Rheumatologie im Jahr 2027 – aus britischer Sicht

Gastland auf dem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie, der vom 6. bis 9. September 2017 in Stuttgart stattfand, war dieses Jahr Großbritannien. Zwei Engländer und ein Schotte stellten gleich zum Auftakt ihre Zukunftsperspektiven für die Therapien rheumatischer Erkrankungen dar.

Gastland auf dem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie, der vom 6. bis 9. September 2017 in Stuttgart stattfand, war dieses Jahr Großbritannien. Zwei Engländer und ein Schotte stellten gleich zum Auftakt ihre Zukunftsperspektiven für die Therapien rheumatischer Erkrankungen dar.

Prof. John Isaacs

Prof. John Isaacs vom Universitätsklinikum Newcastle upon Tyne zeigte sich überzeugt, dass die Revolution in der Rheumatologie bereits in den letzten 20 Jahren stattgefunden hat. Frühe Behandlung, Treat to target und biologische Therapien hätten die Lebensqualität der Patienten entscheidend verbessert und die Sterblichkeit erheblich reduziert.

Dennoch identifizierte Isaacs noch Defizite in der gegenwärtigen Behandlung der rheumatoiden Arthritis. Er sieht sie vor allem in folgenden Bereichen:

In naher Zukunft, so Isaacs, werde man die Rolle von Macrophagen, Fibroblasten, Mastzellen, Plasmazellen, Ilx, etc. besser verstehen und lernen, wie Blutgefäße oder Nerven die rheumatoide Arthritis beeinflussen. Seine Hypothese, warum Medikamente versagen oder in ihrer Wirkung nachlassen: „Die synovialen Fibroblasten treiben die Synovitis an und wirken den bestehenden Therapien entgegen“.

Manche Therapien zeigen schnelle Effekte, andere benötigen eine lange Zeit der Toleranz. Der englische Rheumatologe hofft darauf, dass Biomarker entwickelt werden, die verlässlich voraussagen, ob die Behandlung anschlagen wird oder nicht und welche Symptome reversibel bzw. irreversibel sind. Und er hofft darauf, dass die Wissenschaft bald herausfindet, wie eine Remission immunologisch nachweisbar ist.

Biologika als molekulare Skalpelle?

Prof. Ian McInnes

Prof. Ian McInnes von der Universität Glasgow führte furios und humorvoll durch den Dschungel der zugelassenen und neuen Therapieoptionen für die axiale Spondyloarthritis. Seine Hauptfrage lautete: „Lassen sich TNFi-Biologika als molekulare Skalpelle verwenden?“

Die Familie der IL-23, IL-12 und IL-17-Zytokine spielen eine dominierende Rolle in den entzündlichen und proliferativen Kaskaden der SpA 1.

Nicht gut verstanden, aber doch zu behandeln: Die systemische Vasculitis

Prof. Raashid Luqmani

Der dritte britische Referent, Prof. Raashid Luqmani vom Universitätsklinikum Oxford, befasste sich mit der Therapie und den Zukunftsaussichten für die Vasculitis.

Die Riesenzellarteriitis oder GCA ist zwar die häufigste Form der primären Vaskulitis, aber immer noch nicht gut verstanden. Sie betrifft ältere Menschen, zumeist Frauen über 50 Jahren. Die typischen Symptome sind neu aufgetretene, heftige Kopfschmerzen, Sehstörungen und eine Polymyalgie. Die GCA verursacht eine chronische Entzündung der mittleren bis großen Arterien. Unbehandelt führt sie zu einer Beteiligung der Aorta und ihrer Seitenäste mit ernsthaften Komplikationen. Eine verzögerte Diagnose und Therapie kann schwerwiegende Folgen haben, zum Beispiel einen irreversiblen Visusverlust. Sind Hirngefäße beteiligt, drohen Schlaganfälle. „Eine Riesenzellarteriitis ist daher immer ein Notfall und muss sofort behandelt werden“, so der Referent.

Glukokortikoide stellen bisher den Eckpfeiler der GCA-Behandlung dar. Die Britische Gesellschaft für Rheumatologie (BSR) schlägt pro Tag 40-60 mg Prednisolon für 3-4 Wochen vor, bis die Symptome zurückgehen. Dann kann die Dosis langsam auf 10 oder 20 mg pro Tag für zwei Wochen reduziert werden. Anschließend täglich 2,5 mg bis 10 mg für 2 bis 4 Wochen. Bei Rezidiven oder Therapieversagen sollte Prednisolon trotzdem ausgeschlichen, dafür MTX und niedrig dosiertes Aspirin zum Einsatz kommen. In schweren Fällen versprechen manchmal auch biologische Therapien mit Anti-IL6, Ustekinumab oder Abatacept Erfolg, so Luqmani.

Dieses Behandlungsschema könnte allerdings bald durch den Antikörper Tocilizumab, der den Interleukin-6-Rezeptor bindet, abgelöst werden. Wie Tagungspräsident Prof. Bernd Hellmich auf einer Pressekonferenz im Vorfeld des Kongresses mitteilte, steht Tocilizumab kurz vor der europäischen Zulassung als erstes Medikament für die Riesenzellarteriitis. Die US-Arzneimittelbehörde FDA hatte den Antikörper zur Behandlung der häufigsten systemischen Vaskulitis bei Patienten über dem 50. Lebensjahr bereits im Juli 2017 zugelassen.

Quellen

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  7. http://www.ucb.com/stories-media/press-releases/article/UCB-s-bimekizumab-demonstrates-positive-results-in-early-development-in-patients-with-psoriatic-arthritis
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