Colitis ulcerosa: Kontroverse um segmentale Resektion

Benötigen Patienten mit therapierefraktärer Erkrankung der Colitis ulcerosa immer eine totale Kolektomie? Oder kann eine segmentale Resektion eine sinnvolle Alternative darstellen?

Goldstandard totale Proktokolektomie bei therapierefraktärer Colitis ulcerosa

Die chirurgische Behandlung der Colitis ulcerosa ist ein komplexes Thema, das auf dem DGVS-Kongress in Leipzig intensiv diskutiert wurde. Während die totale Proktokolektomie bei therapierefraktärer Colitis als Goldstandard gilt, zeigen neuere Studien, dass segmentale Resektionen bei bestimmten Patientengruppen sinnvoll sein können. PD Dr. Philipp-A. Neumann von der TUM  erläuterte die Indikationen, Risiken und Vorteile dieser Operationsmethoden anhand aktueller Literatur und eigener Datenanalyse. Dabei wurde deutlich, dass individuelle Therapiekonzepte und interdisziplinäre Entscheidungen essentiell sind, um optimale Behandlungsergebnisse zu erzielen.

Die totale Proktokolektomie mit Pouchanlage gilt weiterhin als Standard bei Patienten mit therapierefraktärer Colitis ulcerosa. Diese Methode verbessert in der Regel die Lebensqualität der Betroffenen. Die aktuelle S3-Leitlinie Colitis ulcerosa empfiehlt diese Operation insbesondere bei ausgebranntem Kolon und therapieresistenter Erkrankung. Die Operationszahlen in Deutschland sind in den vergangenen Jahren stabil geblieben, was die Relevanz dieser Therapie unterstreicht.

Segmentale Resektion: Eine kontroverse Alternative

Obwohl keine generelle Empfehlung für segmentale Resektionen bei Colitis ulcerosa vorliegen, zeigen Real-World-Daten aus Deutschland (DOI: 10.1016/j.surg.2025.109511), dass diese Operationen häufiger durchgeführt werden als bislang angenommen. Besonders bei Patienten mit sporadischen Karzinomen oder anderen Indikationen wie Divertikulitis oder benigner Kolonstenose werden partielle Resektionen eingesetzt. Die Studienlage ist jedoch heterogen und überwiegend retrospektiv, sodass daraus keine klaren Empfehlungen abgeleitet werden können.

Eine japanische multizentrische Studie  (DOI: 10.1097/DCR.0000000000003662) mit 880 Patienten zeigte beispielsweise, dass bei Neoplasien die totale oder subtotale Kolektomie im Vergleich zur segmentalen Resektion bessere Überlebensraten aufweist. Eine weitere Untersuchung bei älteren Patienten mit sporadischen Karzinomen (DOI: 10.1111/codi.13721) fand kein erhöhtes Risiko für metachrone Karzinome nach segmentaler Resektion. Eine europäische retrospektive Studie (DOI: 10.1093/ecco-jcc/jjaa107) bestätigt, dass segmentale Resektionen bei sorgfältiger Patientenauswahl relativ sicher sind, jedoch ein gewisses Risiko für erneute Entzündungsschübe besteht, insbesondere bei aktiver Erkrankung im resezierten Segment.

Individuelle Therapieentscheidungen

“Empfehlungen kann man nicht geben und es kommt sehr auf den Patienten und auf die Indikation an”, sagt Neumann. Die Entscheidung für eine segmentale Resektion sollte also stets individuell und interdisziplinär getroffen werden. Wichtig sei, dass der distale Darmabschnitt frei von Entzündungen ist, um eine gute Heilung zu gewährleisten. Besonders bei älteren Patienten oder solchen mit komorbiden Erkrankungen kann eine kürzere Operationszeit und die damit verbundene schnellere Erholung ein Argument sein. Die segmentale Resektion ist daher eine Option, die in spezialisierten Zentren erwogen werden sollte.

Besondere Patientengruppen: PSC und endorektale Anastomose

Wie sieht es mit Patienten mit primär sklerosierender Cholangitis (PSC) aus, die eine besondere Herausforderung darstellen, da sie ein erhöhtes Risiko für Karzinome aufweisen und die Pouchfunktion oft eingeschränkt ist? Auf diese Frage aus dem Plenum antwortet Neumann mit der Empfehlung zu einer radikaleren Operation. 

Die endorektale Anastomose sieht Neumann als eine chirurgische Option für Patienten mit milder Colitis im Rektum an. Insbesondere jüngeren Frauen, die eine Schwangerschaft planen, könnten davon profitieren. Diese Methode erfordert jedoch eine sorgfältige Nachsorge.

Register und zukünftige Forschung

Um die Datenlage zu verbessern, wird aktuell ein Colitisregister aufgebaut, das insbesondere Patienten mit segmentalen Resektionen erfassen soll. Die bisherigen Studien basieren meist auf kleinen Kohorten, weshalb größere, prospektive Untersuchungen notwendig sind, um evidenzbasierte Empfehlungen zu entwickeln.

Fazit: Segmentale Resektion als sinnvolle Option bei ausgewählten Patienten

Referenzen
  1. Viszeralmedizin 2025, 15. bis 20. September, Congress Center Leipzig CCL
    https://www.viszeralmedizin.com/
    Sitzung: Colitis ulcerosa – Kolektomie oder SegmentresektionI, 19. September.