Neue Dynamik in der PNP-Forschung: Was sich jetzt für die Behandlung ändert

Polyneuropathien (PNP) sind ein komplexes, bisweilen unübersichtliches Thema. Doch ein Blick in die aktuelle Forschung lohnt sich. Beim diesjährigen DGN (Kongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie) war den PNP die State-of-the-Art-Lecture gewidmet.

Wissenswertes zu Polyneuropathien auf einen Blick:

Bei der diabetischen Neuropathie bleibt nur die Diabeteskontrolle 

Mit Abstand am häufigsten ist die diabetische Neuropathie, meist in Form einer distal symmetrischen sensomotorischen PNP (ca. 50 %). Während es jedoch in der Theorie viele mögliche therapeutische Angriffspunkte gibt, beschränkt sich die Behandlung derzeit auf die Kontrolle des und die symptomatische Therapie der .

Auch bei einer anderen distal symmetrischen PNP, der chronischen idiopathischen axonalen PNP (CIAP), die bis zu 30 % aller Polyneuropathien ausmacht und einen erheblichen Leidensdruck verursachen kann, stehen aktuell noch keine wirksamen Therapien zur Verfügung. Eine Studie zu Topiramat, dass das oft mit CIAP assoziierte metabolische Syndrom verbessern kann, brachte nicht die erhofften Ergebnisse (doi: ).

Verlangsamung der Krankheitsprogression bei der ATTR-Amyloidose

Anders sieht es bei einigen genetisch bedingten Neuropathien aus. Differentialdiagnostisch sind sie immer dann in Betracht zu ziehen, wenn eine Diskrepanz zwischen einer vergleichsweise milden Symptomatik und stark pathologischen elektrophysiologischen Befunden besteht. Ein Beispiel für eine behandelbare hereditäre PNP ist die ATTR-Amyloidose, eine Multisystemerkrankung mit Beteiligung mehrerer Organsysteme und des peripheren Nervensystems, die durch Amyloidablagerungen im Gewebe gekennzeichnet ist. Mit TTR (Transthyretin)-Silencern und -Stabilisatoren kann die Krankheitsprogression deutlich verlangsamt werden. In den nächsten Jahren sind im Bereich der hereditären Neuropathien weitere Fortschritte zu erwarten. 

Neue Wirkprinzipien bei Immunneuropathien 

Auch bei Immunneuropathien wie dem Guillain-Barré-Syndrom (GBS), der chronischen inflammatorischen demyelinisierenden Polyneuropathie (CIDP) und der multifokalen motorischen (MMN) geht es voran. Während beim GBS die Komplementinhibition bislang erfolglos geblieben ist, hielt mit der Zulassung des FcRn-Inhibitors Efgartigimod erstmals seit Jahrzehnten ein neues Wirkprinzip Einzug bei der Behandlung der CIDP (). Es bietet eine Alternative für Patienten, die auf die konventionelle Behandlung mit Kortikosteroiden oder Immunglobulinen unzureichend ansprechen.

Bei der MMN steht der Komplementinhibitor Empasiprubart in den Startlöchern, zu dem aktuell eine Phase-3-Studie läuft (doi:). Falls die Ergebnisse positiv sind, könnte nach langer Stagnation erstmals eine Therapiealternative zu Immunglobulinen zur Verfügung stehen.

Fazit für die Praxis 

Die Therapielandschaft bei Polyneuropathien verändert sich rasant. Zwar gibt es weiterhin erheblichen Forschungsbedarf, doch die Einführung völlig neuer Wirkmechanismen lässt hoffen, dass sowohl Patienten mit häufigen Erkrankungen wie der diabetischen Neuropathie als auch diejenigen mit seltenen neuropathischen Krankheitsbildern künftig davon profitieren können.

Quelle:
  1. Sommer, Claudia (Würzburg): State-of-the-Art-Lecture: Polyneuropathien, DGN-Kongress 2025, Berlin, 12.–15.11.2025.