Neue COVID-19-Medikamente: Regkirona und Ronapreve auf dem Prüfstand

Wie ist der aktuelle Entwicklungsstand hinsichtlich der COVID-19-Medikamente? Gab es Neuzulassungen in der letzten Zeit und besitzen die neuen Corona-Medikamente auch Wirkung gegenüber Omikron und Co?

Neue COVID-19-Medikamente: Grund für Optimismus?

Aktuellen Meldungen zufolge könnte die SARS-CoV-2 Virusvariante Omikron in kurzer Zeit die vorherrschende Virusvariante in Europa sein (Europäisches Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC)). Expert:innen warnen davor, dass Impfen und Boostern allein nicht ausreichen könnten gegen diese und kommende Virusvarianten (ECDC-Direktorin Andrea Ammon). Mittlerweile ist die Situation von mehr Optimismus geprägt und es gibt Hoffnung auf den baldigen Eintritt der "Normalität" in Form einer Endemie – vorausgesetzt, keine neue gefährlichere Virusvariante taucht an irgendeinem Ort dieser Erde auf. Für diesen Fall wappnet sich die Menschheit durch die Weiterentwicklung der vorhandenen COVID-19-Impfstoffe und die Neuentwicklung diverser innovativer Therapiekonzepte bei Krankheitseintritt nach Infektion. Und damit kommen wir schon zum Thema des heutigen Beitrages: Wie ist der aktuelle Entwicklungsstand hinsichtlich der COVID-19-Medikamente? Gab es Neuzulassungen in der letzten Zeit und besitzen die neuen Corona-Medikamente auch Wirkung gegenüber Omikron und Co?1,2

Antikörpercocktail Ronapreve auch bei Kindern und Jugendlichen ab 12 Jahren einsetzbar

Ronapreve (REGN-COV2) ist ein aus den beiden monoklonalen IgG1-Antikörper Casirivimab und Imdevimab bestehender Antikörpercocktail. Die Zielstruktur dieser beiden SARS-CoV-2 neutralisierenden Antikörper ist das virale Spike-Protein. Ronapreve ist zur Therapie und Prophylaxe von COVID-19 bei Personen mit einem Alter von über 12 Lebensjahren und einem Körpergewicht von ≥ 40kg indiziert. Die entscheidenden Voraussetzungen sind zudem, dass die betroffenen Personen keine zusätzliche Sauerstoffbehandlung benötigen und ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf besteht. Zu solchen Risikofaktoren zählen bekannterweise der Diabetes mellitus, kardiovaskuläre Erkrankungen, chronische Erkrankungen der Lunge, Leber oder auch der Nieren, sowie ein erhöhtes Alter, Adipositas und zu guter Letzt die Immunsuppression. Die Behandlung mit Ronapreve kann in diesen Fällen die Anzahl der Krankenhausaufenthalte und der Todesfälle deutlich verringern.

Zur Prä- und Postexpositionsprophylaxe wird jeweils 600 mg Imdevimab und Casirivimab verabreicht. Dies ist möglich als subkutane Injektion oder auch als intravenöse Infusion. Sollte rund 4 Wochen später erneut eine Therapie notwendig werden, so kann diese auf gleichem Wege erfolgen. Der einzige Unterschied ist die Dosisreduktion auf jeweils 300 mg Imdevimab und Casirivimab.3 In einer der Hauptstudien führte Ronapreve im Vergleich zum Placebo zu weniger Krankenhausaufenthalten und Todesfällen. Ein Krankenhausaufenthalt war bei lediglich 0,9% der betroffenen Patient:innen notwendig geworden (Placebogruppe: 3,4%). Die Wirksamkeit von Ronapreve als Prophylaxe stellt sich wie folgt dar: 29% der infizierten Personen entwickelten unter Ronapreve Symptome. In der Placebogruppe war dies bei 42,3% der Fall gewesen.4

Celltrion verhindert Zelleintritt 

Ein weiteres Antikörperpräparat besitzt einen Namen, den auch eine Hauptdarstellerin eines Science-Fiction-Romans tragen könnte. Die Rede ist von Regkirona (Regdanvimab) des südkoreanischen biopharmazeutischen Unternehmens Celltrion Healthcare. Regkirona erhielt seine Zulassung durch die EU-Kommission am 12.11.21. Eingesetzt werden darf es bei erwachsenen Personen mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf bei bestätigter COVID-19-Erkrankung. Auch hier ist eine wichtige Voraussetzung für die Therapie, dass keine zusätzliche Sauerstofftherapie benötigt wird. Die Verabreichung erfolgt intravenös über einen Zeitraum von 90 min. Die empfohlene Dosis liegt bei 40 mg/kg Körpergewicht.

Bei Regkirona handelt es sich um einen rekombinanten humanen monoklonalen IgG1-Antikörper, der an die Rezeptorbindungsdomäne des viralen Spike-Proteins binden kann und so die Interaktion zwischen SARS-CoV-2 und dem ACE2-Rezeptor der menschlichen Zelle verhindern kann. In den klinischen Phase-II/III-Studie konnte Regkirona hinsichtlich seiner Wirksamkeit gegenüber dem Placebo punkten. In den beiden randomisierten, doppelblinden Studien mit insgesamt 1.020 COVID-19-Patient:innen kam es lediglich bei 3,1% der betroffenen Personen zu einem Krankenhausaufenthalt mit einer Notwendigkeit zur Sauerstofftherapie. In der Placebogruppe kam es hierzu bei 11,1% der Patient:innen. Ein hochrangiger Unternehmensvertreter von Celltrion Inc. gab am 6. Dezember 2021 bekannt, dass das biopharmazeutische Unternehmen die Wirksamkeit von Regkirona gegenüber Omikron testen wird.4-7

Wie gut wirken Regkirona und Ronapreve gegen Omikron?

Omikron und möglicherweise auch weitere zukünftige Virusvarianten werfen die Frage auf, ob die aktuell erhältlichen Impfstoffe und COVID-19-Medikamente weiterhin wirksam sind und sein können. Wir wissen von Grippeviren, dass es durch einen Antigenshift dazukommen kann, dass die Impfstoffe an Wirksamkeit für die kommende Grippesaison verlieren. Ähnliches könnte sich auch bei SARS-CoV-2 abspielen. Aktuell haben wir nur die Booster-Impfungen zur Verfügung.

Auch die Antikörperpräparate Ronapreve und Regkirona könnten von einem Wirkverlust betroffen sein. In den Laborstudien der Forschungsgruppe um Cameroni und Veesler verloren 7 der 8 getesteten Antikörperpräparate ihre neutralisierende Wirkung gegenüber der SARS-CoV-2-Virusvariante Omikron. Zu diesen zählten auch Ronapreve und Regkirona. Ein Antikörperpräparat jedoch behielt seine neutralisierende, jedoch um den Faktor 3 geschwächte Wirkung gegenüber Omikron: Xevudy (Sotrovimab) von Vir Biotechnology kann wirksam gegen Omikron eingesetzt werden, um einen schweren COVID-19-Krankheitsverlauf zu verhindern. Ein Grund für die Wirksamkeit von Xevudy könnte sein, dass dieses Antikörperpräparat nicht die ACE2-Bindungsstelle als Zielstruktur hat.8 Mehr dazu im kommenden Beitrag. 

Referenzen:
1. https://www.dw.com/de/eu-behörde-omikron-schon-bald-in-europa-dominant/a-60139100
2. https://www.dw.com/de/corona-christian-drosten-hendrik-streeck-omikron-optimismus/a-60300056
3. https://www.gelbe-liste.de/neue-medikamente/ronapreve-covid-19-zulassung
4. https://www.ema.europa.eu/en/news/covid-19-ema-recommends-authorisation-two-monoclonal-antibody-medicines
5. https://www.gelbe-liste.de/neue-medikamente/regkirona-regdanvimab-zulassung-covid-19
6. https://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT04602000
7. https://www.kedglobal.com/newsView/ked202112060007
8. Cameroni E. et al. (2021). Broadly neutralizing antibodies overcome SARS-CoV-2 Omicron antigenic shift. bioRxiv [Preprint]. 2021 Dec 14:2021.12.12.472269.