HCV-Eradikation: Rückschläge und Chancen durch COVID-19

Eigentlich war es das erklärte Ziel der Weltgesundheitsorganisation, die chronische Hepatitis C bis 2030 zu eliminieren. Die Neuansteckungsrate sollte bis dahin um 90% sinken, die Mortalitätsrate um mehr als 65%. Jedoch kam dann im vergangenen Jahr COVID-19 hinzu und führte zu ungeplanten Unterbrechungen in der Versorgung von HCV-Patient:innen. Wie diese Rückschläge dennoch in Chancen umgewandelt werden können, war unter anderem Gegenstand auf der UEG Week 2021.

Hepatitis-C-Eliminierung bis 2030 noch zu erreichen?

Eigentlich war es das erklärte Ziel der Weltgesundheitsorganisation, die chronische Hepatitis C bis 2030 zu eliminieren. Die Neuansteckungsrate sollte bis dahin um 90% sinken, die Mortalitätsrate um mehr als 65%. Jedoch kam dann im vergangenen Jahr COVID-19 hinzu und führte zu ungeplanten Unterbrechungen in der Versorgung von HCV-Patient:innen. Wie diese Rückschläge dennoch in Chancen umgewandelt werden können, war unter anderem Gegenstand auf der UEG Week 2021. 

Seit einigen Jahren stehen den Ärztinnen und Ärzten sehr wirksame Medikamente zur Behandlung der chronischen Virushepatitis C zur Verfügung. Um jedoch das Ziel zu erreichen, die Infektion bis 2030 weltweit zu eradizieren, müssen Infizierte frühzeitig diagnostiziert werden. So entwickelte sich beispielsweise in vielen Ländern Europas der sogenannte "Test-and-Cure"-Ansatz bei HCV. Dieser beinhaltet den möglichst umgehenden Therapiebeginn nach HCV-Diagnose.

Darüber hinaus lässt sich der HCV-Test sehr einfach mit anderen Tests kombinieren, so z. B. mit HIV und Tuberkulose. Dadurch sinkt gleichzeitig das Risiko für eine Ausbreitung weiterer Infektionskrankheiten. Durch niedrigschwellige und einfach zu implementierende Testangebote konnten Diagnostik und Therapie im Bereich der HCV zudem weiter dezentralisiert werden. So ließe sich am Ende über Netzwerke bis in den ländlichen Raum hinein testen. 

COVID-19 wirft die HCV-Bekämpfung um Jahre zurück

Doch dann kam 2020 das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 und trat binnen weniger Wochen seinen beispiellosen Siegeszug rund um die Welt an. Für die Bemühungen, die HCV bis 2030 weltweit zu eliminieren, bedeutete das Auftreten von COVID-19 indes einen ernsten Rückschlag.

Angebote zur Diagnose und Therapie der HCV wurden in Zeiten der Kontaktbeschränkungen unterbrochen. Der Zugang zu den notwendigen Medikamenten verschlechterte sich. Die Diagnostik trat schließlich hinter SARS-CoV-2 zurück. Ebenso erschwerend kam hinzu, dass Klinikpersonal, welches zuvor in der HCV-Versorgung eingesetzt worden war, abgezogen und COVID-Patient:innen zugeteilt wurde. Dadurch fehlten vielerorts sowohl personelle als auch materielle Ressourcen für die HCV-Elimination. 

Studien aus den USA zeigten hier zudem sehr eindrucksvoll, dass infolge der Coronapandemie die Zahl der HCV-Tests im stationären Bereich um etwa 21%, im ambulanten Bereich sogar um 72% einbrach. Und das hat in der Tat Folgen, so erste mathematische Modellrechnungen.

Demnach kommt es sehr wahrscheinlich zwischen 2020 und 2030 zu circa 900.000 weniger HCV-Neudiagnosen weltweit und zu mehr als einer dreiviertel Million weniger Behandlungsstarts. Dies führt bis 2030 zu schätzungsweise etwa 120.000 mehr Fällen chronischer Virushepatitis C, zu 72.000 mehr leberassoziierten Todesfällen sowie zu mehr als 620.000 virämischen HCV-Infektionen weltweit. Zusätzlich rechnen die Expert:innen in der Folge mit bis zu 45.000 mehr Leberkarzinomen bis 2030. Besonders betroffen sind die Regionen Westeuropa, Brasilien, Australien und Nordamerika.

COVID-19 bietet auch Chancen für die HCV-Elimination

Auf der anderen Seite sieht die Zukunft im Kampf gegen die Hepatitis C gar nicht so schwarz aus, wie die Rückschläge durch COVID-19 vermuten lassen könnten. So bietet die Coronapandemie ebenso neue Möglichkeiten, wie z. B.:

Darüber hinaus zeigte eine aktuelle Studie aus Italien, wie sich Test-Kombinationen in der Praxis etablieren lassen. So wurde beispielsweise bei jedem COVID-Verdachtsfall auch eine HCV-Diagnostik durchgeführt. Auf diese Weise ließen sich kombiniert weitere Risikopatient:innen identifizieren.

Quo vadis HCV-Elimination?

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass COVID-19 einen negativen Einfluss auf die Entwicklung der HCV hatte, hat und weiterhin haben wird. Auf der anderen Seite sind aber auch alle Werkzeuge für die HCV-Elimination bereits vorhanden. Was jetzt noch fehlt, ist ein Antigen-Schnelltest für Hepatitis C, der die verbreiteten Antikörpertests ersetzen könnte. 

COVID-19 bietet aber gleichermaßen neue Möglichkeiten, die HCV-Elimination weiter voranzutreiben. Diese Möglichkeiten gilt es, weiter zu fördern und zu nutzen. Am Ende sind die so gewonnenen Ergebnisse und Erfahrungen auch übertragbar auf das HBV-Screening und die damit im Zusammenhang stehende Hepatitis D. Solche Synergien sollten gerade jetzt noch stärker genutzt werden, so die Expert:innen abschließend. 

Quelle: Pawlotsky  J-M. IP253 Chronic hepatitis C. Session “Elimination of chronic viral hepatitis: What’s new in 2021?”, UEG Week 2021 (virtual)