Fortsetzung: Wie beeinflussen virale Koinfektionen das (Long-)COVID-Risiko?

Neue Erkenntnisse deuten auf unterschiedliche Auswirkungen chronischer viraler Koinfektionen auf die Wahrscheinlichkeit der Entwicklung eines Long-COVID hin und könnten prädiktiv für unterschiedliche syndromale Muster sein.

Leitlinien-Update zur Therapie

Differenzielle Effekte des CMV-Serostatus auf akutes versus Long-COVID

Einige Arbeiten vermuten, dass vorbestehende chronische Virusinfektionen mit Zytomegalieviren (CMV) oder dem Humanen Immundefizienz-Virus (HIV) sowohl die akute SARS-CoV-2-Infektion als auch postakute Folgeerkrankungen beeinflussen können. Unter anderem kann beispielsweise eine CMV-Seropositivität mit schwereren akuten Coronavirus-Erstinfektionen einhergehen. Laut einer Analyse der Perelman School of Medicine, Philadelphia, ist eine latente CMV-Infektion mit einer mehr als doppelt so hohen Hospitalisationsrate aufgrund einer SARS-CoV-2-Infektion verbunden.2 Für Long-COVID fehlte es aber noch an Daten – bislang.1-3 In diesem Bereich tut sich inzwischen etwas.

Die in Teil I bereits zitierte Studie3 ergab zum einen, dass Long-COVID-Symptome in einer postakuten Kohorte mit serologischen Markern für eine kürzlich erfolgte EBV-Reaktivierung verknüpft waren. Weiter berichtet das Team, dass vorbestehende HIV-Infektionen ebenfalls unabhängig mit neurokognitivem Long-COVID assoziiert waren (OR 2,5). Und zum anderen war die Wahrscheinlichkeit für neurokognitives Long-COVID bei Teilnehmern mit serologischem Nachweis einer früheren CMV-Infektion geringer (OR 0,52) und die Beeinträchtigung durch Long-COVID war bei diesen Personen tendenziell kleiner (OR 0,44 für >5 berichtete Symptome). Die Analyse wurde um Teilnehmerfaktoren, Stichprobenzeitpunkt, Komorbiditäten und vorausgehende Hospitalisation bereinigt.3

Untersuchung des CMV-Serostatus könnte für zukünftige mechanistische Evaluation von COVID-19 bedeutsam sein 

Der Umstand, dass eine CMV-Seropositivität mit erhöhter systemischer Inflammation, aber einem geringeren Risiko für Long-COVID einherging, veranlasste die Forschergruppe dazu, die Analyse um den CMV-Serostatus zu bereinigen. Dies stärkte die in Vorarbeiten beschriebenen Assoziationen zwischen persistierender Immunaktivierung und Long-COVID-Symptomen.5,6 "Dieses Resultat legt nahe, dass von CMV unabhängige Entzündungsursachen sehr wahrscheinlich der Treiber für das Long-COVID-Risiko sind und dass die Quelle der Inflammation einen größeren Einfluss auf das Risiko haben könnte als schlicht systemische Inflammation per se", schließt das Paper.3

Weitere Studien von SARS-CoV-2 und anderen Viren sowohl während der akuten Infektion als auch der Rekonvaleszenz sind nötig, um herauszufinden, ob diese Zusammenhänge kausale Auswirkungen viraler Koinfektionen wiedergeben oder andere wichtige Wirtsfaktoren bestehen, die mit der Häufung viraler Koinfektionen Hand in Hand gehen. 

Quellen

  1. Weber, S. et al. CMV seropositivity is a potential novel risk factor for severe COVID-19 in non-geriatric patients. PLOS ONE 17, e0268530 (2022).
  2. Alanio, C. et al. Cytomegalovirus latent infection is associated with an increased risk of COVID-19-related hospitalization. J Infect Dis jiac020 (2022) doi:10.1093/infdis/jiac020.
  3. Peluso, M. J. et al. Impact of Pre-Existing Chronic Viral Infection and Reactivation on the Development of Long COVID. 2022.06.21.22276660 Preprint at https://doi.org/10.1101/2022.06.21.22276660 (2022).
  4. AWMF Leitlinie Long/ Post-COVID. https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/020-027.html.
  5. Peluso, M. J. et al. Markers of Immune Activation and Inflammation in Individuals With Postacute Sequelae of Severe Acute Respiratory Syndrome Coronavirus 2 Infection. J Infect Dis 224, 1839–1848 (2021).
  6. Peluso, M. J. et al. Plasma Markers of Neurologic Injury and Inflammation in People With Self-Reported Neurologic Postacute Sequelae of SARS-CoV-2 Infection. Neurology - Neuroimmunology Neuroinflammation 9, (2022).

    letzter Zugriff auf Websites: 20.08.22