Problemfall Mukoviszidose: alles gelöst?

Mit der Einführung des freiwilligen Neugeborenen-Screenings werden mehr Kinder frühzeitiger detektiert, was die Chance auf eine frühe, präsymptomatische Therapie erhöht. Neue Behandlungsmöglichkeiten sollen die Mukoviszidose als Systemerkrankung zukünftig noch besser beherrschbar machen.

Entscheidende Trias: Mucolyse, Antiinflammation und Antiinfektiva

Auslösender Krankheitsfaktor der Mukoviszidose sind Mutationen im CFTR-Gen, welches für einen entscheidenden Chlorid- und Bikarbonat-Transporter kodiert. Mit der Einführung des freiwilligen Neugeborenen-Screenings werden immer mehr Kinder immer frühzeitiger detektiert, was die Chance auf eine frühe, präsymptomatische Therapie erhöht. Neue oder sich derzeit in der Entwicklung befindende Behandlungsmöglichkeiten sollen die Mukoviszidose als Systemerkrankung zukünftig noch besser beherrschbar machen.

Bis zur Einführung des Neugeborenen-Screenings auf Mukoviszidose am 1. September 2016 lag die Diagnoserate bis zum dritten Lebensmonat bei nur etwa 40 %. Dieser Wert konnte zwar durch das Screening verbessert werden, jedoch erhalten noch immer mehr als 8 % der Patienten ihre Erstdiagnose in einem Alter > 18 Jahren.

Ärzte sollten immer dann differenzialdiagnostisch an eine noch unentdeckte Mukoviszidose denken, wenn ältere Patienten an chronischen sinopulmonalen Krankheiten leiden, wiederholte Pankreatitiden oder im Falle von Männern eine Azoospermie unbekannter Ursache auftreten. Denn die Mukoviszidose ist eine Systemerkrankung, die neben den Lungen ebenso den Magen-Darm-Trakt, die Knochen, die Leber oder das Pankreas betreffen kann. Verdauungsstörungen sind deshalb eine häufige Begleiterscheinung der Erkrankung. Cave: Mukoviszidose-Patienten bedürfen häufig unter Pankreasbeteiligung aufgrund von Fettverdauungsstörungen einer Substitution fettlöslicher Vitamine (E, D, K, A).

Goldstandard für die weitere Diagnostik bei Mukoviszidose-Verdacht bleibt der Schweißtest. Ergibt dieser Salz-Werte von > 60 mmol/l oder liegt er im Graubereich zwischen 30 und 59 mmol/l soll eine CFTR-Mutationsdiagnostik angeschlossen werden.

Derzeitige Therapiestandards

Die Basistherapie bei Mukoviszidose besteht aus der Behandlung der Symptome. In erster Linie betrifft dies die Blockade des Schleimabflusses vom Lungenepithel. Durch DNAsen, Kochsalzlösung, Mannitol sowie Spülungen wird eine schrittweise Rehydrierung und/oder Lyse des Schleims erreicht, wodurch der Abfluss und somit auch das Abhusten erleichtert werden. Atemtherapie und Sport unterstützen diese symptomatische Behandlung.

Da insbesondere chronische bakterielle Atemwegsinfektionen den Verlauf und die Prognose der Erkrankung bestimmen, steht bei Erstnachweis, z. B. einer Infektion mit Pseudomonas aeruginosa, die antibiotische Eradikation an erster Stelle. Sie zeigt in der Mehrzahl der Fälle eine gute Erfolgsquote von 75-90 %.

Seit 2011 existiert ferner eine kausale Therapie, beispielsweise mithilfe von Ivacaftor, welche die Symptome lindert, indem sie direkt an der CFTR-Funktion ansetzt. Mittels aktivierender oder korrigierender Medikamente lässt sich dabei die Aktivität und Funktion des CFTR-Chloridkanals steuern. Allerdings erfassen diese kausalen Therapieansätze immer nur Teilpopulationen der Mukoviszidose-Patienten, nämlich stets nur diejenigen mit der entsprechenden CFTR-Mutation.

Zukünftige Behandlungsansätze bei Mukoviszidose

Der Trend der Mukoviszidose-Therapie geht daher zukünftig ebenfalls zu einem personalisierten, mutationsdiagnostisch basierten Ansatz über, welcher alle drei Ebenen der Erkrankung im Fokus behält: die Mucolyse, die Antiinflammation sowie die Antiinfektiva.

Im Bereich der Sekretolyse befindet sich derzeit das OligoG in der Phase 2b der Entwicklung. Dabei handelt es sich um ein Algentrockenextrakt, welches osmotisch wirksam ist und auf diese Weise zu einer Rehydrierung des Mucus führt. Das QBW276, ebenfalls derzeit in Phase 2, blockiert auf der anderen Seite die Natriumkanäle (ENaC) und führt dadurch eine Rehydrierung herbei.

Als Standard in der Antiinflammation gilt aktuell noch das Ibuprofen, welches jedoch bei Langzeiteinnahme Nebenwirkungen im Magen-Darm-Trakt hervorruft, weshalb die Suche nach neuen Alternativen weiter vorangetrieben werden muss. Eine solche mögliche Alternative könnte zukünftig das Acebilustat sein, ein in Phase 1b befindlicher LTB4-Inhibitor. Interessant ist daneben aber ebenso das bereits in der Phase 2 getestete Lenabasum, ein synthetisches THC-Derivat mit antiinflammatorischer Wirkung.

Darüber hinaus werden aktuell weitere spannende Forschungsvorhaben auf dem Gebiet der Antiinfektiva vorangetrieben. In der Entwicklung befinden sich z. B. ein inhalatives Vancomycin (derzeit Phase 2), welches sich beispielsweise gegen MRSA wirksam zeigte sowie ein Behandlungsansatz mit Gallium (ebenfalls Phase 2), das ganz allgemein eisenabhängige Prozesse blockiert und so z. B. gegen antibiotikaresistente P. aeruginosa eingesetzt werden könnte.

Fazit

Mit Einführung des freiwilligen Neugeborenen-Screenings werden immer mehr Mukoviszidose-Patienten präsymptomatisch entdeckt und behandelt, was die Prognose der Erkrankung deutlich verbessern kann.

Die modernen Therapieregime, welche die Trias aus Mucolyse, Antiinflammation und Antiinfektiva, berücksichtigen, sollen zukünftig diese Therapieerfolge sichern helfen. Gleichzeitig sorgen sie dafür, dass die mucozilliäre Clearance gesteigert und die Symptomatik – auch extrapulmonal – verringert wird.

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Quelle:
Sektion 14 "Mukoviszidose – Neues aus der Zellbiologie und neue Medikamente", DGP 2018, Dresden.