Digitalisierung und KI in der CED-Behandlung: Zwischen komplexer Realität und datenbasierter Zukunft

Der Gastroenterologe Robert Ehehalt stellte die Herausforderungen und Chancen der Digitalisierung und künstlichen Intelligenz (KI) bei der Therapie Chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) vor.

CED: Therapiealgorithmen und KI 

Der Gastroenterologe Robert Ehehalt aus Heidelberg stellte die Herausforderungen und Chancen der Digitalisierung und künstlichen Intelligenz (KI) bei der Therapie chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen (CED) vor. Dabei beleuchtete er aktuelle Therapiealgorithmen, den Stand der KI-Anwendung und die Komplexität individualisierter Behandlungsansätze.

Die Behandlung von CED wie hat sich in den vergangenen Jahrzehnten kaum grundlegend verändert, doch die zunehmende Komplexität der verfügbaren Therapien erfordert neue Ansätze. Die Digitalisierung und der Einsatz von KI bieten Potenziale, um Therapieentscheidungen zu unterstützen, indem sie große Datenmengen analysieren und individualisierte Empfehlungen ermöglichen. Der Gastroenterologe Robert Ehehalt aus Heidelberg erläuterte, wie KI heute vor allem als Wissensvermittler dient und welche Herausforderungen bei der Integration in den klinischen Alltag bestehen.

Therapiealgorithmen bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen

Traditionell werden nach Schweregrad in leicht, mittelgradig und schwer eingeteilt, mit jeweils fünf Behandlungsoptionen. Die moderne CED-Therapie unterscheidet jedoch zwischen konventionellen und fortgeschrittenen (advanced) Therapien, die eine Vielzahl von Substanzen mit unterschiedlichen Zulassungen und Dosierungen umfassen. Hier könnte laut Prof. Dr. Ehehalt die Praxissoftware künftig Ärzte unterstützen. Denn die Individualisierung der Therapie ist komplex, da jeder Patient unterschiedliche Krankheitsverläufe, Umweltfaktoren und Persönlichkeitsmerkmale aufweist.

KI-Systeme müssen daher nicht nur klinische Daten, sondern auch persönliche Präferenzen und , wie etwa Spritzenangst, berücksichtigen, um realistische Therapieempfehlungen zu geben. Dies erfordert umfangreiche Datenmengen und die Integration von Patienteninformationen.

Aktuelle KI-Ansätze und wissenschaftliche Studien

“Tatsächlich existieren bereits wissenschaftliche Ansätze, die zur Vorhersage des Ansprechens auf bestimmte Medikamente wie Fliximab nutzen”, sagt Ehehalt. Studien basieren dabei meist auf retrospektiven Daten und liefern Wahrscheinlichkeiten für den Therapieerfolg. Weitere Anwendungen umfassen die Analyse von Ultraschallbildern und klinischen Daten zur Differenzierung von CED und Infektionen sowie die Mustererkennung bei Polypendetektion. Ein bedeutendes Projekt ist beispielsweise , das prospektiv Patientendaten sammelt, um Machine-Learning-Algorithmen für Therapieentscheidungen zu entwickeln.

Klassische Algorithmen basieren auf Leitlinien und festen Regeln, während Machine Learning Datenmuster erkennt und eigenständig Therapieempfehlungen generiert. Die Kombination beider Ansätze könnte laut Prof. Dr. Ehehalt künftig die Entscheidungsfindung verbessern. Die Herausforderung liegt aus seiner Sicht darin, die vielfältigen Therapieoptionen und individuellen Patientenmerkmale in einem dynamischen System abzubilden.

Schwierigkeiten bei der Entwicklung von KI-gestützten Therapiealgorithmen

Die Heterogenität der CED und die fehlende Standardisierung von Therapiezielen erschweren jedoch die Entwicklung verlässlicher Algorithmen. Klinische Marker für schwere Verläufe haben sich seit Jahren kaum verändert, und es fehlen prädiktive Marker, die eindeutig zeigen, welches Präparat für welchen Patienten am besten geeignet ist. ordnen Medikamente meist alphabetisch und ohne klare Präferenz ein, da wissenschaftliche Belege für Überlegenheit einzelner Substanzen in der Regel fehlen.

Bewertungsinstanzen wie das IQWiG und das BfArM beurteilen den Zusatznutzen von Medikamenten auf Basis klinischer Daten. Unterschiede in den Bewertungen zeigen die Komplexität der Entscheidungsfindung. Zudem ist die Definition von Therapiezielen wie Mukosaheilung uneinheitlich, was die Vergleichbarkeit von Studien und die Entwicklung von Algorithmen erschwert.

Praktische Anwendungen und Zukunftsperspektiven

Kommerzielle Tools ermöglichen es Patienten bereits, ihre Krankheitsaktivität selbst zu erfassen und Ärzten eine Einschätzung zu geben. Deep-Learning-Systeme sammeln zudem Therapieentscheidungen von Ärzten, um daraus Hierarchien für Behandlungsstrategien abzuleiten. Allerdings sind viele dieser Systeme noch nicht ausgereift oder kostenintensiv, weshalb ihre Verbreitung begrenzt ist.

Therapieentscheidungen werden auch durch ökonomische Faktoren wie Selektivverträge und Quotenregelungen beeinflusst. Selbst die beste KI kann diese Rahmenbedingungen nicht außer Kraft setzen, was die praktische Umsetzung von KI-gestützten Empfehlungen erschwert.

KI als unterstützendes Werkzeug in der CED-Therapie

Die und vor allem KI bieten vielversprechende Ansätze, um die komplexen Therapiealgorithmen bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen zu verbessern. Aktuell dienen KI-Systeme vor allem der Wissensvermittlung und der Datenanalyse. Für eine umfassende individualisierte Therapie sind jedoch noch erhebliche Herausforderungen zu bewältigen, insbesondere die Integration persönlicher Patientendaten, die Standardisierung von Therapiezielen und die Berücksichtigung ökonomischer Rahmenbedingungen. Langfristig könnten Projekte wie “specialiCED” dazu beitragen, evidenzbasierte und patientenzentrierte Therapiealgorithmen zu entwickeln.

Quellen:
  1. Viszeralmedizin 2025, 15. bis 20. September, Congress Center Leipzig CCL. Sitzung: Algorithmen zur Therapieentscheidung bei CED, 18. September.