NOAKs in der Real World: aktuelle Datenlage zur oralen Antikoagulation

Schlaganfall- versus Blutungsrisiko: Das ist die große Herausforderung einer adäquaten Gerinnungshemmung. Wie neue orale Antikoagulanzien (NOAKs) dabei im klinischen Alltag abschneiden.

Wissenswertes zum Einsatz von NOAKs

Ein Blick in die umfangreiche Datensammlung der vergangenen Jahre macht durchaus nachdenklich. In der Real World verdichtet sich der Trend, dass NOAKs zwar hinsichtlich der Blutungsrate gegenüber VKA überlegen sind, bei der Vermeidung thrombembolischer Events aber oft schlechter abschneiden. In diversen Erhebungen aus Krankenkassendaten konnte dies bestätigt werden. 

Nun unterliegen Real-World-Daten naturgemäß gewissen Verzerrungen und haben klare Defizite gegenüber kontrollierten Studien. Dennoch stellt sich die Frage, woran es im Alltag beim Einsatz der neuen oralen Antikoagulanzien haken könnte.

Die Gründe dafür können vielfältig sein:

1. Dosierung

NOAKs werden häufig nicht optimal dosiert. In einer Untersuchung aus den USA waren 12 Prozent der Patienten unterdosiert, was wiederum mit einer erhöhten Schlaganfallrate einherging. 4 Prozent waren überdosiert und erlitten dadurch vermehrt schwere Blutungen. Aktuelle Daten von 2023 zeigen außerdem, dass die Dosierung speziell bei älteren Patienten oft nicht adäquat ist.

2. Adhärenz

In einer ebenfalls 2023 erschienenen Arbeit aus den USA wurde deutlich, dass eine niedrige Adhärenz vor allem bei NOAKs fatale Folgen hat. Das Risiko thrombembolischer Ereignisse war bei mangelnder Therapietreue verglichen mit Warfarin höher. Andere Daten bestätigen eine zum Teil dramatisch niedrige Adhärenz: Nur zwei Drittel der darin eingeschlossenen Patienten mit chronischer Nierenerkrankung nahmen die Medikation zuverlässig ein.

3. Diskontinuität

Einen ähnlichen Effekt hat die Unterbrechung der Therapie. Daten aus dem internationalen Garfield-Register ergeben insgesamt eine Rate von 13 Prozent. Und: Ab einer Therapieunterbrechung von 7 Tagen steigen ischämisches Risiko und Mortalität signifikant an.

4. Niereninsuffizienz

Ein weiteres Problem ist die notwendige Dosisanpassung bei eingeschränkter Nierenfunktion. Die Schemata zur Dosisreduktion sind komplex und beinhalten neben der GFR (glomeruläre Filtrationsrate) zahlreiche andere Parameter. Im Alltag zeigt sich, dass Ärzte hier vorsichtig sind und sich im Zweifel eher für eine niedrigere NOAK-Dosierung entscheiden.

Vitamin-K-Antagonisten sind nicht out

Und was sagen randomisierte Studien aus? Neueste Daten der FRAIL-AF-Studie unterstreichen den Stellenwert, den Vitamin-K-Antagonisten zumindest für bestimme Patientengruppen nach wie vor haben. Verglichen wurde ein Kollektiv aus älteren Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion und Vorhofflimmern, die bereits VKA erhielten. Eine Gruppe blieb dabei, die andere wurde auf NOAKs umgestellt. 

Das Ergebnis überrascht: Beim primären Endpunkt Blutungsraten waren VKA signifikant überlegen. Daran wird einmal mehr deutlich, wie wichtig es ist, letztlich für jeden Patienten die individuell beste Strategie bei der Gerinnungshemmung zu finden.

Fazit für die Praxis

Die Versorgung mit oralen Antikoagulanzien hat sich in den letzten Jahren verbessert. Dabei geht der Trend eindeutig in Richtung NOAKs, was durch zahlreiche Studien gedeckt ist. Allerdings ist der Umgang damit noch nicht optimal. In der Praxis ist es wichtig, auf die richtige Dosierung, Adhärenz und Komorbiditäten zu achten

Quelle:

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