Unterschiede im Darmmikrobiom bei Patienten mit und ohne Angstzustände

Eine Pilotstudie zeigt signifikante Unterschiede im Darmmikrobiom zwischen ängstlichen und nicht ängstlichen Personen.

Mikrobiom und Angst: Wichtige Erkenntnisse auf einen Blick

Die Querschnittsuntersuchung (DOI: ) umfasste 119 Patienten einer gastroenterologischen Klinik in den USA. Die Einteilung in die beiden Vergleichsgruppen erfolgte anhand des GAD-7-Fragebogens, in dem die Teilnehmenden den Grad ihrer Ängstlichkeit selbst einstufen konnten. Das Testkollektiv setzte sich schließlich aus 63 Teilnehmenden mit milden bis schweren Angstwerten (GAD-7 ≥ 5) und 56 mit geringen bis keinen Angstwerten (GAD-7 < 5) zusammen. Die Teilnehmenden folgten keiner speziellen Diät und unterschieden sich nicht wesentlich in ihren Ernährungsgewohnheiten. 

Zur Analyse des Mikrobioms wurde bakterielle DNA aus Stuhlproben extrahiert und sequenziert.

Demografische und klinische Merkmale

Beide Gruppen waren hinsichtlich Alter (Durchschnitt 54 vs. 55 Jahre) und Geschlecht ähnlich zusammengesetzt. Signifikant häufiger traten in der Angstgruppe eine Vorgeschichte von Depressionen sowie Reizdarmsyndrom auf. Für andere Komorbiditäten wie , Autoimmunerkrankungen, Morbus Crohn, Hypothyreose oder Hashimoto zeigte sich kein signifikanter Unterschied.

Mikrobiomzusammensetzung im Vergleich

Die Analyse der  ergab deutliche Unterschiede zwischen den Gruppen. In der Angstgruppe war die relative Häufigkeit folgender Bakterien signifikant reduziert:

Demgegenüber waren Clostridioides und Bacteroides häufiger vertreten. Diese Unterschiede deuten auf eine veränderte Mikrobiomstruktur bei ängstlichen Personen hin, vergleichbar mit Befunden aus früheren Studien zu Post-COVID-Syndrom, oder Reizdarmsyndrom.

Bedeutung einzelner Bakteriengruppen

Frühere Studien liefern Hinweise darauf, dass einzelne Bakteriengattungen spezifische Funktionen im Zusammenspiel von Mikrobiom und psychischer Gesundheit übernehmen könnten.

So spielt etwa die Gattung Bifidobacterium eine Rolle in der Modulation des Immunsystems, der Darmbarriere und des zentralen Nervensystems. Ähnliche Zusammenhänge bestehen für Faecalibacterium, das mit niedrigeren Angstwerten und besseren Entzündungsparametern assoziiert wird. Ein Rückgang dieser Bakterien könnte über eine verminderte Produktion kurzkettiger Fettsäuren wie Butyrat neuroinflammatorische Prozesse begünstigen – ein möglicher Mechanismus in der Entstehung von Angststörungen.

Die erhöhte Präsenz von Clostridioides und Bacteroides in der Angstgruppe wurde in früheren Studien ebenfalls mit schlechterer Lebensqualität und psychischer Symptomatik in Verbindung gebracht.

Komorbiditäten: Psychische und gastrointestinale Symptome überschneiden sich

Patienten mit zeigten darüber hinaus häufiger Begleiterkrankungen wie Reizdarmsyndrom und Depression. Diese Assoziation unterstützt die Annahme eines bidirektionalen Zusammenhangs zwischen Darmmikrobiom, gastrointestinalen und psychischen Erkrankungen.
Die vorliegenden Ergebnisse passen zudem zu Studien, die eine anhaltende Dysbiose nach COVID-19, insbesondere bei Long-COVID-Patienten mit psychischer Symptomatik, dokumentierten.

Hinweise auf Zusammenhänge – aber keine Kausalität

Die Studie liefert Hinweise auf eine veränderte Mikrobiomzusammensetzung bei Patienten mit selbstberichteten Angstzuständen. Gleichzeitig betonen die Autoren, dass aufgrund des Studiendesigns keine kausalen Rückschlüsse gezogen werden können. Unklar bleibt, ob Dysbiose Ursache oder Folge der Angstsymptomatik ist.
Die Ergebnisse sind zudem durch methodische Limitationen eingeschränkt: kleine Stichprobengröße, fehlende psychiatrische Diagnosestellung, keine Kontrolle von Ernährungsgewohnheiten, Medikation oder Stuhltransitzeit, keine Erfassung von SCFA-Plasmaspiegeln.

Fazit

Auch wenn die Ergebnisse dieser Pilotstudie die Hypothese untermauern, dass das Darmmikrobiom mit Angstzuständen assoziiert ist, bedarf es weiterer Forschung. Künftige Studien mit größeren und ethnisch diverseren Populationen, longitudinalem Design und kontrollierter Erfassung von Einflussfaktoren wie Ernährung und Medikamenteneinnahme sind erforderlich, um die Rolle einzelner Mikrobiota in der Entstehung und Behandlung von Angststörungen genauer zu bestimmen.

Quelle:
  1. Hazan S, von Guttenberg M, Vidal AC, Spivak NM, Bystritsky A. A convenience sample looking at microbiome differences between anxious and non-anxious patients in a GI clinic. Gastroenterol Insights. 2024;15(4):1054–1063. doi:10.3390/gastroent15040072