Radonbelastung in der Schwangerschaft: Zusammenhang mit Gestationsdiabetes?
Eine US-Studie mit über 9.000 Schwangeren untersucht erstmals, ob Radonbelastung im Wohnumfeld mit einem erhöhten Risiko für Gestationsdiabetes assoziiert ist – und liefert erste Hinweise auf einen Zusammenhang.
Das Wichtigste auf einen Blick zu Radonbelastung und Schwangerschaftsdiabetes
- Schwangere in Regionen mit hoher Radonbelastung (≥ 2 pCi/L) hatten ein signifikant erhöhtes Risiko für Gestationsdiabetes (OR 1,36; 95 % KI: 1,00–1,86).
- Besonders deutlich war der Zusammenhang bei Raucherinnen (OR 2,09) und bei gleichzeitiger Feinstaubbelastung (PM2,5) (OR 1,93).
- Die Ergebnisse sprechen für umweltmedizinische Risikofaktoren bei der Entstehung von GDM – insbesondere für Synergien zwischen Radon, Feinstaub und Rauchen.
Radon entsteht durch den Zerfall von Radium-226 im Boden und kann durch Risse und Undichtigkeiten in Häuser eindringen. Die gasförmige Substanz zerfällt zu festen, radioaktiven Partikeln, die sich an anlagern und eingeatmet werden können. Während Radon als Risikofaktor für Lungenkrebs gut belegt ist, war seine Rolle bei anderen Erkrankungen bisher unklar.
Studiendesign und Methodik
Analysiert wurden Daten von 9.107 Erstgebärenden aus einer prospektiven, multizentrischen US-Kohorte (Erhebungszeitraum: 2010 bis 2013). Die mittlere Radonkonzentration am Wohnort lag bei 1,6 pCi/L (Pikocurie pro Liter Luft). Zur Auswertung wurden die Teilnehmerinnen anhand der geschätzten Radonwerte an ihrer Wohnadresse in drei Expositionsgruppen eingeteilt: < 1 pCi/L, 1 bis < 2 pCi/L und ≥ 2 pCi/L.
Das Risiko für einen Gestationsdiabetes mellitus (GDM) wurde auf Basis klinischer Diagnosen und standardisierter Glukosetoleranztests ermittelt. Zusätzlich flossen unter anderem Daten zu Body-Mass-Index (BMI), Rauchverhalten, sozioökonomischem Status und Feinstaubbelastung (PM2,5 = Partikel mit einem Durchmesser < 2,5 µm) in die Analyse ein.
Ergebnisse: Radon, Rauchen und Feinstaub als Risiko-Trio
Insgesamt entwickelten 4,2 % der Teilnehmerinnen einen Gestationsdiabetes. Die Odds Ratio für GDM lag in der höchsten Radon-Gruppe (≥ 2 pCi/L) signifikant höher als in der niedrigsten Gruppe (< 1 pCi/L). Der Effekt blieb auch nach Adjustierung für Feinstaubbelastung bestehen. Besonders auffällig war der kombinierte Einfluss von Radon mit weiteren Umweltbelastungen:
- Raucherinnen in Hoch-Radon-Gebieten: doppelt so hohes Risiko (OR 2,09) gegenüber Nichtraucherinnen in Niedrig-Radon-Gebieten.
- Hohe Belastung durch Radon + Feinstaub: deutlich erhöhtes Risiko für Gestationsdiabetes im Vergleich zu geringer Exposition beider Faktoren (OR 1,93).
Mögliche Mechanismen der Radonwirkung
Warum Radon mit einem erhöhten Risiko für Gestationsdiabetes assoziiert sein könnte, ist bislang nicht abschließend geklärt. Es werden jedoch mehrere biologische Mechanismen als plausibel erachtet. So könnte eine starke Radonexposition systemische Entzündungsprozesse, oxidativen Stress und eine Insulinresistenz fördern – ähnlich wie es auch bei mütterlichem beschrieben wurde. Darüber hinaus könnten DNA-Schäden in der Plazenta oder eine mitochondriale Dysfunktion zu einer gestörten Glukoseregulation beitragen. Auch eine direkte Beeinträchtigung der Plazentafunktion wird als weiterer pathophysiologischer Faktor in Betracht gezogen.
Fazit: Umweltstrahlung als möglicher Risikofaktor für GDM
Diese bevölkerungsbasierte Analyse ist die erste Studie, die einen möglichen Zusammenhang zwischen natürlicher Hintergrundstrahlung durch Radon und dem Auftreten von Gestationsdiabetes zeigt.
Es gibt aber einige Limitationen: Die Exposition wurde anhand der durchschnittlichen Radonkonzentrationen auf regionaler Ebene (Landkreisebene) geschätzt – individuelle Wohnverhältnisse oder Schutzmaßnahmen konnten nicht berücksichtigt werden. Für eine fundierte Risikobewertung sind Studien mit individueller Radonmessung erforderlich.
Trotz dieser Einschränkungen weisen die Ergebnisse auf einen bislang wenig beachteten Umweltfaktor hin – insbesondere im Zusammenspiel mit weiteren Belastungen wie Feinstaub oder Tabakrauch.
- Zhang Y, Angley M, Lu L, Smith BJ, Grobman W, Wylie BJ, Zork NM, D'Alton ME, McNeil B, Mercer BM, Silver RM, Simhan HN, Haas DM, Saade GR, Parry S, Reddy U, Kahe K. Radon Exposure and Gestational Diabetes. JAMA Netw Open. 2025 Jan 2;8(1):e2454319. doi: 10.1001/jamanetworkopen.2024.54319. PMID: 39792382; PMCID: PMC11724344.