- Priv.-Doz. in. Dr. Gröppel, Gudrun, Brain Health starting from the beginning: The role of child neurology EAN/EPA: Brain and mental health across the lifespan: A neuropsychiatric perspective, EAN-Kongress 2025, 21. Juni 2025, 11:00 - 12:30 EEST.
Die Hirngesundheit beginnt am Lebensanfang. Die WHO definiert die Hirngesundheit als den Zustand der Hirnfunktion in allen kognitiven, motorischen, sensorischen, verhaltensbezogenen und sozial-emotionalen Bereichen, der es einer Person ermöglicht, ihr Potenzial im Laufe ihres Lebens komplett auszuschöpfen - unabhängig vom Vorhandensein von Störungen.1
Bereits vor der Geburt werden die Weichen für eine gesunde oder beeinträchtigte Gehirnentwicklung gestellt. So kann eine Unterernährung des ungeborenen Kindes Folgen für die entwicklungspsychologische Plastizität haben. Der „Dutch Hunger Winter 1944/1945" (auch „Hongerwinter" genannt) führte zu neurologischen und psychologischen Entwicklungsdefiziten. Zwei Hypothesen versuchen diese Schäden zu erklären:
Priv.-Doz. in. Dr. Gröppel machte das Auditorium darauf aufmerksam, dass eine Unterernährung der Mutter - gemäß der „thrifty phenotype hypothesis" - dazu führen kann, dass die Vaskularisierung des Gehirns des Fötus reduziert ist. Dies betrifft vor allem die Entwicklung der Arteria cerebri media, so Gröppel. Die hiervon betroffenen Kinder können im späteren Leben unter Depressionen, Angstzuständen, Diabetes mellitus und Übergewicht leiden. Das der betroffenen Kinder erklärte Gröppel durch die Mismatch-Theorie: Auch wenn genug Nahrung im späteren Leben zur Verfügung steht hören die Kinder dennoch nicht auf zu essen.1
Eine Unterernährung der Mutter kann auch zu Veränderungen in den nicht-kodierenden RNA-Abschnitten sowie zu epigenetischen Modifikationen führen. Dies kann mit einer veränderten Proteinsynthese einhergehen. Neben der Unterernährung der Mutter spielen auch Faktoren wie Stress der Mutter eine Rolle für die Programmierung des Fetus. So kann pränataler zu Veränderungen der Verschaltungen des Gehirns führen und die Größe der Amygdala und der Insula beeinflussen. Es kann auch zu einer kortikalen Ausdünnung, einer Reduktion der grauen Hirnmasse im präfrontalen Kortex, im prämotorischen Kortex, im medialen und lateralen Temporallappen, im Cerebellum sowie im Gyrus postcentralis kommen. Diese Hirnbereiche sind u.a. für exekutive Funktionen, Risikoeinschätzung und für das visuell-räumliche Gedächtnis zuständig. Der pränatale Stress kann auch Auswirkungen auf das , das Körpergewicht und das endokrine System haben.1
Im späteren Leben des Kindes beeinflussen Vernachlässigung und Missbrauch ebenso die Gehirnentwicklung. Diese Faktoren können das Risiko für erhöhen. Hierbei reicht auch die Beobachtung von gewalttätigen Situationen, wie sie bei einem streitenden Paar oder in Kriegssituationen vorkommen aus, um die Gehirnentwicklung des Kindes zu beeinträchtigen. Sozioökonomische Faktoren spielen ebenso eine Rolle für die Gehirnentwicklung eines Kindes. Der Stress der Mutter durch schlechte Umgebungsbedingungen prägt die Hirnstrukturen des aufwachsenden Kindes.1
In den ersten 3 Lebensjahren kann die Gehirnentwicklung eines Kindes entscheidend beeinflusst werden. In dieser kritischen Phase können positive Effekte die Gehirnentwicklung auch fördern. Neuropädiater sind in der Lage die Menschheit retten, so Gröppel, denn sie können früh neurologische Entwicklungsstörungen erkennen und behandeln.1
Unterernährung der Mutter, pränataler Stress, Gewalt, Vernachlässigung und sozioökonomische Faktoren beeinflussen die Hirngesundheit und die psychische Gesundheit des Kindes. Diese Faktoren können zu Veränderungen in der Vaskularisierung sowie in der Verschaltung und in der Größe von Hirnstrukturen haben.1