Künstliche Intelligenz und Ethik in der Hämatologie

Beim EHA 2022 haben wir Prof. Lorenzo Brunetti getroffen. Wir sprachen mit ihm über den Einsatz von KI in der Medizin, insbesondere über die ethischen Implikationen und den Ansatz, den Ärzte bei dieser bevorstehenden Revolution verfolgen.

Kurzbiographie von Lorenzo Brunetti 

Lorenzo Brunetti wurde 1983 geboren und hat sich an der Universität Perugia auf Hämatologie spezialisiert. Anschließend promovierte er in Molekularer Medizin, teilweise in den Vereinigten Staaten, am Baylor College of Medicine in Houston. Zurück in Italien leitet er nun eine Forschungsgruppe und arbeitet klinisch am Krankenhaus in Ancona, Italien. Er gewann den Young Researcher Award 2020 in der Kategorie Onkologie. Derzeit ist er Mitglied des YoungEHA-Ausschusses, der gegründet wurde, um die Stimme junger Hämatologen und junger Mitglieder innerhalb der EHA zu vertreten.

In früheren Forschungsarbeiten haben er und sein Team eine mögliche Schwachstelle der akuten myeloischen Leukämie mit Mutation im NPM1-Gen identifiziert, nämlich die Tatsache, dass das Überleben der Krebszellen mit der Interaktion zwischen zwei Proteinen zusammenhängt: dem vom mutierten NPM1-Gen exprimierten und einem Protein namens XPO1 oder Esportin. Mit dem aktuellen Projekt will er diese Interaktion zwischen den beiden Proteinen und die Mechanismen, die Krebszellen davon abhängig machen, im Detail beschreiben. Dies könnte zur Identifizierung möglicher neuer therapeutischer Ziele führen.

Schlüsselbotschaften zum Thema "KI in der Hämatologie"

Während des EHA2022-Kongresses moderierte Professor Brunetti eine Sitzung mit dem Titel "Ethik und Integrität der Wissenschaft und KI in der Hämatologie". In unserem Videointerview sprachen wir mit ihm über die Fragen im Zusammenhang mit dem Einsatz von Systemen der künstlichen Intelligenz in der Medizin, insbesondere über die ethischen Implikationen und die Haltung, die Ärzte angesichts dieser bevorstehenden Revolution an den Tag legen.

Nach Ansicht von Prof. Brunetti ist das Potenzial der künstlichen Intelligenz für die Medizin enorm, nicht nur in der Forschung, sondern auch in der klinischen Praxis. Seiner Meinung nach sind die Kliniker heute vielleicht noch nicht bereit, mit dieser Revolution umzugehen, aber vielleicht ist die künstliche Intelligenz auch noch nicht bereit, die klinische Praxis wirksam zu unterstützen. In dem Interview nahm er einige Themen vorweg, die in der morgigen Sitzung mit Dr. Elisabeth Bik und Dr. Amin Turki diskutiert werden. Mit dem ersten werden sie über Betrug in der wissenschaftlichen Forschung sprechen, insbesondere darüber, wie künstliche Intelligenz eingesetzt werden kann, um Bilder zu duplizieren oder zu fälschen, um sie in wissenschaftliche Arbeiten aufzunehmen. Mit dem zweiten, der ebenfalls Philosoph ist, werden sie über künstliche Intelligenz in der Hämatologie sprechen, insbesondere über die Analyse großer Datenmengen zur Vorhersage des Verlaufs von Knochenmarkstransplantationen. Laut Prof. Brunetti gibt es noch einiges zu verbessern, aber in Zukunft wird das Team aus Klinikern und Systemen der künstlichen Intelligenz zu phänomenalen Ergebnissen führen.

Tipp für junge Ärzte: Öffnen Sie Ihren Geist

Brunetti ist Vorstandsmitglied von Young EHA, einer Gemeinschaft junger Ärzte und Forscher in der Hämatologie. Er ist der Meinung, dass es für junge Ärzte entscheidend ist, nicht isoliert zu bleiben, sondern so viele Standpunkte wie möglich kennenzulernen, vor allem wenn sie unterschiedlich sind. Er rät jungen Ärzten und Forschern, sich darum zu bemühen, an verschiedenen Orten und mit verschiedenen Menschen zu arbeiten, denn nur wenn man offen ist, kann man nützliche Details aufschnappen, um seine eigene Arbeit und die seiner Kollegen zu verbessern.