- Prof. Dr. Martin Steinhoff, MD, Dr. Linda Stein Gold, PhD Anna Di Nardo. Rosacea session (Session ID D1T08.2), EADV Congress 2025, Virtual/Paris, 17 Sept 2025, 16:00–17:30 CEST.
Rosacea ist weit mehr als eine reine Hauterkrankung. Sie basiert auf einem komplexen Zusammenspiel aus:
Neuere Erkenntnisse zeigen, dass bei allen Subtypen bestimmte Moleküle eine zentrale Rolle spielen: TNF-alpha, Interferon-gamma, Interleukin-1, LPS (Lipopolysaccharide) sowie der Dexamethason-Signalweg. Der Dexamethason-Signalweg ist ein steroidabhängiger Signalweg und könnte auch erklären, warum Patienten eine steroid-induzierte Rosacea entwickeln können oder warum Flushing während der Menopause verstärkt auftritt.
Besonders interessant ist die Rolle der TRPV1- und TRPV4-Ionenkanäle, die durch bekannte Trigger (Hitze, scharfes Essen, UV-Strahlung) überaktiviert werden. Dies führt zur Freisetzung von Neuropeptiden mit nachfolgender Neuroinflammation und Vasodilatation – was sich klinisch als Erythem manifestiert.
Die immunologische Komponente wird durch die Beteiligung von CD4+ TH1- und TH17-Zellen sowie Mastzellen deutlich, die nicht nur zur Entzündung, sondern auch zur Fibrose-Entstehung beitragen. Bei der phymatösen Form spielen zusätzlich Plasmazellen und eine erhöhte Antikörperproduktion eine Rolle.
Die inflammatorische Dysregulation führt zu weiteren Prozessen, z.B. zu Angiogenese, zu einer Dysregulation des Lymphsystems und zur Drüsenhyperplasie.
Die traditionelle Unterteilung in Subtypen erfolgt durch eine phänotypische Klassifizierung:
Entscheidend für die Praxis: Patienten berichten in der Anamnese häufig über "Flushing" in der Vorgeschichte, andere jedoch nicht. Es gibt Patienten, die ein Erythem aufweisen, andere leiden zusätzlich unter Papeln und Pusteln, wieder andere haben Papeln und Pusteln, aber kein Erythem. Teilweise berichten Patienten auch von starken Schmerzen oder einem Hitzegefühl. Es handelt sich also um ein heterogenes Krankheitsbild mit unterschiedlichen Ausprägungen und Verläufen, was eine individualisierte Therapieplanung erfordert.
Prof. Steinhoff plädiert für den Abschied von der Monotherapie. Stattdessen empfiehlt er – ähnlich wie bei Akne – eine phänotypbasierte Kombinationstherapie, da die verschiedenen Symptome unterschiedliche pathophysiologische Grundlagen haben.
Dabei sollte die Basistherapie für alle Patienten ein mildes Gesichtsreinigungsgel, eine gute Feuchtigkeitspflege sowie konsequenter UV-Schutz sein.
Topische alpha-adrenerge Agonisten wie Brimonidin und Oxymetazolin sind wirksam, wirken aber unterschiedlich:
Bei früher Intervention kann das Erythem langfristig zurückgedrängt werden, so dass es auch vor Applikation der Topika nicht mehr sichtbar ist.
Hier stehen mehrere Optionen zur Verfügung:
Eine Studie zu E-BPO konnte zeigen, dass bei 50% der Patienten nach 12 Wochen täglicher Anwendung die Symptome des brennenden Gefühls und des Schmerzes fast vollständig reduziert wurden.
Ivermectin zeigte in Studien eine Überlegenheit gegenüber Metronidazol bei Papeln und Pusteln. Nach 16 Wochen erreichten mehr Patienten eine vollständige oder fast vollständige Symptomfreiheit. Diese Überlegenheit zeigte sich bereits nach 6 Wochen Behandlungszeit. Vollständige Symptomfreiheit resultierte zudem in einer etwa fünf Monate längeren Remission nach Therapieende.
Die gleichzeitige Anwendung von Ivermectin (für Papeln/Pusteln) und Brimonidin (für Erythem) erwies sich als besonders wirksam. Interessanterweise wurde Brimonidin in Kombination mit Ivermectin sogar besser vertragen – vermutlich aufgrund der anti-inflammatorischen Eigenschaften des Ivermectins.
Hier bleibt die physikalische Therapie (Laser, IPL) Methode der Wahl.
Chirurgische Intervention bleibt Standard.
Die inflammatorischen Prozesse und die Rolle des Immunsystems werden zunehmend mehr erforscht, viele Prozesse sind jedoch noch nicht vollständig verstanden. Dabei ist auch noch nicht verstanden, wie die Prozesse einander bedingen. Führt die Immun-Dysregulation zu Neuro-Inflammation oder vice versa? Die Grundlagenforschung trägt dazu bei, potentielle therapeutische Targets zu identifizieren und neue Medikamente zu entwickeln. Derzeit stehen u.a. die folgenden Wirkstoffe in der Pipeline:
Rosacea ist eine multifaktorielle Erkrankung mit genetischer Prädisposition und komplexer Pathophysiologie, die eine individualisierte Therapie erfordert. Die phänotypbasierte Anamnese erlaubt eine gezieltere Therapie. Kombinationstherapien zeigen gegebenenfalls bessere Ergebnisse als Monotherapien – die verschiedenen Phänotypen sollten gezielt behandelt werden.