Orale Kontrazeptiva: steigern sie das Risiko für Depressionen?

Viele Frauen und Mädchen verlassen sich bei der Familienplanung auf orale Kontrazeptiva. Obwohl die ausführliche Aufklärung das Risiko für Depressionen beinhalten sollte, waren verlässliche Daten zur Prävalenz der depressiven Störungen bisher nicht vorhanden.

Die Pille und Depressionen - Statistik

Orale Kontrazeptiva und Depressionen – wie hoch ist das Risiko wirklich?

Obwohl jede Frauenärztin und jeder Frauenarzt weiß, dass die Einnahme von oralen Kontrazeptiva (OC) das Risiko für depressive und andere psychiatrische Erkrankungen erhöhen kann, ist wenig bekannt darüber, wie groß das Risiko tatsächlich ist. 

Das liegt teilweise daran, dass in Studien die Daten von Frauen, die die Einnahme aufgrund von Stimmungsschwankungen abgebrochen haben, oftmals nicht enthalten ist. Dies führt zu einem Bias, den es nun zu umgehen gilt. Eine multinationale Forschergruppe hat nun eine Studie veröffentlicht, die das Risiko für Depressionen bei OC-Anwenderinnen mit dem von Nicht-Anwenderinnen vergleicht.

Mehr Depressionen durch die Antibabypille?

Hierzu haben sie die Daten von mehr als 250.000 Frauen und Jugendlichen ausgewertet, die aktuell die Pille einnehmen oder sie zu einem vorherigen Zeitpunkt eingenommen haben. Die Daten wurden dann mit der nicht-einnehmenden Kontrollgruppe verglichen. Um den kausalen Zusammenhang zwischen der Einnahme und dem Auftreten von Stimmungsstörungen zu bestätigen – oder zu widerlegen – erfolgte darüber hinaus eine Geschwisteranalyse.

Das Ergebnis: Das Risiko für depressive Erkrankungen steigt tatsächlich mit der Einnahme von oralen Kontrazeptiva.

Gibt es besonders vulnerable Phasen?

Obwohl das Gesamtrisiko für Pillen-Anwenderinnen insgesamt erhöht ist – auch, wenn das Arzneimittel bereits abgesetzt wurde, die Lebenszeitprävalenz steigt dennoch – gibt es zwei besonders vulnerable Phasen. In den ersten zwei Jahren der Einnahme ist das Risiko, an einer affektiven Störung zu erkranken besonders hoch im Vergleich zu Frauen, die die Pille nicht einnehmen. Und: besonders für Jugendliche besteht ein erhöhtes Depressionsrisiko auch Jahre nach der Einnahme von OC.

Die Geschwisteranalyse belegte den kausalen Zusammenhang eindeutig. 

Was bedeutet das für die Verordnung?

Letzten Endes bedeuten diese Daten nicht, dass die Antibabypille nicht mehr verordnet werden sollte. Dennoch ist es wichtig, das Risiko für spätere affektive Störungen nicht zu vernachlässigen. Frauen und besonders Jugendliche sollten darüber aufgeklärt werden. Insbesondere Patientinnen mit hohem Risiko für Depressionen sollten eine informierte Entscheidung treffen können. 

Fazit für die Praxis

Wie bei jedem Medikament sollte auch bei oralen Kontrazeptiva eine ausführliche Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen. Das Risiko für depressive Störungen ist für Anwenderinnen höher als gedacht und muss daher mit in die Entscheidungsfindung einfließen. Für manche Patientinnen eignen sich andere Verhütungsmethoden im Angesicht dieser Daten vielleicht besser. Eine ausführliche Aufklärung der Anwenderin sollte immer erfolgen. 
 

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