Drei Säulen zur Behandlung des rezidivierenden Ovarialkarzinoms

Beim rezidivierenden Ovarialkarzinom setzen Onkologinnen und Onkologen auf die Chirurgie, die Chemotherapie und die Erhaltungstherapie. Wie solche Regimes ineinandergreifen, erläuterten Fachleute der Charité und der Mayo Clinic bei der 11th International Charité Mayo Conference.

Die bestmögliche Therapie für Patientinnen auswählen

Beim rezidivierenden Ovarialkarzinom setzen OnkologInnen auf die Chirurgie, die Chemotherapie und die Erhaltungstherapie. Wie solche Regimes ineinandergreifen, erläuterten Fachleute der Charité und der Mayo Clinic bei der 11th International Charité Mayo Conference. 

Mit der Chirurgie, der Chemotherapie und der Erhaltungstherapie stehen drei Strategien zur Verfügung, um rezidivierende Ovarialkarzinome zu behandeln. Über Details sprachen Dr. Rosalind Glasspool (Cancer Research, Großbritannien), Prof. Dr. Viola Heinzelmann (Universitätsspital Basel, Schweiz), Dr. Ana Oaknin (Vall d'Hebron Institute of Oncology, Spanien) und Prof. Dr. Jalid Sehouli (Charité, Berlin) bei einem Satellitensymposium. 

Laut Expertensicht gilt die Erhaltungstherapie als dritte Säule, gleichwertig zur Chirurgie und zur Chemotherapie. "Keine Erhaltungstherapie ist keine Option", hatte Prof. Dr. Andreas du Bois (Evangelische Kliniken Essen-Mitte) bei einer anderen Session gesagt. 

Chirurgische Therapie 

"Wenn wir an die Chirurgie denken, stehen uns nur retrospektive Daten beziehungsweise Daten aus einem Zentrum zur Verfügung", weiß Sehouli. Oft gebe es kein hohes Evidenzniveau. Der Referent betont, dass Patientinnen selbst nach erfolgreicher Tumorresektion von Erhaltungstherapien profitieren würden. 

Neue Daten zum chirurgischen Outcome liefert die Studie AGO DESKTOP III. Eingeschlossen wurden 408 Patientinnen mit platinsensiblem Ovarialkarzinom-Spätrezidiv. Das mediane Gesamtüberleben lag bei 53,7 Monaten (OP) versus 46,0 Monaten (keine OP). Hatten Patientinnen postoperativ keinen Tumorrest mehr, war ihr Gesamtüberleben deutlich höher als bei Patientinnen mit makroskopisch nicht vollständig resezierbarem Krebs (61,9 Monate versus 28,8 Monate). Die Komplettresektionsrate lag in der Kohorte bei 74,2 Prozent. 

Um Patientinnen für chirurgische Interventionen auszuwählen, habe sich der AGO-Score bewährt, berichtet Sehouli. Patientinnen mit negativen Scores können nach einer sekundären zytoreduktiven Operation noch eine 50-prozentige Chance auf eine optimale Tumorresektion haben. Dies sei ein entscheidender Faktor bei der Beratung von Frauen mit rezidivierender Erkrankung hinsichtlich weiterer Behandlungsoptionen. Schon bei der Planung chirurgischer Eingriffe sei wichtig, sich postoperative Strategien zu überlegen.  

Bei der Entscheidung gehe es laut Sehouli auch um Resultate aus der Vorbehandlung und um die individuelle Situation der Patientin, aber nicht um Zeitfaktoren wie bei der Chemotherapie. Haben Frauen etwa einen Darmverschluss, einen Pleuraerguss oder einen Aszites, sollte über eine PEG-Sonde oder eine Drainage nachgedacht werden. Zu klären ist auch: Handelt es sich um ein palliatives Setting oder besteht die Chance auf ein längeres, progressionsfreies Überleben? 

Chemotherapie und Erhaltungstherapie

Zu den weiteren Säulen zählen Chemotherapien und als zusätzliche, gleichwertige Option Erhaltungstherapien. Doch wie sollten sich Ärztinnen und Ärzte entscheiden? Glasspool fasste wichtige Eckpunkte der randomisierten, placebokontrollierten Phase-3-Studie ARIEL3 zusammen. Eingeschlossen wurden 564 Patientinnen mit platinsensitivem, hochgradig serösem oder endometrioidem Ovarial-, primärem Peritoneal- oder Eileiterkarzinom. Sie hatten mindestens zwei frühere platinbasierte Chemotherapien erhalten – mit vollständigem oder teilweisem Ansprechen. Alle Teilnehmerinnen wurden 2:1 auf einen PARP-Inhibitor versus Placebo randomisiert. 

Das mediane progressionsfreie Überleben bei Frauen mit einem BRCA-mutierten Karzinom betrug 16,6 Monate versus 5,4 Monate. In der Gruppe mit Rekombinationsmangel waren es 13,6 versus 5,4 Monate. Eine explorative Intention-to-treat-Analyse (ITT) zeigte, dass das mediane Chemotherapie-freie Intervall durch PARP deutlich verlängert werden konnte (14,3 Monate versus 8,8 Monate). 

Die Zeit bis zum Beginn der ersten nachfolgenden Therapie betrug 12,4 Monate gegenüber 7,2 Monaten. Als Zeit bis zum Fortschreiten der Krankheit bei der nachfolgenden Therapie oder dem Tod nennen die Autoren 12,4 Monate gegenüber 7,2 Monaten. Und die Zeit bis zum Beginn der zweiten nachfolgenden Therapie lag bei 22,4 Monaten versus 17,3 Monaten. Die Erhaltungstherapie mit einem PARP-Inhibitor führe zu einer klinisch bedeutsamen Verzögerung der nachfolgenden Behandlungen, fasst Glasspool zusammen. 

"Wir sahen einen sehr signifikanten Vorteil in Bezug auf den primären Endpunkt des progressionsfreien Überlebens bei der Population mit BRCA-Mutation", fasst die Referentin zusammen. Dies gelte auch bei Frauen mit homologer Rekombinationsdefizienz bei der Intention-to-treat-Analyse. Als weiteren Benefit erwähnt Glasspool, dass sich selbst unter Progression des Ovarialkarzinoms ein Nutzen bei nachfolgenden Therapien ergebe – nämlich in Form längerer Chemotherapie-freier Intervalle. 

Anschließend präsentierte Dr. Ana Oaknin zentrale Aspekte von ARIEL4. Diese Phase-3-Studie hat als erste und bislang einzige Arbeit den Nutzen von PARP-Inhibitoren im Vergleich zur Platin-basierten Chemotherapie bei rezidivierendem Ovarialkarzinom gezeigt. 

Zielgruppe waren 349 platinsensitive, teilweise platinsensitive und platinresistente Patientinnen mit rezidiviertem Eierstockkrebs, mit BRCA-Mutation und mit zwei oder mehr Chemotherapien in der Vorgeschichte. Die ARIEL4-Studie erreichte ihren primären Endpunkt und zeigte eine statistisch signifikante Verbesserung des progressionsfreien Überlebens unter einem PARP-Inhibitor versus Chemotherapie (Intention-to-treat-Population: 7,4 Monate gegenüber 5,7 Monaten). 

Daraus leitete sich für die Diskutanten die Frage ab, ob es sinnvoll sei, PARP-Inhibitoren schon früher einzusetzen, eventuell als Ergänzung zur Chemotherapie. "Ich beginne gern mit einem PARP-Inhibitor", berichtete Heinzelmann. Wichtige Gründe seien die bessere Ansprechrate und die Verträglichkeit. Klar ist: Die Wirkstoffe nehmen ihren Weg von der Erhaltungstherapie in die Erstlinientherapie. 

Fazit: Drei gleichwertige Säulen verbessern Outcome 

In der abschließenden Diskussion betonten die Referentinnen und Referenten, dass es heute deutlich bessere Prognosen bei Patientinnen mit rezidivierendem Ovarialkarzinom gebe. Fortschritte seien vor allem durch PARP-Inhibitoren als gleichwertige dritte Säule im Behandlungsregime erzielt worden. Die bestmögliche Behandlung orientiere sich immer an der individuellen Situation, so die Expertinnen und Experten. 

Quelle: 11th International Charité Mayo Conference, Satellite Symposium, 08.05.2021

Das Satelliten-Symposium finden Sie auch in den Webcasts.