Die Harninkontinenz kann bei Frauen jeden Alters auftreten und die Lebensqualität massiv beeinträchtigen. Insbesondere im späteren Lebensabschnitt steigen die Prävalenz und der Schweregrad der Erkrankung deutlich an; somit gehören 27% der über 60-jährigen zu den Betroffenen. Aber auch altersunabhängig leiden nicht wenige der Frauen hierzulande unter diesem Problem: 15% der weiblichen Bevölkerung Deutschlands haben Schwierigkeiten, den Urin zu halten. Inkontinenz ist bei Sportlerinnen ganz unabhängig vom Alter ein Problem.
Betrachtet man die hohe Prävalenz der Harninkontinenz, wird es deutlich, wie wichtig effektive Behandlungsmethoden sind. Doch Inkontinenz ist nicht gleich Inkontinenz. Zur optimalen Versorgung der Betroffenen ist es wichtig, die Form der Blasenkrankheit richtig zu definieren. Hierbei gilt es, zwischen Urgeinkontinenz (= überaktive Blase, Harnabgang aufgrund imperativen Urindrangs) und Belastungsinkontinenz (Urinverlust bei körperlicher Anstrengung, Husten, Niesen etc.) zu unterscheiden. Zudem ist ebenso eine Kombination aus beiden Leiden möglich (sogenannte Mischinkontinenz). Wie die Differenzialdiagnostik und Therapiemöglichkeiten im Detail aussehen, wird ausführlich und praxisnah in der neuen S2k-Leitlinie Harninkontinenz der Frau der Gesellschaften für Gynäkologie und Geburtshilfe Deutschlands, Österreichs und der Schweiz aufgezeigt.
Neues gibt es zu den Behandlungsoptionen zu berichten. Denn erstmals wurde die Lasertherapie als Maßnahme bei Belastungsinkontinenz in die Konsensusarbeit aufgenommen. Diese kann neben anderen operativen Verfahren wie der suburethralen Schlingeneinlage oder der Injektion von Bulking Agents zum Einsatz kommen, wenn drei bis sechs Monate nach Einleitung eines Beckenbodentrainings, lokaler Östrogenapplikation oder Pressareinlage keine Besserung erzielt werden konnte.
Technisches Vorgehen und Effekt bei Harninkontinenz
Doch wie läuft die Behandlung der Harninkontinenz genau ab? Die Intervention kann ambulant und minimal-invasiv erfolgen. Nach intravaginalem Einbringen der Lasersonde wird die vordere Vaginalwand bestrahlt. Das Ergebnis: eine Neokollagenese, welche die ventrale Scheidenwand kräftigt; hierdurch werden die Blase und Harnröhre stabilisiert und die Inkontinenz reduziert.
Derzeit stehen drei unterschiedliche Verfahren bzw. Lasersysteme zur Verfügung:
- mikroablative fraktionierte CO2-Lasertherapie
- zweiphasige Erbium:YAG-Laserbehandlung
- nicht-ablative Erbium:YAG-Lasertherapie mit SMOOTH-Mode-Technologie
Welche der drei Optionen der Therapie zu bevorzugen ist, kann aufgrund des Mangels eines head-to-head-Vergleichs der Laserverfahren noch nicht gesagt werden.
Studiendaten zur Lasertherapie der Inkontinenz
Da sich in den letzten Jahren die Datenlage zur Effektivität und Sicherheit dieser Behandlungsmethode der Belastungsinkontinenz deutlich gebessert hat, findet sie nun auch Einzug in die Leitlinie zur Harninkontinenz bei Frauen. So konnte in zwei randomisierten kontrollierten Forschungsarbeiten mit einer Nachbeobachtungszeit von bis zu drei Monaten demonstriert werden, dass mit der minimal-invasiven Maßnahme bei den Betroffenen subjektiv eine bessere Wirkung erzielt wurde als mit einem Placebo-Eingriff. Darüber hinaus liegen über 30 prospektive Beobachtungsstudien mit einem Nachbeobachtungszeitraum von bis zu 36 Monaten vor, die für die Konsensusarbeit analysiert wurden.
Intravaginale Laserung: Für wen ist sie geeignet?
Wenn es um die Entscheidung geht, für welche Patientinnen das Verfahren geeignet ist, liefert die Leitlinie nützliche Hinweise. Der Lasereingriff kann bei leichter und mittlerer Belastungsinkontinenz folgenden Betroffenen angeboten werden:
- jüngeren Frauen mit normalem BMI
- Frauen zwischen Entbindungen, die eine Einlage von Fremdmaterial vermeiden wollen
Wichtig ist zu erwähnen, dass es sich bei der intravaginalen Lasertherapie nur um eine offene Empfehlung der Verfasser zur Behandlung der Belastungsinkontinenz handelt und sie bisher nicht zu den übernahmepflichtigen Kassenleistungen gehört.
Sicherheitsprofil der Laserbehandlung
Die Laserung geht nur mit geringen Nebenwirkungen einher. Falls es zu Komplikationen kommt, beruhen diese primär auf Anwendungs- und Bedienungsfehlern. Dies macht deutlich, wie wichtig eine gründliche Einweisung und Schulung der behandelnden Ärzteschaft ist. Es wird in der Konsensusarbeit betont, dass die Teilnahme an Laserkursen mit Fähigkeitsausweis dringend zu empfehlen ist. Diese sollten von den jeweiligen Fachgesellschaften anerkannt sein.
Fazit für die Praxis
Gemäß der S2k-Leitlinie kann die Lasertherapie einer selektierten Gruppe von Frauen mit Belastungsinkontinenz empfohlen werden; zudem geht die Behandlung mit einer hohen Compliance und Patientinnenzufriedenheit einher. Sollte die Wirkung der Intervention im Verlauf nachlassen, kann ein weiterer Lasereingriff zur Auffrischung der Wirkung erfolgen. Der einzige Wermutstropfen bezüglich des recht neuen Verfahrens ist, dass es bisher nicht zu den Kassenpflichtleistungen zählt.
- Langfassung der Leitlinie „Harninkontinenz der Frau“ (2021). Herausgeber: Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG), Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (OEGGG) und Schweizerische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG), verfügbar unter: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/015-091.html