Die Bandbreite der Kommunikationsfehler reicht von einfachen akustischen Missverständnissen in lauten Umgebungen über unbekannte Fachterminologie und Abkürzungen bis hin zu strukturellen Problemen wie starren Hierarchien, die offene Kommunikation behindern. Die Folgen können dramatisch sein: Behandlungsfehler, kritische Ereignisse und im schlimmsten Fall der Tod von Patienten.
Das Crew Resource Management, ursprünglich in der Luftfahrt entwickelt, hat sich als wertvolles Konzept zur Vermeidung von Kommunikationsfehlern im medizinischen Kontext erwiesen. Der Ansatz zielt darauf ab, Fehler rechtzeitig zu erkennen und zu vermeiden bzw. aus gemachten Fehlern systematisch zu lernen.
In einer Zeit zunehmender Spezialisierung und komplexerer Behandlungsprozesse gewinnt dieser Ansatz besonders an Bedeutung. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit in modernen Kliniken erfordert mehr denn je klare Kommunikationsstrukturen, die über Abteilungs- und Hierarchiegrenzen hinweg funktionieren.
Ein zentrales Element des CRM ist der Wandel von einer Schuldkultur zu einer Redlichkeitskultur. Die traditionelle Schuldkultur ("Wer hat den Fehler gemacht?") führt zu Scham, Motivationsverlust und Verschleierung von Fehlern. Sie verhindert das Lernen aus Fehlern und fördert eine Atmosphäre der Angst.
Die Redlichkeitskultur hingegen trennt den Fehler von der Person und betrachtet ihn als Systemfehler. Die entscheidende Frage lautet nicht "Wer ist schuld?", sondern "Warum konnte dieser Fehler auftreten und wie können wir das System verbessern, um ihn künftig zu vermeiden?". Dieser Ansatz ist nicht nur menschlicher, sondern auch effektiver bei der Fehlervermeidung.
Die Implementierung einer Redlichkeitskultur erfordert jedoch Zeit und Anstrengung. Dr. Biesalski weist darauf hin, dass besonders ältere Kollegen oft in anderen Denk- und Kommunikationsmustern sozialisiert wurden. Der Kulturwandel muss daher aktiv gefördert und durch Schulungen unterstützt werden.
Zwei praktische Instrumente des CRM sind Briefing und Debriefing. Das Briefing dient der Vorbereitung des Teams vor einer kritischen Situation, etwa bevor ein Notfallpatient eintrifft. Dabei werden Zuständigkeiten geklärt, vorhandene Ressourcen überprüft und mögliche Komplikationen antizipiert.
Wichtig ist, dass das Debriefing in einem wertschätzenden, konstruktiven Rahmen stattfindet und nicht zur Schuldzuweisung missbraucht wird. Jedes Teammitglied sollte die Möglichkeit haben, seine Perspektive einzubringen. In der Praxis werden diese Instrumente bereits erfolgreich in Notaufnahmen, OP-Sälen und auf Intensivstationen eingesetzt. Sie tragen nachweislich zur Verbesserung der Patientensicherheit bei und fördern gleichzeitig die Teamentwicklung.
Dr. Biesalski stellt zwei konkrete Kommunikationstechniken vor, die in ihren Workshops trainiert werden:
Diese Techniken mögen zunächst ungewohnt erscheinen, haben sich jedoch in der Praxis als äußerst wirksam erwiesen. Sie reduzieren nachweislich kritische Ereignisse und verbessern die Patientensicherheit.
Die Implementierung von CRM-Techniken in bestehende klinische Strukturen stellt eine Herausforderung dar. Dr. Biesalski weist auf die Notwendigkeit fachübergreifender Schulungen und einer systematischen Integration in die klinischen Abläufe hin.
Kliniken, die CRM-Prinzipien konsequent umsetzen, berichten von einer Reduktion kritischer Ereignisse, höherer Mitarbeiterzufriedenheit und besseren Behandlungsergebnissen.
Die Erkenntnisse von Dr. Biesalski unterstreichen die fundamentale Bedeutung guter Kommunikation für die Patientensicherheit. Das Crew Resource Management bietet einen strukturierten Ansatz zur Verbesserung der Kommunikation in klinischen Teams und zur Etablierung einer konstruktiven Fehlerkultur.
Für die individuelle Verbesserung der Kommunikation empfiehlt Dr. Biesalski drei konkrete Tipps:
Die Implementierung dieser Prinzipien erfordert ein Umdenken in der medizinischen Kultur, verspricht jedoch erhebliche Verbesserungen für die Patientenversorgung und das Arbeitsklima in klinischen Teams.