Ende zu weniger Qualität führt, zieht sich aktuell durch das gesamte Gesundheitswesen. Auf den DGK-Herztagen 2019 in Berlin stellten MedizinerInnen zur Diskussion, ob es nicht sinnvoll wäre, die Zahl der 340 deutschen Ablationszentren zu reduzieren. Dadurch wäre aus ihrer Sicht gewährleistet, dass die Zentren aufgrund entsprechend höherer Fallzahlen über mehr Expertise verfügten.

Etwa 96.000 Katheterablationen gebe es jedes Jahr in Deutschland, erklärte Professor Philipp Sommer, Sprecher der Arbeitsgruppe Rhythmologie der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie und Direktor der Klinik für Elektrophysiologie/Rhythmologie am Universitätsklinikum der Ruhr-Universität in Bochum, im Rahmen einer Pressekonferenz. Für Ablationen fehlt bisher ein Register, so dass diese Zahl auf Schätzungen beruht. Es zeigt sich eine klare Tendenz, dass die Fallzahlen steigen und immer häufiger Ablationen als minimalinvasive Verödungstherapie zum Einsatz kommen, um Herzrhythmusstörungen zu behandeln. Etwa die Hälfte der Ablationen erfolgt bei Vorhofflimmern. Zwischen einer und 1,8 Millionen Menschen (Quelle: DGK) sollen an Vorhofflimmern in Deutschland leiden. Eine Ablation ist meist dann erste Wahl, wenn Medikamente nicht zur Besserung der Rhythmusstörung führen.

"Grundsätzlich können wir feststellen, dass es in Deutschland immer mehr Zentren gibt, die Herzrhythmus-Ablationen durchführen", sagt Sommer. Bedeutet konkret: "Etwa 60 Prozent der Zentren haben nicht einmal einen Fall pro Tag." Jedes Krankenhaus, an dem ein Facharzt für Kardiologie tätig ist, dürfe Ablationen durchführen, so Sommer.

Weniger Komplikationen bei höheren Fallzahlen

Eine im "European Heart Journal" 2018 von Professor Gerhard Steinbeck und anderen publizierte Studie kam für 2014 zu dem Ergebnis, dass bei insgesamt 33.353 in Deutschland durchgeführten Katheterablationen in 11,7 bis 13,8 Prozent der Fälle Komplikationen entstanden seien. Sommer verwies seinerseits auf Studien, die zeigen würden, dass die Komplikationsrate abnehme, wenn die Fallzahlen in einem Zentrum größer seien: "In unseren Qualitätskriterien für eine Zertifizierung von Ablationszentren setzen wir als Fachgesellschaft daher voraus, dass mindestens 75 Untersuchungen pro Jahr in zwei aufeinanderfolgenden Jahren durchgeführt werden müssen."

Ein weiteres Thema der Pressekonferenz war der richtige Zeitpunkt für die Ablation bei Vorhofflimmern. "Während wir durch Medikamente ein erneutes Auftreten von Vorhofflimmer-Episoden bei unseren Patienten innerhalb von 4 Jahren nur zu 30 Prozent verhindern konnten, gelang dies durch eine Ablationstherapie in der Hälfte aller Fälle", berichtete Professor Lars Eckardt von der Arbeitsgruppe Rhythmologie der DGK. Er verwies auf die beim Kongress der European Society of Cardiology (ESC) vorgestellte Attest-Studie. Diese habe gezeigt, dass Patientinnen und Patienten mit anfallsartigem Vorhofflimmern, die frühzeitig im Krankheitsverlauf eine Ablation erhielten, zehn Mal seltener dauerhaftes Vorhofflimmern entwickelten als diejenigen, die ausschließlich medikamentös behandelt wurden.

Neue Devices

Jedes Jahr kommen neue Devices auf den Markt, die versprechen, die Ablationsabläufe zu verbessern. Vorhofflimmer-Ablationen werden in etwa zwei Drittel der Fälle mit hochfrequentem Wechselstrom und in einem Drittel mit Kryoenergie durchgeführt. Für beide Energieformen gibt es inzwischen so genannte Single-Shot-Devices, die es ermöglichen, das erforderliche Gebiet zu veröden, ohne den Ablationskatheter bewegen zu müssen.

"Das Device wird einmal in die Vene eingeführt und abladiert den entscheidenden Bereich per Knopfdruck", erklärt Sommer. "Das beschleunigt den Vorgang natürlich sehr und macht das Ergebnis weniger abhängig von den Fähigkeiten des Untersuchers." Dies gelte zumindest für die nicht ganz so aufwendigen Erstablationen. Erste kleinere Studien mit 100 bis 150 PatientInnen seien abgeschlossen und vorgestellt. Die Devices würden sich derzeit im Zulassungsprozess befinden und voraussichtlich Anfang 2020 auf den Markt kommen.

Referenzen:
1. Pressekonferenz DGK-Herztage, Berlin. 11. Oktober 2019.
2. „Überraschend viele Komplikationen nach Katheterablation in Deutschland“. (2018).
https://www.kardiologie.org/vorhofflimmern/ueberraschend-viele-komplikationen-nach-katheterablation-in-deut/16020318
3. Prof. Gerhard Steinbeck et. Al: “Incidence of complications related to catheter ablation of atrial fibrillation and atrial flutter: a nationwide in-hospital analysis of administrative data for Germany in 2014”. European Heart Journal, Volume 39, Issue 45, 01 December 2018, Pages 4020–4029, https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehy452.