Sonnencreme, Sonnenschutz, Sonnenbad: 8 aktuelle Mythen und wie Sie Ihre Patienten richtig aufklären können

Sonnencreme ist ungesund! Wussten Sie das? Nein? Dann folgen Sie nicht den richtigen Influencern.

Unterwegs auf Social Media-Plattformen

Auch in diesem Jahr ranken sich wieder einige Mythen rund um das Thema Sonnenschutz. Sogenannte „Experten“ geben auf Social Media Tipps zu „natürlichen Alternativen“ und klären über „die Gefahr“ von Sonnenschutzmitteln auf. Dieses Jahr besonders im Trend: Himbeersamenöl, Karottensamenöl sowie Rinderfett.

Mythos 1: Sonnenschutz einfach selbst herstellen

„Schütze deine Haut mit nur drei natürlichen Zutaten“, die „hundert Milliarden Mal besser sind als herkömmliche Sonnencremes“ – so oder so ähnlich starten meist die Videos. Konventionelle Sonnenschutzprodukte mit chemischen Filtern werden zum Beispiel als „Zellgift“ bezeichnet, das fatale: oft werden Fachbegriffe (Stichwort ) verwendet, die den Inhalt oder Ersteller seriöser wirken lassen. Manchmal werden sogar Studien zitiert – natürlich ohne Einordnung, aber dafür mit Wirkung! Zum Beispiel wird die gestiegene Hautkrebsrate mit der erhöhten Verwendung chemischer Sonnenmilch in Verbindung gebracht – dazu wird gerne auch mal eine Grafik eingeblendet – das wirkt vertrauenserweckend, hier scheint sich jemand auszukennen.

Als natürlicher Sonnenschutz werden u.a. Himbeersamenöl, Karottensamenöl und Rinderfett angepriesen. Seit einigen Jahren tauchen als Dauerbrenner auch immer wieder Kokosöl, Sheabutter, Aloe Vera, Olivenöl, Sesamöl und Co. auf.

In den Videos wird zudem regelmäßig erklärt, dass eine gezielte Ernährung – zum Beispiel eine erhöhte Aufnahme von Carotinoiden– einen natürlichen UV-Schutz bieten könne.

Das Problem: Der Lichtschutzfaktor aller genannten Produkte ist gering, nahezu vernachlässigbar. Das ist gefährlich und kann besonders im Kontext des mit erhöhter Sonnenscheindauer sowie Strahlenexposition gefährlich werden. Nur Himbeersamenöl gilt als ein Kandidat, der möglicherweise einen erhöhten Lichtschutzfaktor aufweisen könnte, aber dazu gibt es bisher noch keine gesicherten Studienergebnisse.

Darüber hinaus wird in einigen Social-Media-Beiträgen die Zugabe ätherischer Öle zu selbst hergestellten Sonnenschutzpräparaten – zum Beispiel um den Duft zu optimieren - empfohlen. Diese Praxis ist dermatologisch bedenklich, denn ätherische Öle können ein erhebliches irritatives und Potential aufweisen.

Same procedure as every year

Bereiten Sie sich auf die Sonnensaison vor: Auch in diesem Jahr werden Patienten die Sicherheit von Sonnenschutzmitteln hinterfragen. Mit der richtigen Strategie meistern Sie diese Herausforderung. Stichwort Patientenedukation – klären Sie geduldig, aber nachdrücklich auf.

Die „Dauerbrenner“ zum Thema Sonnenschutz kommen immer wieder auf und ein paar kurze Sätze, um über die Fehlinformationen aufzuklären, helfen meist langfristig.

Mythos 2: Sonnencreme ist „Gift“

Chemische Sonnencremes werden aufgrund einzelner Inhaltsstoffe immer wieder für die mögliche Wirkung auf das Hormonsystem kritisiert. Auch der Verdacht, zu sein, kommt immer wieder auf. Die entsprechenden Studien und Untersuchungen dazu beziehen sich aber auf sehr hohe Dosen und sind zudem häufig nur am Tier durchgeführt.

Die in Sonnencremes verwendeten Konzentration gelten als unbedenklich und sind in der EU streng reguliert. Ein paar wenige Stoffe werden in der Wissenschaft als potenziell gesundheitsschädlich diskutiert und sind noch nicht direkt verboten, werden in den Produkten aber nicht mehr verwendet. Sollte sich der Verdacht erhärten, wird auch hier höchstwahrscheinlich eine entsprechende gesetzliche Regelung erfolgen.

Mythos 3: Stoffe aus der Sonnencreme können im Blut nachgewiesen werden

Auf wird davor gewarnt, dass Bestandteile von Sonnencremes von der Haut aufgenommen werden können und dann im Blut nachweisbar sind. Der Punkt ist: Es handelt sich um sehr geringe Mengen und bisher gibt es keinen Nachweis dafür, dass diese gesundheitsschädlich sind. Auf keinen Fall stehen diese möglichen Gefahren im Verhältnis zu den eindeutig nachgewiesenen Risiken einer erhöhten Sonnenexposition ohne Schutz.

Mythos 4: Die „gesunde“ Bräune

Der natürliche Schutz der Haut gegen UV-Strahlung variiert je nach Hauttyp. Bei Sonneneinstrahlung aktiviert die Haut zwei Schutzmechanismen: Sie verdickt die äußere Hautschicht und  produziert zusätzliches Melanin, was zur Bräunung führt. Wichtig zu wissen: Die Melaninproduktion setzt ein, wenn bereits Schäden am Zellkern entstanden sind. Die Abbauprodukte werden von den Hautzellen erkannt und die Melaninproduktion wird angeregt, um die Zelle vor weiteren Schäden zu schützen. Jede Bräunung signalisiert also eine bereits erfolgte Hautschädigung. Die Verdickung der Haut sowie die Melaninproduktion können die Haut zwar länger vor einem Sonnenbrand schützen, das bleibt aber bestehen.

Mythos 5: Der Lichtschutzfaktor

Viele Menschen glauben, dass ein höherer Lichtschutzfaktor dafür sorgt, dass weniger UV-Strahlung in die Haut eindringt. Weil sie „ein bisschen braun werden wollen“, greifen sie deshalb zu einem Produkt mit einem geringeren Lichtschutzfaktor. Tatsächlich bezieht sich dieser aber auf die Zeit und nicht auf die Intensität des Schutzes. Der Lichtschutzfaktor gibt an, um welchen Faktor sich die individuelle Eigenschutzzeit der Haut verlängert. Beispiel: Bei einer Eigenschutzzeit von 10 Minuten ermöglicht Lichtschutzfaktor 20 einen theoretischen Schutz von 200 Minuten.

Ein niedrigerer Lichtschutzfaktor führt also nicht zu besserer Bräunung, wie oft fälschlicherweise angenommen wird. Und: Selbst Sonnenschutzmittel mit sehr hohem Lichtschutzfaktor bieten keinen vollständigen Schutz. Das Bundesamt für Strahlenschutz empfiehlt daher, nur 60% der theoretischen Schutzzeit auszunutzen. Wichtig ist auch zu wissen, dass Nachcremen den Schutz nicht verlängert, sondern ihn nur auffrischt, etwa nach dem Baden oder wenn die Sonnencreme abgerieben wurde. Sonnencreme sollte daher nicht dazu dienen, den Aufenthalt in der Sonne unbegrenzt zu verlängern.

Mythos 6: Lichtschutzfaktor 50=50

Leider nein, denn: Der Lichtschutzfaktor gilt, wenn 2 ml auf 2 cm² der Haut appliziert werden. Konkret heißt das: Circa eine halbe Flasche Sonnenmilch pro Anwendung. Wird die Creme dünner aufgetragen, verringert sich auch der Lichtschutzfaktor. Das ist den meisten Menschen nicht bewusst. Bei einem niedrigen Lichtschutzfaktor wie 20 verstärkt sich dieses Problem zusätzlich.

Mythos 7: Bewölkt? Dann ist keine Sonnencreme notwendig!

UV-Schutz ist auch bei bewölktem Himmel erforderlich, da Wolken nur einen Teil der schädlichen Strahlung abhalten. Die Wirkung wird hier häufig immer noch unterschätzt. Das gilt auch bei windigem Wetter, auf dem Berg oder wenn es im noch nicht so warm ist. Ein weiterer Punkt, der gerne unterschätzt wird: Die Reflexion von Strahlen am Wasser, auf Schnee oder auf Sand. Im Schatten ist die UV-Strahlung verringert, aber der Grad wird auch hier häufig überschätzt.

Mythos 8: Sonnenschutz braucht nur die Haut

Auch die Augen sollten vor der Sonne geschützt werden. Dabei geht es nicht nur um die Blendung, sondern auch um den Schutz vor UV-Strahlung, denn diese kann zu Entzündungen der Netzhaut oder in Ausnahmefällen auch zu dauerhaften Schäden führen. Bei Outdoor-Aktivitäten wie langen Wanderungen oder beim Aufenthalt am Wasser oder Strand sollte deshalb eine Sonnenbrille getragen werden.

Im Umgang mit kritischen Patienten

Neben der Aufklärung ist es auch wichtig, die Patienten in ihren Bedenken ernst zu nehmen.  Geben Sie Auskunft zu den Fakten und auf was geachtet werden sollte. Zeigen Sie, wenn möglich, Alternativen auf, damit ein gesunder, angstfreier Sonnenschutz auch wirklich angewendet wird. Hier eignen sich Sonnencremes mit mineralischem Filter (z.B. Zinkoxid) oder Sonnencremes für empfindliche Haut. Die verwendete Sonnencreme sollte jedes Jahr neu gekauft werden und dabei sowohl einen guten UV-B- als auch einen guten UV-A-Schutz aufweisen. Halten Sie Ihre Patienten auch dazu an, ihre Haut regelmäßig selbst zu checken, Veränderungen zu beobachten und die Kontrolle beim ernst zu nehmen.

Perspektivisch braucht es wohl mehr Aufklärung – sowohl zum Thema als auch zur Einordnung von Studien sowie zur Validität von Informationsquellen, insbesondere in sozialen Medien. Das ist jedoch ein anderes Thema.

Quellen:
  1. Kheshvadjian, A. R., & McMichael, A. J. (2025). Debunking Dermatology Myths to Enhance Patient Care. Cutis, 115(1), 4-5.

  2. Kearney, N., Leahy, M., Stanciu, M., O’Flynn, A., Walsh, M. C., & Laing, M. (2025). A cross-sectional analysis of TikTok content relating to sunscreen conspiracy theories and correlation with published evidence on sunscreen risks. Clinical and Experimental Dermatology, 50(4), 867-869.