Chronische Diarrhoe: Eine differenzierte diagnostische Strategie

Chronische Diarrhoe ist ein häufiges, aber unspezifisches Symptom. Ein strukturierter diagnostischer Fahrplan hilft, der Ursache auf den Grund zu gehen.

Das Wichtigste zur Abklärung der chronischen Diarrhoe im Überblick

Was heißt eigentlich „chronische Diarrhoe“?

Nicht jeder weiche Stuhl ist pathologisch: Bis zu drei lose bzw. flüssige Defäkationen pro Tag gelten noch als physiologische Variante der Darmtätigkeit. Erst eine höhere Frequenz wird als Diarrhoe definiert. Von chronischer Diarrhoe spricht man bei einer Beschwerdepersistenz von mehr als vier Wochen. Zur Einordnung der Stuhlkonsistenz kann übrigens die Bristol-Stuhlformen-Skala zum Einsatz kommen.

Anamnese: Der wichtigste diagnostische Baustein

Bei gesicherter chronischer Diarrhoe kann eine gründliche Anamnese wichtige Hinweise auf die Ursache liefern. Relevante Aspekte sind dabei:

Bei der Anamnese sollte zudem gezielt geklärt werden, ob tatsächlich eine Diarrhoe vorliegt oder ob es sich eher um Stuhlinkontinenz handelt. Manche Patienten können dies nicht eindeutig unterscheiden und berichten von „Durchfällen“, obwohl es sich in Wahrheit um Inkontinenzereignisse handelt.

Auf Alarmzeichen achten

Übrigens: Deuten Hinweise wie Blut im Stuhl, plötzliche Veränderungen der Stuhlgewohnheiten oder ein ungewollter Gewichtsverlust auf eine entzündliche oder maligne Erkrankung hin, ist rasches Handeln erforderlich – unabhängig von der Symptomdauer.

Was zählt zur laborchemischen Basisdiagnostik?

Nicht bei allen Betroffenen mit chronischer Diarrhoe ist sofort eine umfangreiche Labordiagnostik oder eine Koloskopie erforderlich. Folgende Parameter sollten jedoch im Rahmen der Basisdiagnostik bestimmt werden:

Essentiell ist außerdem die -Serologie (Gesamt-IgA, Anti-Transglutaminase-IgA). Aus dem Stuhl sollten Calprotectin (physiologischer Referenzwert: < 50 µg/g) und Pankreaselastase bestimmt werden. Letztere kann bei Diarrhoe jedoch falsch-negativ ausfallen. Zusätzlich ist eine mikrobiologische Stuhldiagnostik inklusive Clostridioides-Testung empfehlenswert.

Bildgebung und Endoskopie: Weiterführende Diagnostik bei Bedarf

Je nach Befundkonstellation und Verdachtsdiagnose kann zur weiteren Abklärung die apparative Diagnostik hilfreich sein:

Wenn die Basisabklärung nicht reicht: differenzierte Spezialdiagnostik

Je nach klinischem Verdacht kommen weitere Untersuchungen in Frage:

Was, wenn alles unauffällig ist?

Nach Ausschluss organischer oder medikamenteninduzierter Ursachen kann ein Reizdarmsyndrom mit Diarrhoe-Dominanz diagnostiziert werden. Mit einer Prävalenz von etwa 20 % zählt es zu den häufigsten gastroenterologischen Erkrankungen. Wichtig ist: Es handelt sich um eine Ausschlussdiagnose, die nur gestellt werden sollte, wenn keine charakteristischen Befunde für andere Erkrankungen vorliegen. Empfehlungen hierzu bietet die Reizdarm-Leitlinie der DGVS.

Fazit: Diagnostisches Vorgehen mit Augenmaß

Chronische Diarrhoe ist ein Leitsymptom zahlreicher Erkrankungen. Eine strukturierte Anamnese, abgestufte Diagnostik und gezielter apparativer Einsatz führen in vielen Fällen zur Diagnose. Entscheidend ist, relevante Hinweise frühzeitig zu erkennen und das weitere Vorgehen daran auszurichten. Unabhängig von der Dauer der Beschwerden gilt: Bei Alarmsymptomen ist eine rasche und gründliche Abklärung zwingend erforderlich.

Quelle:
  1. Weidlich, Simon, Dr. med., TUM Universitätsklinik. Vortrag: Chronische Diarrhoe. Sitzung: Leitsymptome in der Gastroenterologie – Systematische Abklärung, Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin 2025, Wiesbaden, 05.05.2025.