Nachwuchs im DRG-System: Ist die Arztausbildung noch zeitgemäß?

Gibt es innerhalb des DRG-Systems ein Problem bei der Ausbildung von Nachwuchs in der Orthopädie und Unfallchirurgie?​​​​​​​ Dr. med. Gereon Schiffer plädiert dafür, den Arztberuf zu entrümpeln und mehr Zeit für wichtige Aufgaben durch Delegation und Vertrauen zu schaffen.

Derzeit keine Differenzierung zwischen Praxis und Klinik

Gibt es innerhalb des DRG-Systems ein Problem bei der Ausbildung von Nachwuchs in der Orthopädie und Unfallchirurgie (O & U)? Dr. med. Gereon Schiffer plädiert dafür, den Arztberuf zu entrümpeln und mehr Zeit für wichtige Aufgaben durch Delegation und Vertrauen zu schaffen.

Diese Frage stellt Dr. Schiffer (Rhein-Berg) in seinem Vortrag gleich zu Beginn, um sie direkt mit einem klaren Ja zu beantworten. Viele Stellen sind nicht besetzt oder nicht so qualitativ hochwertig besetzt wie nötig. Gerade im Bereich O & U stellt sich also die Frage, ob das deutsche Ausbildungssystem nicht verbesserungswürdig ist.

In der Weiterbildungsordnung geht es jedenfalls nicht voran. Der Medizinstudent wird, ob er will oder nicht, Richtung Facharzt geschoben. Es gibt keine andere Möglichkeit, zwischen Praxis und Klink wird nicht unterschieden. Es sollte gefragt werden, was das Ziel einer jeden Ausbildung sein soll? Nicht alle wollen selbstständige Operateure werden, manche wollen einfach nur Arzt sein und auf Station arbeiten, aber alle müssen denselben Facharzt machen. Zudem scheinen Zusatzqualifikationen wie Fuß- und Schulterchirurgie wie Pilze aus dem Wald zu sprießen und den Facharzt immer weiter zu entwerten. Die Anforderungen dieser Zusatzqualifikationen sind teilweise deutlich höher, als die, die an den Facharzt gerichtet sind.

Lösungsansätze aus dem Ausland

Es gibt in anderen europäischen Ländern schon Ansätze, wo nicht in jeder Fachabteilung für Orthopädie und Unfallchirurgie jeder zum Facharzt ausgebildet werden muss, sondern klare Facharzt- und Arztstellen zur Verfügung stehen. Oder es gibt Länder, die einfach kalkulieren, wie viele Orthopäden bzw. Unfallchirurgen sie pro Jahr wirklich brauchen. Müssen wirklich 250 Assistenzärzte anfangen, damit am Ende zehn dabei herauskommen? Ist das eine effizienter Ansatz? Ist die OP-Orientierung zeitgemäß? Sind die Zahlen realistisch und gibt es überhaupt ein Missbrauchspotenzial von nicht OP-ausgebildeten Ärzten? Würde jemand eine Beckenosteotomie durchführen, wenn er das nicht kann? Eher nicht. Hier braucht es ein differenzierteres Bild für ein zukunftsträchtiges System.

Interessendilemma in deutschen Kliniken

Den Arzt in der Weiterbildung zum Orthopäden und Unfallchirurgen interessiert der OP-Saal am meisten - die Station, wo alte Leute versorgt werden und Sozialarbeit gemacht wird, am wenigstens. Der Chefarzt auf der anderen Seite muss sicherstellen, dass die Station läuft. Die Hauptaufgabe eines Krankenhauses, hier zitiert Schiffer einen Unternehmensberater, muss es sein, zufriedene Patienten zu entlassen. Im Operationsaal werden die jungen Ärzte demnach am wenigsten benötigt, da reicht zur Not die OP-Schwester. Durch das Arbeitszeitgesetz gilt weniger Anwesenheit für Ärzte und Ärztinnen in der Weiterbildung und dadurch auch weniger operative Möglichkeiten in den Diensten, wo ein Großteil zuvor ihre OP-Fähigkeiten lernen durften. Die Auszubildenden haben einen großen Druck, den Katalog zusammenzukriegen. Zusätzlich fällt auch immer mehr Dokumentationsarbeit an - und weil es sonst keiner erledigen kann - übernehmen die Ärzte das auch noch.

Freiräume für die Ausbildung schaffen

Es ist an der Zeit, den Arztberuf zu entrümpeln und die Ärzte durch Delegation und Vertrauen zu entlasten. Es gibt zum Beispiel die Möglichkeit, mit chirurgisch-technischen Assistenten in Ausbildung (CTAs) zusammenzuarbeiten. Laut Schiffer ist es schon erstaunlich, dass ein durchschnittlich begabter Abiturient nach sechs Monaten einen Großteil der Stationsaufgaben eines Assistenzarztes übernehmen kann. Auch können Case Manager und Codierkräfte Zeit für Assistenzärzte herausholen, die sie im OP verbringen können.

Ein Weg, der leider immer weiter auseinander geht, ist der zwischen Arzt- und Pflegeberuf. Die Pflege könnte viele Aufgaben von Ärzten übernehmen, wenn sie richtig ausgebildet und nicht frühzeitig verheizt würden. Grundsätzlich sollte man sich in Kliniken die Frage stellen, was ohne Qualitätsverlust delegiert werden. Ein Stationsarztmodell ist eine Lösung, in dem die Assistentsärzte einen Monat durchgängig montags bis freitags auf Station sind, ohne Dienste zu haben. Dieses Modell kann für eine bessere Stationsversorgung sorgen, ist arbeitsgesetzkonform sowie ein Motivationsfaktor für Auszubildende. Es gibt also eine Chance, die Interessen von Auszubildenden und Weiterbildenden zusammenzubringen.

Gemeinsame Karriereplanung zwischen Ausbildern und Nachwuchs

Wichtig ist es mitzugestalten, nicht zu verweigern. Der Karriereplan braucht ein gewisses Engagement, Auszubildende müssen wissen, wo sie hin wollen, damit Ausbilder sie unterstützen können. Gemeinsam sollte mit den Ausbildern überlegt werden, in welche Richtung es gehen könnte. Bei den Weiterbildern ist Personalmanagement ein zunehmender Erfolgsfaktor. Gemeinsam sollte man sich für eine bessere Qualität und eine angemessene Vergütung einsetzen.

Fazit zur Finanzierung

Auch die Finanzierung sollte kein Problem darstellen. So gibt es nun Gelder für geriatrische Teamkonferenzen, die alle Kostenträger einmal pro Woche zusammenbringt. Da muss dann zum Beispiel der Logopädie dabei sein, auch wenn er nichts zu sagen hat. Aber auch letzteres ist positiv, so Schiffer, denn was sei das Problem dabei, sich einmal pro Patient interdisziplinär auszutauschen? Durch die geriatrische Komplextherapie bekommen Ärzte jetzt die Möglichkeit zur interdisziplinären Diskussion. Das Geld ist offensichtlich da, es geht nur darum, wie es verteilt wird.

Quelle:
Schiffer, G. (Bergisch Gladbach). 2580. Nachwuchs, Ausbildung und Arbeitszeitgesetz im DRG-System. Was machen wir falsch? 14:00 – 16:00 Berlin II AV39. DRG-Power – Der Missing Link zum Erfolg in O&U AK DRG. DKOU 2018, Berlin.