Medulläre Fibroblasten des Thymus entscheidend für zentrale Toleranz

In der Immunologie besitzen Fibroblasten eine entscheidende Rolle bei der Selbsttoleranz, nicht zuletzt durch ihr Angebot an unterschiedlichen Selbstantigenen. Zu diesem Ergebnis ist eine Forschungsgruppe aus Tokio gekommen.

T-Lymphozyten und die Bildung körpereigener Antigene

Aus immunologischer Sicht besitzen Fibroblasten eine entscheidende Rolle bei der Selbsttoleranz, nicht zuletzt durch ihr Angebot an unterschiedlichen Selbstantigenen. Zu diesem Ergebnis ist eine Forschungsgruppe aus Tokio Ende August gekommen. Aus meinem Medizinstudium kann ich mich noch daran erinnern, dass Fibroblasten Zellen mesenchymalen Ursprungs sind und entscheidend am Auf- und Abbau der extrazellulären Matrix beteiligt sind. Sie sind ein Hauptbestandteil des menschlichen Bindegewebes. Verbinden sich die Fortsätze verschiedener Fibroblasten miteinander, so entstehen Zonulae occludentes. Sie können Kollagenfasern synthetisieren und durch die Produktion von Kollagenasen wieder abbauen. Fibroblasten besitzen darüber hinaus die Fähigkeit zu phagozytieren. Sie spielen eine zentrale Rolle bei Prozessen der Wundheilung. Im heutigen Beitrag erfahren wir, welche Rolle Fibroblasten in der Selbsttoleranz spielen.

Die Kunst der Selbsttoleranz

Selbsttoleranz heißt, das Immunsystem reagiert nicht auf körpereigene Antigene. Die zentrale Toleranz hat ihren Ursprung im Thymus. Dort werden bei der Entwicklung von T-Lymphozyten diejenigen T-Lymphozyten-Zelllinien negativ selektiert, die auf körpereigene Antigene potentiell reagieren können. Es kommt zu einer klonalen Deletion. Im Thymus sind jedoch nicht alle im menschlichen Körper vorkommenden Selbstantigene vertreten. Die periphere Toleranz basiert auf 3 Mechanismen und sorgt dafür, dass autoreaktive ausdifferenzierte T-Lymphozyten durch Anergie, Deletion oder Suppression inaktiviert bzw. apoptisch werden.1

Selbsttoleranz ohne Lymphotoxin fast undenkbar

Lymphotoxin spielt eine entscheidende Rolle in der Selbsttoleranz. Bisher konnte der genaue Mechanismus nicht geklärt werden. Lymphotoxin - auch als Tumornekrosefaktor-beta bekannt - ist ein Protein, das von aktivierten T-Lymphozyten gebildet wird, um Tumorzellen zu vernichten. Dieses Effektormolekül entfaltet seine Wirkung nach Aufnahme in seine Zielzelle. Es spielt auch eine Rolle bei der Bekämpfung intrazellulärer Bakterien. Der Lymphotoxin-beta-Rezeptor ist essentiell für die physiologische Entwicklung des Immunsystems. Er ist involviert in Prozesse der T-Lymphozytenreifung und der Modulation des Thymusmikroenvironments.2

Entfernung des Lymphotoxin-beta-Rezeptors führte zu autoimmunen Phänotyp

Die Fibroblasten im Thymus scheinen durch die Produktion unterschiedlicher Selbstantigene eine entscheidende Rolle bei der Schaffung der zentralen Toleranz zu sein. In der Studie wurden Oberflächenmarker medullärer Fibroblasten des Thymus anhand ihrer Trankriptom-Profile im Mausmodell identifiziert. Medulläre Fibroblasten des Thymus waren die stromalen Zellen mit der höchsten Lymphotoxin-beta-Rezeptor-Expression. Die Forschungsgruppe konnte zeigen, dass die Reifung der medullären Fibroblasten und die Genexpression dieser Zellen lymphotoxin-abhängig geschehen. Lymphotoxin-Quellen sind in der Entwicklung befindliche Thymozyten. Durch die Entfernung des Lymphotoxin-beta-Rezeptors auf Fibroblasten des Thymus entstand ein autoimmuner Phänotyp. Dieser zeigte eine reduzierte Expression der gewebe- und fibroblasten-spezifischen Antigene. Die Forschungsgruppe konnte in ihrem Mausmodell zeigen: ohne den Lymphotoxin-beta-Rezeptor auf den medullären Fibroblasten des Thymus gibt es keine Selbsttoleranz.3

Im kommenden Beitrag erfahren wir, welcher Zusammenhang zwischen dem Immunsystem und der Entstehung der Depression besteht.4

Referenzen:
1. Janeway C. A. et al. (2001). Immunobiology: The Immune System in Health and Disease. 5th edition. New York: Garland Science; 2001.
2. Die Rolle des Lymphotoxin-beta-Rezeptors bei der natürlichen Immunantwort (2005). Biologisch-Medizinisches Forschungszentrum der Heinrich Heine Universität Düsseldorf.
3. Nitta, T. et al. (2020). Fibroblasts as a source of self-antigens for central immune tolerance. Nat Immunol 21, 1172–1180 (2020). 
4. Papplardo J. L. et al. (2020). Transcriptomic and clonal characterization of T cells in the human central nervous system. Science Immunology.