Endovaskuläre Rekanalisation bei Lungenembolie - kommt der Paradigmenwechsel?

Die intraarterielle kathetergestützte lokale Thrombolyse ist eine feste Größe bei der Behandlung der akuten Extremitätenischämie. Haben endovaskuläre Therapien auch bei akuter LAE eine Zukunft?

Die diagnostische Herausforderung bei der LAE

Besteht ein Verdacht auf eine LAE, sollte eine CT-Angiographie zeitnah erfolgen, damit die Therapie bei Diagnosesicherung unverzüglich begonnen wird. Nach wie vor ist das Vorliegen eines Kreislaufschocks maßgebend für die Unterscheidung zwischen "Hochrisiko"- und "Nicht- Hoch-Risiko"-Konstellation. Dies entscheidet schon früh über den weiteren therapeutischen Weg und darüber, ob eine aktive Reperfusionstherapie mittels Fibrinolytika eingeleitet wird. Hämodynamische Instabilität ist definiert durch:

Endovaskuläre Verfahren als Game changer?

Während die perkutane Katheter-gestützte Thrombektomie der Goldstandard bei der Therapie von Schlaganfall und Herzinfarkt geworden ist, haben sich mechanische Rekanalisationsverfahren bei der akuten LAE nicht durchgesetzt. Eine neue Generation von Devices soll dies jedoch nun ändern. Die intraarterielle kathetergestützte lokale Thrombolyse ist mittlerweile ein fest etabliertes Verfahren für die Behandlung der akuten Extremitätenischämie, und wird mittlerweile bei der Behandlung der akuten LAE vermehrt eingesetzt. In der ULTIMA-Studie3 wurden 49 Patienten mit einer zentralen LAE und Rechtsherzbelastung (RHB) bei noch stabiler Hämodynamik in die Gruppen "EKOS plus Antikoagulation" vs. "alleinige Antikoagulation" randomisiert. Im Interventionsarm waren die echokardiographischen Zeichen einer Rechtsherzbelastung binnen 24 h signifikant rückläufig, wohingegen in der Patientengruppe, die nur Heparin ohne Fibrinolyse erhielt, keine schnelle Verbesserung der RHB zu verzeichnen war. In der FLARE-Studie4 wurde ein weiteres endovaskuläres Verfahren zur mechanischen Aspirationsthrombektomie (FlowTriever, Inari medical) geprüft. Hierbei werden Thromben oder Emboli in den Lungengefäßen mithilfe eines Aspirationskatheters abgesaugt. In diese multizentrische Studie wurden 106 Patienten eingeschlossen, die eine akute zentrale LAE aufwiesen. Auch bei dieser Studie war das Verfahren sicher und effektiv, und die Rechtsherzbelastung deutlich rückläufig, während nur 1% der Patienten an einer Blutung verstarben.  

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Patienten mit mittlerem und hohem Risiko (Einteilung nach ESC) von einer mechanischen Thrombektomie oder einer lokalen Thrombolyse profitieren können, ohne das Blutungsrisiko zu erhöhen. Durch die endovaskulären Verfahren kann kurzfristig die vorhandene Rechtsherzbelastung deutlich reduziert werden, in der Hoffnung, hiermit der akuten Herzdekompensation vorzubeugen und auch langfristig die Entwicklung einer pulmonalen Hypertonie verhindern zu können. Bislang gibt es wenig Studiendaten zum Nutzen/Risiko-Profil dieser Methode. Die kommenden prospektiven randomisierten Studien werden uns aber zeigen, ob eine neue Ära in der Therapie der Lungenembolie mittels endovaskulärer Verfahren beginnt.

 
Quellen:
  1. Andersson T, Soderberg S: Incidence of acute pulmonary embolism, related comorbidities and survival; analysis of a Swedish national cohort. BMC Cardiovasc Disord 2017; 17 (1): 155
  2. Lankeit M, Hobohm L, Konstantinides S: Akute Lungenembolie – Update 2018. Kardio up2date 2018; 14 (01)
  3. Kucher N, Boekstegers P, Muller OJ, Kupatt C, Beyer-Westendorf J, Heitzer T, et al. Randomized, controlled trial of ultrasound-assisted catheter-directed thrombolysis for acute intermediate-risk pulmonary embolism. Circulation 2014; 129: 479–86.
  4. Thomas Tu, Catalin Toma, Victor F. Tapson, et al.: A Prospective, Single-Arm, Multicenter Trial of Catheter-Directed Mechanical Thrombectomy for Intermediate-Risk Acute Pulmonary Embolism: The FLARE Study, JACC: Cardiovascular Interventions, Volume 12, Issue 9, 2019.
  5. Modern management of acute pulmonary embolism: state of the art - ESC Congress 2022 - Topic: Acute Pulmonary Embolism - 27 August 2022 - 14:00 - 15:15