Epigenetik: "Schweres Erbe bis in die dritte Generation"

Obgleich epigenetische Muster durch Umweltfaktoren veränderlich sind, scheinen einige dieser Muster dennoch sehr beständig zu sein und bis in die dritte Generation weitervererbt zu werden.

Epigenetische Fingerabdrücke des Lebensstils vererben sich bis in die Enkel-Generation.

Die Epigenetik beschreibt die Wechselwirkungen zwischen den Genen und der Umwelt, woraus unterschiedliche Genexpressionsmuster in unseren Zellen und unterschiedliche Phänotypen resultieren. Das epigenetische Profil einer Zelle ist deshalb auch nur eine Momentaufnahme, ein Zustand zu einem bestimmten Zeitpunkt. Obgleich epigenetische Muster durch Umweltfaktoren veränderlich sind, scheinen einige dieser Muster dennoch sehr beständig zu sein und bis in die dritte Generation weitervererbt zu werden.

Die Genexpression in Zellen wird im Wesentlichen durch drei größere epigenetische Mechanismen beeinflusst: die DNA-Methylierung, die Histonmodifikation sowie die RNA-Interferenz. Am besten untersucht ist davon bisher die DNA-Methylierung.

DNA-Methylierung: "Mach mich an, mach mich aus"

Bei der DNA-Methylierung wird eine Methylgruppe an ein Cytosin innerhalb der DNA-Sequenz gebunden. Wichtig ist dabei, dass Methylierungen generell nur am Cytosin erfolgen können und sich im Allgemeinen im Bereich von sogenannten CpG-Dinukleotiden finden lassen.

In bestimmten Genbereichen, den sogenannten Promotorregionen, treten CpG-Motive gehäuft auf. In der Genetik heißen diese Ansammlungen CpG-Inseln. Wird ein solcher Bereich eines Gens methyliert, kommt es zu einem Stopp der Genexpression, dem sogenannten "Gene-Silencing". Das betreffende Gen bleibt dann im wahrsten Sinne des Wortes stumm.

Methylierungen finden generell und zu jeder Zeit in jeder einzelnen unserer Zellen statt. Besonders wichtig ist dieser Vorgang aber insbesondere bei der Fetalentwicklung. Alle Zellen bringen per se den gleichen DNA-Satz mit und dennoch differenzieren sie sich in die unterschiedlichsten Gewebe. Ein Prozess der diese Entwicklung möglich macht, ist die DNA-Methylierung, die dafür sorgt, dass eine Leberzelle andere Gene abruft als beispielsweise eine Muskelzelle.

Befruchtung = Löschung und Reprogrammierung

Vor der Befruchtung haben Ei- und Samenzelle zudem ein ganz individuelles Methylierungsprofil. Dieses wird nach der Verschmelzung der beiden Zellen gelöscht – alle Gene sind vorübergehend de-methyliert. Kurz darauf findet eine Re-Methylierung statt, die sich durchaus von der Ausgangssituation der Zellen unterscheiden kann.

Da diese Prozesse auch die Keimbahn betreffen, haben Methylierungsmuster nicht nur einen Einfluss auf die Elterngeneration und deren Kinder, sondern auch auf die Kindeskinder in der 3. Generation. Vor und während der Embryonalentwicklung können sowohl die Mutter als auch teilweise der Vater Einfluss auf die epigenetische Ausstattung ihres Kindes nehmen.

Die folgenden Faktoren mütterlicherseits beeinflussen das fetale Epigenom negativ:

Doch auch der Vater nimmt sehr wahrscheinlich Einfluss auf die fetale DNA-Methylierung über:

In der Folge ist nicht auszuschließen, dass sich z. B. die Stressanfälligkeit in Familien bis in die dritte Generation hinein durch epigenetische Programme weitervererbt.

Quelle:
"Epigenetik: Einfluss auf die fetale Entwicklung" (T. Brune, Detmold); Session "Interessantes und Relevantes aus der Humangenetik"; DGKJ, 13.09.2018 Leipzig.