Umwelteinflüsse bei IBD

Verschiedene Umwelteinflüsse begünstigen oder verhindern den Ausbruch der chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa.Nach Jahrzehnten der Unklarheit haben europäische Wissenschaftler Risikoabschätzungen zusammengeführt und in einer Meta-Analyse von Meta-Studien ("Umbrella-Untersuchung") ausgewertet.

Neun Umweltfaktoren erhöhen das Risiko für IBD – sieben andere senken es

Verschiedene Umwelteinflüsse begünstigen oder verhindern den Ausbruch der chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED, IBD) Morbus Crohn (CD) und Colitis ulcerosa (UC). Nach Jahrzehnten der Unklarheit und teils spekulativen Angaben haben europäische Wissenschaftler 183 Risikoabschätzungen für 71 Umweltfaktoren aus 53 Meta-Studien zusammengeführt und in einer Meta-Analyse von Meta-Studien ("Umbrella-Untersuchung") ausgewertet.1

Als statistisch signifikante Faktoren, die das Risiko einer IBD erhöhen, identifizierten sie (Faktor und betroffenes Erkrankungsbild):

Diesem Befund standen sieben risikosenkende Faktoren gegenüber:

Darüber hinaus fanden die Forscher 11 risikoerhöhende und 16 risikosenkende Faktoren, von denen zwar jeder mit einem Trend verbunden war, aber keiner tatsächlichen Signifikanz (p < 0,05) erreichte (vgl. Tab. 1).1

Design der Untersuchung

Die Frage, welche Umwelteinflüsse IBD fördern oder verhindern, ist seit Jahrzehnten umstritten. Mit ihrer Umbrella-Studie haben die Forscher um Daniele Piovani von der Abteilung für biomedizinische Wissenschaft der Humanitas Universität in Mailand, Italien,  jedoch einen deutlichen Schritt zu einer abschließenden Klärung des Problems getan.

Tab. 1: Risikofaktoren für den Ausbruch von CED nach Erkrankungstyp und Stärke der Evidenz (nach [1])

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Die so identifizierten Studien überprüften die Wissenschaftler mit Hilfe eines Bewertungstools (AMSTAR 2) auf ihre Qualität und ordneten sie einer von vier Qualitätskategorien zu: hoch, mittel, niedrig und kritisch niedrig. Keine der verwendeten Studien wurde besser als "niedrig" bewertet. Grund dafür war zumeist das Fehlen von Studienprotokollen. Die Autoren bemerkten jedoch eine vorsichtigere Formulierung von Ergebnissen, die nach dem Jahr 2000 publiziert wurden. Die Autoren erkennen darin Fortschritte beim Design und im Umgang mit entsprechenden Studien, die im Allgemeinen auf eine steigende Qualität der einschlägigen Forschungsarbeiten hinweise.Im Anschluss an eine umfassende Literaturrecherche für die Jahre 1989–2018 berücksichtigten die Wissenschaftler ausschließlich epidemiologische Metastudien mit mindestens 1.000 Teilnehmern und einer Irrtumswahrscheinlichkeit von p < 0,001 bezüglich der untersuchten Risikofaktoren. Dadurch sollten irrtümlich falsch positive Befunde nach Möglichkeit von Beginn an ausgeschlossen werden.

Ist damit endgültige Klarheit erreicht?

Mitnichten sei ihre Untersuchung als endgültig anzusehen, formulieren Piovani und Kollegen. Zu viele Schwächen weise auch ihre Untersuchung auf Basis einer großen Zahl von Meta-Analysen auf. Dazu zählten unter anderem:

Dennoch stelle die bisher einzigartige Untersuchung einen Fortschritt bei der Bestimmung von klinisch relevanten Risikofaktoren von IBD dar. Weitere qualitativ hochwertige prospektive Studien seien jedoch erforderlich, um sicher zwischen Ursachen und Folgen von IBD unterscheiden zu können und die Stärke einzelner Einflussgrößen für alle Patientengruppen und -ethnien beurteilen zu können.

Quelle:
1. Piovani D, et al. Environmental Risk Factors for Inflammatory Bowel Diseases: an Umbrella Review of Meta-analyses. Gastroenterology. 2019 Apr 20. pii: S0016-5085(19)36709-5. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/31014995