COVID-19 und Diabetes – was geht da zusammen?

"SARS-CoV-2 und Diabetes - Zusammenhänge und neuste Daten" war ein Symposium auf dem DDG-Kongress 2021 überschrieben. Zur Epidemiologie und Behandlungsmöglichkeiten referierte Prof. Dr. Stefan Bornstein, Direktor der Medizinischen Klinik und Polyklinik III der Universitätsklinik Dresden.

Noch viel Forschung notwendig

"SARS-CoV-2 und Diabetes - Zusammenhänge und neuste Daten" war ein Symposium auf dem DDG-Kongress 2021 überschrieben. Zur Epidemiologie und Behandlungsmöglichkeiten referierte Prof. Dr. Stefan Bornstein, Direktor der Medizinischen Klinik und Polyklinik III der Universitätsklinik Dresden.

Das Unangenehme am SARS-CoV-2-Virus sei, das es quasi einen metabolischen Pathway kapert und damit Schaden in den Folgeorganen anrichtet, erklärt der Referent eingangs. Es hat mehr als andere Infektionserkrankungen eine besondere Verbindung zu den Stoffwechsel-Pathways. Inzwischen sind über 5.000 Pubmed-publizierte Artikel zum Thema COVID-19 und Diabetes erschienen. 

Die spannende Frage ist: Kann COVID auf die eine oder andere Weise einen Diabetes auslösen? Und was sind diesbezüglich die Langzeit-Folgen? Diese Fragen interessieren natürlich alle DiabetologInnen – für die Antwort sei es allerdings noch zu früh. Da muss noch viel Forschung investiert werden.

Bekannt ist einiges über die Mechanismen. Es wurde schnell klar, dass Hyperglykämie ACE2 hochreguliert und damit ein Problem darstellt. Diabetes ist nicht nur einen Risikofaktor für schwere Verläufe von COVID-19, sondern das Virus könnte auch den Krankheitsverlauf des Diabetes verschlechtern - oder Diabetes vielleicht sogar auslösen. Einzelfälle wurden beobachtet: In Kiel entwickelte ein Patient plötzlich einen Typ-1-Diabetes nach COVID-19-Infektion. Das war sehr überraschend, denn in 90% der Fälle bei Typ-1-Diabetes sind bestimmte Autoantikörper nachweisbar - und das war hier nicht der Fall. Ein interessanter Befund, wenn auch kein Beweis, dass COVID-19 den Diabetes ausgelöst hatte. 

Inzwischen wurde ein weltweites Register mit Bauchspeicheldrüsenproben von verstorbenen COVID-PatientInnen aufgebaut. Es zeigen sich relativ viele inflammatorische Infiltrationen. Es finden sich ACE-2-Rezeptoren, aber auch DDP 4. An sehr vielen Proben zeigt sich eine Infektion der Betazellen durch das Virus, was elektronenoptisch nachgewiesen werden kann. 

Wenn das Virus also in die Betazellen in Inseln hineingeht, führt das zu Diabetes? Um das besser zu verstehen, haben KollegInnen seit 2020 ein internationales Register aufgebaut, wo mittlerweile 1.000 solche Fälle gesammelt sind. "Es sind noch Einzelfälle und wir müssen abwarten, welche Aussagen das Register in den nächsten ein, zwei Jahren liefert," sagt Prof. Bornstein.

Bekannt ist, dass die Schwere der Erkrankung ganz klar mit metabolischen Krankheiten zusammenhängt. Man kann davon ausgehen, dass von den 3 Millionen Menschen, die an COVID-19 verstorben sind, ein wesentlicher Teil ein metabolisches Syndrom oder eine metabolische Erkrankung hatten. Geschätzt werden zwischen 30 und 70%. Die Daten verschiedener Studien belegen: gut kontrollierter Blutzucker kann ein besseres Outcome der PatientInnen bewirken. Auch viele der eingesetzten Medikamente, ob Tocilizumab, Interleucin 6 oder Dexamethason, wirken besser, wenn die Glukose besser eingestellt ist.

Die Risikostratifizierung hat gezeigt, dass Übergewicht vor allem in der jüngeren Gruppe ein besonders großes Risiko macht – was zu der hohen COVID-19-Mortalität in den USA oder auch in Brasilien beiträgt.

Interessant bleibt das Thema des Geschlechterunterschieds bei den COVID-Verläufen. In der relevanten Altersgruppe zwischen 50 bis 85 haben mehr Männer bestimmte Grundkrankheiten. Androgene spielen dabei inflammatorisch eine Rolle, Östrogene sind als antiinflammtorisch bekannt. Jetzt wird man sehen, überlegt der Referent, wie sich das Thema bei den Impfnebenwirkungen eventuell umkehrt. Sind Frauen durch ihr etwas stärker aktiviertes Immunsystem gefährdeter?

Empfehlungen von klinischen DiabetologInnen

Immer wieder wurde gefragt: Soll man Insulin bei COVID-19-PatientInnen absetzen? Soll man ACE-Hemmer aus der Therapie herausnehmen?

Klar ist: Die Medikation soll weiterlaufen. Ein bisschen Vorsicht bei einem schweren Verlauf mit Metformin ist richtig. SGLT 2 Inhibitoren sind im schweren Verlauf auf der Intensivstation nicht ideal. Aber im Wesentlichen gilt: Die Medikation weiterführen.

In den letzten Wochen und Monaten kam hinzu, dass bestimmte Medikamente zusätzlich protective Effekte gegen die Virusaufnahme zeigen können. DDP 4 als funktioneller Rezeptor könnte die Blockade der Virusaufnahme bewirken und auch antiinflammatorisch wirken. Das wurde vor allem für das Metformin konstatiert. Die Datenlage belegt das noch nicht. Aber der Einsatz dieser Medikamente war in keinem Fall negativ, eher positiv.

Wie mit den Impfungen umgehen?

Leider ist es so, hat Prof. Bornstein beobachtet, dass die Patientengruppe, die mit am gefährdetsten ist, oft am längsten braucht, bis sie geimpft wird. Das spielt bei DiabetikerInnen eine große Rolle. Ihnen muss man helfen, mit Aufklärung und mit praktischer Unterstützung, damit sie zu ihrer Impfung kommen.

Kollateralschäden in der Pandemie

Wenn PatientInnen zu spät kommen, verlieren wir wertvolle Lebensjahre – auf das Diabetesmanagement bezogen ist das vielleicht noch relevanter als bei anderen Erkrankungen, schätzt der Referent. Studien, vor allem aus Italien und Griechenland, zeigen eindeutig, dass der Lockdown eine "Covibesity" ausgelöst hat. Die Blutzuckerwerte sind durchschnittlich angestiegen. Vor allem bei den Jungen. Es kam zu einer Zunahme an Gewicht - bis zu 35%. Und der Stoffwechsel hat sich verschlechtert.  

Drei Gruppen der DiabetespatientInnen sind besonders geschädigt

Zusammenfassung: Teamwork jetzt ganz besonders wichtig

Quelle: DDG 2021; Symposium "SARS-CoV-2 und Diabetes - Zusammenhänge und neuste Daten"