Plättchenhemmung nach ACS: wie lange und wie intensiv?

12 Monate duale Plättchentherapie nach ACS (akutes Koronarsyndrom): So ist es leitliniengerechter Standard. Doch bei einem hohen Blutungsrisiko sollte die Therapie hinterfragt und gegebenenfalls deeskaliert werden. Welche Strategien gibt es dafür?

Wissenswertes zur Plättchentherapie nach ACS auf einen Blick:

Nach einem akuten Koronarsyndrom werden mehrere Phasen unterschieden. Auf eine akute Phase mit hohem ischämischem Risiko folgt nach ca. 3 Monaten eine intermediäre Phase mit zunehmender Konsolidierung. Nach etwa 12 Monaten ist schließlich eine chronische Phase erreicht. Nach dieser Einteilung richtet sich die Gewichtung der antithrombotischen Therapie.

Ischämie versus Blutung: keine leichte Abwägung

Primäres Ziel bei der DAPT ist es, vor allem in der Frühphase nach Infarkt Thrombosen und Ischämien zu vermeiden. Mit der Entwicklung von Stents zur Behandlung des ACS wurde eine suffiziente Plättchenhemmung noch wichtiger, um Stentthrombosen mit hohem Mortalitätsrisiko vorzubeugen. So lag der Fokus lange Zeit allein auf dem Schutz vor Reinfarkt und Schlaganfall. 

Doch der Preis für die strikte antithrombotische Behandlung wurde zunehmend sichtbar. Blutungen, die lange als unvermeidliches Begleitphänomen angesehen wurden, erhöhten die Mortalität deutlich. Gesucht wurde also nach einer sicheren Plättchentherapie mit möglichst wenig Blutungen.

Wie gelingt diese Quadratur des Kreises?

Blutungsrisiko systematisch erfassen

Zunächst einmal ist es hilfreich, das Blutungsrisiko einzuschätzen. Dazu dienen Scores wie der PRECISE-DAPT-Score. Er umfasst fünf Parameter:

Anhand der Angaben wird das Blutungsrisiko eingeordnet und die Behandlung ggf. adaptiert.

Dafür gibt es grundsätzlich zwei Strategien:

  1. Therapieverkürzung: Die üblichen 12 Monate können auf 6, 3 oder auch nur einen Monat reduziert werden.
  2. Therapiedeeskalierung: Die eingesetzten Wirkstoffe können modifiziert werden. Eine Möglichkeit ist die Umstellung von Ticagrelor oder Prasugrel auf das „mildere“ Clopidogrel. Alternativ ist auch eine frühzeitige Monotherapie mit Aspirin oder P2Y12-Inhibitor alleine denkbar.

Nicht einfach nach Schema F 

Für beide Strategien gibt es gute Evidenzen. Welche davon gewählt wird, hängt vom jeweiligen Patienten ab und ist immer auch eine Frage der persönlichen Präferenz und Erfahrung der behandelnden Ärzte.

Was sich allerdings zunehmend zeigt: Die DAPT sollte häufiger evaluiert und angepasst werden. Denn das Alter der Patienten mit ACS steigt, wodurch auch Komorbidiäten und vorausgegangene Blutungen häufiger werden. All dies muss in die Bewertung der Behandlung einfließen, um beides zu vermeiden: Ischämie und Blutung.

Fazit für die Praxis

Eine duale Plättchenhemmung ist nach akutem Koronarsyndrom lebensrettend. Doch mit zunehmender Konsolidierung muss das individuelle Blutungsrisiko in die Planung der Behandlung einfließen. Dabei ist weniger manchmal mehr.
 

Quelle:

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