Therapieoptionen nach neoadjuvanter Therapie des Mammakarzinoms

Neoadjuvante Systemtherapiekonzepte sind vor allem bei triple negativen oder HER2/neu überexprimierenden Tumoren mittlerweile Standard. Sie ermöglichen durch postneoadjuvante, individualisierte Therapiekonzepte eine Prognoseverbesserung.

Post-neoadjuvante Konzepte bei verschiedenen Typen des Mammakarzinoms

Post-neoadjuvante Konzepte ermöglichen bei verschiedenen Brustkrebsarten eine Prognoseverbesserung. Ein Überblick: 

Triple negatives Mammakarzinom (TNBC)

Hier ist die neoadjuvante Therapieeskalation ab dem Stadium II mit Anthrazyklinen, Taxanen, Carboplatin und dem Immuncheckpoint-Inhibitor Pembrolizumab nach den Daten der KEYNOTE-522 Studie (DOI: 10.1056/NEJMoa2112651) seit über 2 Jahren ein neuer Therapiestandard, der eine Rate an pathologischen Komplettremissionen nach der Operation von über 60% ermöglicht.  Standard der Behandlung in der postneoadjuvanten Situation ist die Fortsetzung mit Pembrolizumab über weitere 9 Zyklen alle 3 Wochen. Den größten Nutzen unter der Fortsetzung der Therapie mit Pembrolizumab haben die Patientinnen, die durch die neoadjuvante CIT (Chemo-Immuntherapie) keine pathologische Komplettremission erreicht haben. Wissenschaftlich offene Fragen sind hier die Kombination mit Capecitabine oder Olaparib (PARP Inhibitor bei einer BRCAmt) und Pembrolizumab nach der Operation. Nach gegenwärtigen Expertenmeinungen werden diese Kombinationen bei verbliebenem höheren Risiko durchaus in Einzelfällen empfohlen.

Eine weitere Option bei Patientinnen, die keine Immuntherapie erhalten haben, ist die Gabe von Capecitabine mono über 4-6 Zyklen in der Situation einer non-PCR.

HER2/neu Überexpression beim Mammakarzinom

Durch die KATHERINE-Studie (DOI: 10.1038/s41523-022-00477-z) konnte gezeigt werden, dass Patientinnen, die keine pathologische Komplettremission erreicht haben, von der Umstellung der Therapie auf T-DM1 (14 Zyklen alle 3 Wochen) profitieren: Anstatt der Beibehaltung der Therapie mit den Antikörpern Trastuzumab oder in Kombination mit Pertuzumab haben sie in der postneoadjuvanten Phase einen deutlichen Überlebensvorteil. Aktuell werden neuere Substanzen sogenannter ADCs (Antibody Drug Conjugate) der 3. Generation (z.B. Trastuzumab-Deruxtecan) in Studien getestet – mit dem Ziel, das mögliche, verbliebene Rezidivrisiko weiter zu senken. 

In Einzelfällen kann bei triple positiven Karzinomen (HER2/neu -und Hormonrezeptorpositiv) und einem hohen verbliebenem Rückfallrisiko eine Verlängerung der Anti-HER2 - Therapie mit Neratinib (Tyrosinkinaseinhibitor) für ein weiteres Jahr in Einzelfällen in Erwägung gezogen werden (ExteNET Studie; DOI: 10.1016/j.clbc.2020.09.014).

BRCA1/2mt und HER2/neu nicht überexprimierend

Hier konnten die Daten der OlympiA-Studie (DOI: 10.1016/j.annonc.2022.09.159) zeigen, dass sich bei BRCA1/2-Mutationsträgerinnen das Überleben durch den postneoadjuvanten Einsatz von Olaparib signifikant verbessert. Patientinnen, die in die Studie eingebracht werden konnten, waren: post-neoadjuvant: TNBC, non-pCR oder HR+ non-pCR und CPS-EG-Score ≥3. 

Management der Axilla nach neoadjuvanter Therapie

Standard ist mittlerweile, die Sentinel-LNE nach neoadjuvanter Chemotherapie durchzuführen. Aktuell werden hier auch neue sog. Tracer- Verfahren immer mehr in der Routine oder Studien angewendet – z.B. ICG (Indocyaningreen anstelle von Tc99m).

Eine deutliche Deeskalation der operativen Radikalität stellt die Targeted Axillary Dissection (TAD) dar. Hierbei werden bei ursprünglich stanzbioptisch gesicherten positiven Lymphknoten, die unter neoadjuvanter Therapie zu einem ycN0 Stadium konvergieren, zunächst nur noch der Sentinel-LK entfernt – mit oder ohne dem zuvor gesicherten und markierten befallenen Lymphknoten. Ergibt die pathohistologische Aufarbeitung auch in den LK eine pCR, kann damit auf eine weitere axilläre Dissektion (bisheriger Standard) verzichtet werden. Dieses Verfahren konnte durch Veröffentlichung der SenTA Studie (DOI: 10.1097/SLA.0000000000004572) vor ein paar Wochen auch als onkologisch sicher eingestuft werden.

Eskalation und Deeskalation aus Sicht der Strahlentherapie nach Neoadjuvanz

Eine Deeskalation der Strahlentherapie bei z.B. einer pathologischen Komplettremission, wie zuvor in der operativen Therapie beschrieben, erscheint ebenfalls sinnvoll – lediglich der wissenschaftliche Beweis ist hierfür noch ausstehend und es müssen hierzu vor allem die Daten der NSABP-51 Studie abgewartet werden.

Nichtsdestotrotz nehmen auch in diesem Bereich u.a. der LK-Status, die Tumorbiologie und weitere Prognosefaktoren immer mehr Einfluss auf individualisierte lokale Therapiekonzepte.

Über den Autor Prof. Dr. med. Sherko Kümmel

Prof. Dr. med. Sherko Kümmel ist Direktor der Klinik für Senologie und des Brustzentrum der Kliniken Essen-Mitte. Zuvor arbeitete er als Oberarzt an der Universitätsfrauenklinik der Charité und der Universitätsfrauenklinik Essen. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Operative Gynäkologie und die Gynäkologische Onkologie. 

Prof. Kümmels klinischer und wissenschaftlicher Schwerpunkt liegt auf der Behandlung von Brustkrebs in allen Stadien der Erkrankung und unter allen Formen der operativen und medikamentösen Therapie. Er ist Leiter zahlreicher Studien zur Erforschung neuer Medikamente und Medikamentenkombinationen zur Therapie von Brustkrebs und Mitglied zahlreicher Fachgesellschaften. 

Weitere Informationen zur Therapie des Mammakarzinoms

Senologie-Kongress 2023

Mehr Highlights vom Senologiekongress finden Sie in unserer Kongressberichterstattung.

Charité Mayo Conference

Fachbereich Gynäkologie/ Onkologie

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