PCR-Testkapazität gerät an ihre Grenzen

Stark steigende COVID-19-Infektionszahlen haben die vorhandene Kapazität der Labore im Bundesdurchschnitt zu 86 Prozent ausgelastet. Laborärzt:innen raten nun zu einer verstärkten Nutzung von Antigen-Tests.

Antigen-Tests als Alternative nutzen

Stark steigende COVID-19-Infektionszahlen haben in der vergangenen Woche zu einer Rekordzahl der PCR-Testungen von 1.955.439 geführt und die vorhandene Kapazität der Labore im Bundesdurchschnitt zu 86 Prozent ausgelastet; in manchen Regionen wurden die Kapazitätsgrenzen überschritten. Laborärzt:innen raten nun dringend zu einer Priorisierung entsprechend der vom RKI empfohlenen nationalen Teststrategie und zu einer verstärkten Nutzung von Antigen-Tests. Dies sei wichtig, weil damit gerechnet wird, dass die Freitestung nach einer Sieben-Tage-Quarantäne etwa bei Gesundheitsberufen die Freihaltung von PCR-Testkapazitäten erfordert.

Die Zahl der in den medizinischen Fachlaboren in der vergangenen Woche (10. bis 16. Januar) durchgeführten PCR-Untersuchungen ist gegenüber der Vorwoche um 40 Prozent auf fast 1,96 Millionen und damit auf einen Höchstwert der gesamten Pandemie gestiegen. Die Zahl der positiven Tests erreichte mit 486.319 (plus 48 Prozent zu Vorwoche) ebenfalls einen Rekordwert, die Positivrate stieg von 23,4 auf 24,9 Prozent, teilten die Akkrediertierten Labore in der Medizin (ALM) mit. Insbesondere in Norddeutschland, wo die Sieben-Tage-Inzidenz mit teils weit über 1.000 an der Spitze liegt, sind die Testkapazitäten der Labore überschritten worden. Die teilnehmenden Labore berichten über einen weiteren Ausbau der Testkapazitäten um elf Prozent auf mehr als 2,5 Millionen wöchentliche Tests. 

Anders als insbesondere in der ersten Welle der Pandemie laufe die Standard-Gesundheitsversorgung  ohne einen Rückgang der Fallzahlen jedoch nahezu normal – mit einem entsprechenden Anforderungsniveau an die Labore. Diese seien allerdings ebenfalls durch Personalausfälle infolge von Infektionen betroffen; angesichts eines leergefegten Fachkräftemarktes sei kein Ersatz zu finden, so Dr. Michael Müller, Vorsitzender der ALM. Die Nutzung der Kapazitäten von Veterinärlaboren sei zwar unter medizinischen Aspekten möglich, das Ausmaß der Entlastung für die medizinischen Labore aufgrund der um sich greifenden afrikanischen Schweinepest und der dadurch notwendigen Testungen nur gering.

Antigen-Tests haben prozesstechnische Vorteile

Vor diesem Hintergrund, so Müller, wäre es hilfreich gewesen, wenn die Gesundheitsministerkonferenz  bei ihren Beratungen einem Antrag von Berlin gefolgt wäre und eine Priorisierung beschlossen hätte. Dies sei nicht geschehen. 

Aus diesem Grund appellieren Müller und seine ALM-Vorstandskolleg:innen dringend an auftraggebende Ärzt:innen und Institutionen (Testzentren), bei der Indikationsstellung für einen PCR-Test entsprechend der nationalen Teststrategie des RKI zu priorisieren. Antigen-Tests seien eine gute Alternative unter der Voraussetzung, dass die Entnahme des Probenmaterials qualitätsgesichert erfolgt. Dann, so betonen die Laborärzt:innen, liege die Sensitivität nur geringfügig unter der eines PCR-Tests. Antigen-Tests haben prozesstechnisch den Vorteil, dass sie vollautomatisiert mit Großgeräten erbracht werden können; die Kapazitäten dafür seien vergleichsweise leicht zu steigern, ihre Einsatz ist weniger limitational an das vorhandene Personal gebunden. Wichtig dazu, so Professor Jan Kramer, wäre auch ein Signal aus der Politik, beispielsweise ein Beschluss in der nächsten Konferenz der Gesundheitsminister:innen.

Weitere Erhöhung der PCR-Test-Kapazitäten ist kaum möglich

Die gezielte Indikationsstellung durch auftraggebende Ärzt:innen sei auch wichtig, um Kapazitäten für die Testung zur Freistellung von einer Quarantäne nach sieben Tagen zu ermöglichen. Die Sieben-Tage-Frist gilt nach einer Entscheidung der Gesundheitsminister:innen seit dem 14.01.2022. Die Verkürzung auf sieben Tage wurde beschlossen, um möglichst frühzeitig von Infektionen betroffenes Personal, insbesondere aus Gesundheitseinrichtungen wie Krankenhäusern und Pflegeheimen, dann wieder für die Arbeit freizusetzen, wenn aufgrund eines PCR-Tests bestätigt wird, dass kein Infektionsrisiko für Dritte mehr besteht. Das Vorhandensein von entsprechenden Laborkapazitäten, die derzeit allerdings nicht beziffert werden könnten,  sei somit von Bedeutung, um die Personalkapazitäten etwa der medizinischen Infrastruktur zu sichern, so ALM-Vorstand Evangelos Katsopoulos.

Eine nennenswerte weitere Erhöhung der PCR-Test-Kapazitäten halten die Laborärzt:innen kaum für möglich, weil es dafür kein Personal gebe. Einen Vergleich mit angeblich wesentlich höheren Testkapazitäten im Ausland hält Katsopoulos für problematisch, da die Zahlen nicht vergleichbar seien. Großbritannien etwa differenziere nicht nach PCR-, Antigen- und Schnelltests, sondern nenne nur eine Gesamtzahl. In anderen Ländern wird beim Pooling jede Probe, die in den Pool fließt, einzeln gezählt, in Deutschland zählt die gepoolte Untersuchung als  ein Test.