Zehn Jahre Eculizumab – PNH-Patienten feiern in Gedanken mit

Auf der Jahrestagung der DGHO gab es etwas zu feiern: Zehn Jahre Eculizumab. Seit zehn Jahren können Patienten mit paroxysmaler nächtlicher Hämoglobinurie (PNH) durchgreifend und nachhaltig geholfen werden. Bis dahin war die erworbene Erkrankung der hämatopoetischen Stammzellen lebensbedrohlich.

Erfolgreiche Therapieoption bei Seltener Krankheit

Auf der Jahrestagung der DGHO gab es etwas zu feiern: Zehn Jahre Eculizumab. Seit zehn Jahren können Patienten mit paroxysmaler nächtlicher Hämoglobinurie (PNH) durchgreifend und nachhaltig geholfen werden. Bis dahin war die erworbene Erkrankung der hämatopoetischen Stammzellen lebensbedrohlich.

Wenn sich jetzt in der Universitätsklinik Essen dutzende fröhliche Menschen beim jährlichen Patiententag zum Gruppenfoto zusammenfinden, können ihre behandelnden Ärzte davon ausgehen, dass sich deren Zahl noch vor einigen Jahren regelmäßig drastisch dezimiert hätte. Bis zu 35 Prozent der Erkrankten starben damals innerhalb von 5 Jahren nach der Diagnose.

Der Defekt hinter der PNH ist nicht angeboren, sondern wird im Laufe des Lebens erworben. Wodurch die Mutation zustande kommt, ist nicht genau bekannt. Der Defekt führt dazu, dass die eigenen roten Blutkörperchen von der körpereigenen Immunabwehr angegriffen und aufgelöst werden. Der Defekt wirkt sich auf alle Blutzellen aus, aber die Erythrozyten sind vom Angriff des Komplementsystems besonders betroffen - was letztlich zur Hämolyse führt. Hier liegt die Ursache für die voranschreitende Morbidität und vorzeitige Mortalität der Patienten. Eculizumab ist ein rekombinanter monoklonaler Antikörper. Es ist die erste und einzige Behandlung, die auf die der PNH zugrundeliegenden Ursache, die komplementvermittelte Hämolyse, abzielt.

Verminderte Hämolyse unter Eculizumab

Um den Erfolg der Substanz zu ermessen, muss man sich klarmachen, wie sich PNH für den Patienten anfühlt. PNH wurde 1889 erstmals beschrieben. Zuerst fällt die namensgebende Dunkelfärbung des Morgenurins auf, die Betroffene oft zum Arzt treibt, die als Indikator aber nicht bei allen Patienten vorliegen muss. Hinzu können Schluckbeschwerden, Kurzatmigkeit, schwere Fatigue und Knochenmarksversagen kommen, nicht selten auch erektile Dysfunktion und Bauchschmerzen. Ein normaler Alltag ist somit undenkbar. Die klinisch dramatischsten Folgen der Hämolyse aber sind thromboembolische Ereignisse. Diese sorgen für 47 bis 60 Prozent der Todesfälle bei PNH.

Eculizumab entfaltet seine Wirkung, indem es die komplementvermittelte Hämolyse signifikant reduziert. Klinische Studien belegen: Patienten weisen nach 36 Monaten unter Eculizumab eine um 87 Prozent verminderte Hämolyse auf, thromboembolische Ereignisse gehen innerhalb von zwölf Monaten um 92 Prozent zurück. 51 Prozent der Patienten erreichen nach 26 Wochen eine Transfusionsunabhängigkeit.

Das Leben vieler PNH-Patienten gestaltet sich nun weitgehend normal. Behandelnde Ärzte, wie beispielsweise Dr. Britta Höchsmann von der Universitätsklinik Ulm, erleben es "als sehr beglückend", wie vormals schwer Kranke wieder arbeitsfähig werden, Familien gründen und am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Auf der Pressekonferenz "10 Jahre Eculizumab" sagte sie: "Vorher hatten wir fast nichts - und jetzt hat sich alles geändert." Sie stellte Fälle vor, in denen Eculizumab die Rettung war, kurz nachdem es eingeführt wurde. Sie hatte noch Zeiten erlebt, in denen ihre Patienten und sie kaum Hoffnung auf Therapieerfolge hatten. Heute ist die Standardtherapie bei entsprechender Indikation klar: 900 mg Eculizumab alle zwei Wochen in der Erhaltung – nach einer vorbeugenden Meningokokkenimpfung.

Ist nun alles gut für PNH-Patienten?

Auf diese Frage gab es auf der Pressekonferenz ein eindeutiges Jein. Entscheidend ist ja wie immer die richtige Diagnose, bevor eine helfende Therapie einsetzen kann. PNH wird schließlich auch das "Chamäleon der inneren Medizin" genannt. Kommt ein Mensch mit Bauchschmerzen und Müdigkeit oder anderen unspezifischen Symptomen zu seinem Hausarzt, kann es immer noch passieren, dass er bis zu vier Jahren zwischen verschiedenen Fachdisziplinen hin- und hergeschickt wird, ehe sich herausstellt, dass er eine PNH hat. Wegen der Vielfalt der Symptome und der extremen Seltenheit der Erkrankung, ist die Diagnostik erschwert. Dabei ist diese nach dem Verdacht des Arztes, dass hinter den unterschiedlichen Beschwerden eventuell PNH stecken kann, relativ schnell erledigt – mittels einer einfachen Durchflusszytometrie. Doch diese zu veranlassen, darauf muss der Arzt erst einmal kommen.

Seltene Erkrankungen liegen vor, wenn weniger als fünf Patienten pro 10.000 Einwohner betroffen sind. Gut möglich also, dass mancher Arzt so ein Krankheitsbild nie zu Gesicht bekommt oder zumindest darauf nicht vorbereitet ist. Seltene Erkrankungen stehen naturgemäß im Schatten großer Volkskrankheiten. So ist es nicht selbstverständlich, dass sie eingehend erforscht und Therapien gegen sie entwickelt werden. Alexion, 1992 gegründet, hat sich genau dies zur Aufgabe gemacht und vor 25 Jahren mit der Entwicklung von Eculizumab begonnen – welches nun weltweit für symptomatische Patienten zur Verfügung steht.

Aufklärungsarbeit bei Medizinern und Patienten über PNH ist daher noch wichtiger geworden - damit die Hilfe auch da ankommt, wohin sie gehört: zu den Kranken, die gern leben würden wie alle anderen auch. Erfreulich also, dass derzeit ein Präparat in klinischen Studien untersucht wird, das nur noch alle acht Wochen verabreicht werden muss. Auch das wird sich das Leben der Betroffen noch weiter normalisieren.