Ahornsirupkrankheit: Ein genetisches Rätsel

Die Ahornsirupkrankheit ist eine seltene Stoffwechselerkrankung, die ohne sofortige und lebenslange Behandlung lebensbedrohlich sein kann.

Ahornsirupkrankheit: Stoffwechselerkrankung mit Folgen

Die Ahornsirupkrankheit (engl.: Maple syrup urine disease / MSUD), auch Leuzinose genannt, ist eine seltene, autosomal-rezessive Stoffwechselerkrankung, bei der der Abbau von verzweigtkettigen Aminosäuren (BCAA) beeinträchtigt ist. Zu den Aminosäuren gehören Leucin, Isoleucin und Valin. Bei dieser Stoffwechselanomalie sammeln sich die Aminosäuren und ihre toxischen Metaboliten im Blut und Gewebe ab.1

Diagnose: mehr als nur ein Geruch?

In den meisten Fällen zeigen sich die Symptome der Erkrankung direkt nach der Geburt. Durch das Neugeborenenscreening kann sie frühzeitig erkannt werden. Jedoch kann sich die Erkrankung auch in milden Formen erst später im Leben manifestieren. Einige der frühen Anzeichen sind Trinkschwäche, Erbrechen, Muskelhypotonie (verminderte Muskelspannung) und Lethargie. Unbehandelt können sich die Symptome schnell zu neurologischen Komplikationen intensivieren, dazu zählen Krampfanfälle, Ataxie (gestörte Bewegungskoordination) und ein komaähnliches Bewusstseinsdefizit. Das Hauptsymptom ist ein auffälliger süßlicher Uringeruch, der Ahornsirup oder karamellisiertem Zucker ähnelt, dieser ist jedoch nicht immer nachweisbar.² 

Genetische Grundlagen der MSUD

Der Grund für die Stoffwechselerkrankung liegt in Mutationen innerhalb der Gene, die für die Untereinheiten des verzweigtkettigen ⍺-Ketoazid-Dehydrogenase-Komplexes (BCKAD) kodieren. Dieser Enzymkomplex ist essentiell für die katabole Verstoffwechselung der BCAAs. In diesem Fall können spezifische Mutationen in den Genen BCKDHA, BCKDHB, DBT und DLD zu einer reduzierten oder sogar fehlenden Enzymaktivität führen. Die genannten genetischen Anomalien werden autosomal-rezessiv vererbt.1 

Ernährungsmanagement: Strategien und Herausforderungen 

Die Therapie der Ahornsirupkrankheit sollte sofort erfolgen und lebenslang fortgeführt werden. Der Ansatz sollte primär auf diätetischen Maßnahmen basieren. Ziel ist es, die Aufnahme von Leucin, Isoleucin und Valin soweit zu minimieren, dass Wachstum und Aufrechterhaltung des Körpers gewährleistet werden und gleichzeitig keine toxischen Levels durch die Aminosäuren im Blut erreicht werden. Dies wird durch eine spezielle proteinarme Diät erreicht, welche durch eine Aminosäurenmischung (ohne BCAAs) ergänzt wird. Bei akuten metabolischen Krisen können intensivmedizinische Behandlungen nötig sein. Diese beinhalten z.B. intravenöse Ernährung und Dialyseverfahren, um die toxischen Substanzen effizient zu eliminieren. In ausgewählten Fällen kann eine Lebertransplantation in Betracht gezogen werden, da das transplantierte Organ über ein gesundes BCKAD-Enzymsystem verfügt und somit eine normale Stoffwechselfunktion wiederaufnehmen kann.

Aktuelle Entwicklungen der Gentherapie

In der Forschung zur MSUD wird primär an der Entwicklung von Gentherapien gearbeitet, die die zugrundeliegende genetische Ursache der Erkrankung korrigiert. Die Therapie zielt darauf ab, eine funktionelle Kopie des mutierten Gens direkt in die Zellen des Patienten einzuschleusen, um eine normale Enzymaktivität zu ermöglichen und damit die Krankheit auf molekularer Ebene zu behandeln. Allerdings befinden sich die Gentherapien noch in der frühen Phase der Forschung, es konnten jedoch erste erfolgreiche Tierversuche durchgeführt werden.4, 5 

Fazit: Frühzeitige Behandlung der Ahornsirupkrankheit essentiell 

MSUD ist eine ernstzunehmende Erkrankung, die jedoch mit einer adäquaten Behandlung gut zu bewältigen ist. Eine frühzeitige Behandlung ist entscheidend für das Überleben und die Lebensqualität der Patienten.1 Die Forschung zur Gentherapie bietet Hoffnung auf eine zukünftige kausale Therapieoption.

Rare Disease Day

230124-Rare-Disease-Day-Bann..Seit 2008 findet jedes Jahr Ende Februar der weltweite Tag der seltenen Erkrankungen statt. esanum begleitet den Tag und berichtet nicht nur über aktuelle Themen, sondern auch über mögliche Symptomkomplexe, Diagnostik, Therapieansätze und Orphan Drugs zur Behandlung von seltenen Krankheiten. Weitere Beiträge finden Sie im Themenspecial zum Rare Disease Day.

Referenzen:
  1. Blackburn P.R., Gass J.M., Vairo F.P.E., et al.  (2017). Maple syrup urine disease: Mechanisms and management. Appl Clin Genet. 10: 57-66.
  2. Strauss K.A., Puffenberger E.G., Carson V.J. (2006). Maple Syrup Urine Disease. In GeneReviews. University of Washington, Seattle.(Aktualisiert 2020).
  3. Frazier D.M., Allgeier C., Homer C., et al. (2014). Nutrition management guideline for maple syrup urine disease: an evidence- and consensus-based approach. Mol Genet Metab. 11(3):210-7.
  4. Pontoizeau C., Simon-Sola M., Gaborit C., et al. (2022). Neonatal gene therapy achieves sustained disease rescue of maple syrup urine disease in mice. Nat Commun. 13(1):3278.
  5. Greig J.A., Jennis M., Dandekar A., et al. (2021). Muscle-directed AAV gene therapy rescues the maple syrup urine disease phenotype in a mouse model. Mol Genet Metab.134(1-2):139-146.