Neue DGN-Leitlinie "Erster Epileptischer Anfall und Epilepsien"

Was tun nach einem ersten epileptischen Anfall? Wie sind neuere Anfallssuppressiva zu bewerten? Antworten liefert die neue S2k-Leitlinie Epilepsie.

Methodik der neuen Leitlinie

Management eines ersten epileptischen Anfalls

Mit 45 Empfehlungen gehen die Leitlinien ausführlich auf Diagnostik, Therapie und Folgen eines Anfalls ein. Zur differentialdiagnostischen Einordnung dienen eine zerebrale Bildgebung sowie die Labormarker Laktat und Creatinkinase (CK). Beides soll zeitnah erfolgen, um ggf. rasch eine Therapie einzuleiten. Klar indiziert ist sie, wenn sich nach einem ersten Anfall typische Läsionen im MRT zeigen.

Weiterhin wichtig ist die Abgrenzung eines unprovozierten, von einem akut-symptomatischen Anfall mit auslösenden Faktoren wie Schlafentzug, Alkohol/Drogen oder Medikamenten. Da das Rezidivrisiko bei konkreten Auslösern eher gering ist, ist eine antiepileptische Behandlung hier allenfalls in der Akutphase zu erwägen.

Nicht zu vergessen ist die hohe psychische Belastung, die eine neu diagnostizierte Epilepsie für die betroffenen Patienten bedeutet. Vor allem in der Zeit nach der Diagnosestellung ist das Suizidrisiko deutlich erhöht. Auch psychiatrische Erkrankungen wie Angststörungen und Depressionen sind bei Menschen mit Epilepsie häufig. Diese bislang allenfalls beiläufig erwähnten Aspekte haben die Leitlinienautoren ganz bewusst mehr in den Vordergrund gerückt.

Hohe Anforderungen an die Pharmakotherapie

Bei der Pharmakotherapie gelten Wirksamkeit und Verträglichkeit als oberste Gebote. Ziel ist eine bestmögliche Anfallskontrolle bei minimalen Nebenwirkungen. Letztlich muss sich jede Behandlung daran messen lassen, wie viele Patienten nach einer gewissen Zeit noch mit einem bestimmten Medikament behandelt werden. Hier schneidet Lamotrigin in vielen Fällen nach wie vor am besten ab. Ein epilepsiechirurgischer Eingriff kann erwogen werden, wenn zwei oder mehr Medikamente versagt haben. Dann aber sollte die prächirurgische Evaluation zeitnah erfolgen. 

Wie lange die Therapie beibehalten wird, sorgt immer wieder für Diskussionen. Grundsätzlich sollte eine zweijährige Anfallsfreiheit abzusehen sein, bevor das Absetzen der Medikamente in Betracht gezogen wird. Zur Risikoabschätzung dienen einfache Tools, die sich im Alltag als nützlich erwiesen haben. Da die Beendigung der Therapie Konsequenzen bezüglich Fahreignung und Beruf haben kann, muss sie stets zusammen mit den Patienten abgewogen werden.

Der Patient im Zentrum

Die Patientenperspektive durchzieht die gesamte Leitlinie wie ein roter Faden. Deutlich wird das auch an den beiden neuen Kapitel zu komplementären bzw. supportiven Therapieverfahren sowie psychosozialen Aspekten. Neben den erwähnten Empfehlungen zu psychiatrischen Komorbiditäten wird hier eine große thematische Bandbreite abgebildet, um möglichst konkrete, alltagsnahe Hilfestellungen zu geben. So finden sich etwa Hinweise zum Baden in offenen Gewässern und zum Diskobesuch bei photosensibler Epilepsie.

Fazit für die Praxis

Mit der aktualisierten Leitlinie liegt ein umfassendes Kompendium vor, das nicht nur Antworten auf die eingangs gestellten Fragen gibt, sondern auch gänzlich neue Aspekte aufgreift. Damit wird die Leitlinie dem Krankheitsbild Epilepsie mit all seinen psychischen, beruflichen und sozialen Facetten gerecht.
 

DGN-Kongress 2023: Neurodegenerative Erkrankungen im Fokus 

Der DGN-Kongress vom 8. bis zum 11. November 2023 im CityCube Berlin hat den Fokus auf neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson gelegt. Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie hat mit ihrem Programm 2023 die neurologischen Folgen einer alternden Gesellschaft in den Mittelpunkt gerückt. esanum berichtet vom DGN Kongress zum Beispiel auch über den Einfluss der Neuroinflammation bei MS oder neue Therapieoptionen bei Myasthenie. Hier finden Sie die aktuelle Berichterstattung.

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