Schilddrüse bei Kindern: Medikation nicht immer nötig

Eine Unterfunktion der Schilddrüse kann die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen beeinträchtigen. Ein Mangel an Schilddrüsenhormonen kann jedoch früh erkannt und durch die Gabe des Hormons LT4 ausgeglichen werden. Die Tests führen jedoch auch dazu, dass Kinder die Hormone fälschlicherweise erhalten.

Schilddrüsenfunktion bei Verdacht mehrmals testen

Eine Unterfunktion der Schilddrüse kann die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen immens beeinträchtigen – schließlich ist das kleine Organ ein wichtiger Hormonproduzent. Ein Mangel an Schilddrüsenhormonen kann über eine Blutanalyse jedoch früh erkannt und durch die Gabe des entwicklungsrelevanten Hormons LT4 ausgeglichen werden. Daher ist es auf den ersten Blick erfreulich, dass Kinder und Jugendliche immer häufiger auf auffällige Schilddrüsenwerte hin untersucht werden. Die Tests führen jedoch auch vermehrt dazu, dass Kinder die Hormone fälschlicherweise erhalten – etwa, weil die Funktion ihrer Schilddrüse nur vorübergehend oder nur leicht beeinträchtigt ist.

Müdigkeit, Antriebslosigkeit oder Übergewicht – es sind sehr unspezifische, auch in anderem Zusammenhang keineswegs seltene Symptome, mit denen sich eine Schilddrüsenunterfunktion bei Kindern und Jugendlichen bemerkbar macht. ÄrztInnen sehen sich daher häufig veranlasst, die Schilddrüsenwerte ihrer jungen PatientInnen zu überprüfen.

"Aus Sorge um die Entwicklung der Kinder sind diese Tests auch gerechtfertigt“, sagte Professor Dr. med. Heiko Krude, Direktor des Instituts für Experimentelle Pädiatrische Endokrinologie an der Charité–Universitätsmedizin Berlin. Denn für Kinder und Jugendliche stellt eine Schilddrüsenunterfunktion eine ernsthafte Gefahr dar: Tritt die Hormonstörung bereits im Kindesalter auf, können sich die geistige und sprachliche Entwicklung sowie das körperliche Wachstum verzögern. Bei einer Erkrankung im Jugendalter entwickeln sich oft Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen.

Als wichtigster Blutwert zur Bestimmung einer Schilddrüsenunterfunktion gilt der so genannte TSH-Wert. Dennoch weist nicht jeder erhöhte TSH-Wert auf eine echte Schilddrüsenunterfunktion hin. Das TSH wirkt auf die Schilddrüse mit dem Ziel, die Bildung von T4 und T3 zu stimulieren. Häufig liegen die eigentlich krankheitsrelevanten Werte für LT4 und LT3 im Referenzbereich – trotz auffälligem TSH. Eine Hormonbehandlung ist dann unnötig. Dennoch werde oft allein aufgrund des erhöhten TSH-Wertes eine Therapie mit LT4 eingeleitet.

Für die jungen Patienten sei dies in mehrfacher Hinsicht schädlich. Zum einen müssten sie die tägliche Einnahme von Tabletten in ihren Tagesablauf einplanen, zum zweiten werde das Gesundheitsbewusstsein der Jugendlichen gestört. In einer ohnehin schwierigen Phase der Selbstwahrnehmung empfänden sie sich als krank, obwohl es dafür keinen Grund gebe. Nicht zuletzt bestehe auch das Risiko, durch die Hormongaben eine Schilddrüsenüberfunktion herbeizuführen.

Experten plädieren daher dafür, einen leicht erhöhten TSH-Wert nach drei Monaten, einen deutlich erhöhten Wert nach sechs Wochen erneut zu kontrollieren – zunächst ohne eine Behandlung einzuleiten. Steigen die Werte in dieser Zeit nicht weiter an, empfiehlt sich lediglich eine weitere Kontrolle.