Fettlebererkrankungen im Fokus: Prof. Teufel über neue Therapien und die Rolle der Fachärzte

Prof. Teufel beleuchtet im Interview die neuesten Entwicklungen bei Fettleber- und cholestatischen Erkrankungen. Die esanum Expertenrunde 2025 bietet eine relevante Fortbildung für die tägliche Praxis.

Interview mit Prof. Andreas Teufel

esanum: Herr Professor Teufel, die Behandlung von Fettlebererkrankungen wandelt sich durch den Erfolg von GLP-1-Rezeptoragonisten wie Semaglutid. Könnten Sie uns einen kurzen Einblick geben, warum die Frage nach neuen Medikamenten im Vergleich zu Semaglutid und bariatrischen Operationen so relevant für die klinische Praxis ist?

Prof. Andreas Teufel: Zunächst einmal ist es eine Erkrankung, die sehr viele Menschen in Deutschland betrifft. Wir gehen davon aus, dass jeder vierte bis fünfte Erwachsene in Deutschland an einer leidet. Allein diese hohe Prävalenz macht die Fettleber zu einem wichtigen gesundheitspolitischen Thema.

Des Weiteren haben wir gelernt, dass die Fettleber mit zahlreichen Begleiterkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems einhergeht, insbesondere und Schlaganfall. Daher ist die Behandlung der Fettleber von entscheidender Bedeutung. Interessanterweise kann die Leber hier als Frühwarnsystem dienen, da wir die Verfettung im Vergleich zu kardiovaskulären Erkrankungen relativ früh erkennen können. Eine frühe Diagnose ermöglicht eine frühzeitige Therapie.

Bezüglich Ihrer Frage nach den Medikamenten: Derzeit ist in Deutschland noch keines der neuen Medikamente spezifisch für die Behandlung der Fettleber zugelassen. Während Resmetirom in den USA bereits zugelassen ist, sind GLP-1-Agonisten in Deutschland zwar verfügbar, jedoch bisher nicht für die Behandlung der Fettlebererkrankung zugelassen. Patienten müssen die Kosten hierfür selbst tragen. Daher ist die Erforschung von Wirkmechanismen und Wirksamkeitsnachweisen dieser Medikamente essenziell, um die Versorgung der großen Patientenzahl signifikant zu verbessern.

Cholestatische Lebererkrankungen: Neue therapeutische Optionen

esanum: Bei cholestatischen Lebererkrankungen haben wir in den letzten Jahren auch einige neue Therapieoptionen gesehen. Welche neuen Medikamente werden Sie in Ihrem Vortrag vorstellen und welche praktischen Anwendungshinweise können die Teilnehmer denn erwarten?

Prof. Andreas Teufel: Lange Jahre stand uns nur Ursodeoxycholsäure zur Verfügung. Obeticholsäure war für einige Jahre zugelassen, die Zulassung wurde jedoch kürzlich von der Europäischen Zulassungsbehörde zurückgezogen. Dies schafft die Notwendigkeit, auf neue Medikamente zurückzugreifen, die Anfang dieses Jahres zugelassen wurden: Elafibranor und Seladelpar.

In meinem Vortrag werden wir sehr ausführlich die Wirkmechanismen dieser Medikamente besprechen. Interessanterweise zeigen sie auch positive Effekte auf Symptome wie und Fatigue, die bei cholestatischen Lebererkrankungen häufig auftreten. Wir werden zudem diskutieren, wie eine Umstellung der Medikation bei Patienten erfolgen kann, die bisher anders behandelt wurden, und welche Dosierungen sowie mögliche Nebenwirkungen zu beachten sind.

Gemeinsame Versorgung von Leberpatienten

esanum: Als wissenschaftlicher Leiter der Fortbildungsveranstaltung, welchen besonderen Mehrwert sehen Sie für Hepatologen, Gastroenterologen und Internisten, die an dieser Expertenrunde teilnehmen?

Prof. Andreas Teufel: Es ist von größter Bedeutung, zu erkennen, dass wir Lebererkrankungen aufgrund der hohen Patientenzahlen nur gemeinsam behandeln können. Dies erfordert eine enge Kooperation zwischen niedergelassenen Hausärzten, niedergelassenen Spezialisten (Gastroenterologen, Hepatologen) und den universitären Ambulanzen.

Angesichts der schieren Menge an Patienten ist es uns sehr wichtig, den Hausärzten praxisrelevante Strategien und klare Selektionskriterien an die Hand zu geben. Wir müssen gemeinsam besprechen: Welche Patienten können in der Hausarztpraxis weiterversorgt werden? Dies betrifft insbesondere Patienten mit hinreichenden Hinweisen auf eine Fettlebererkrankung, bei denen der erste Schritt eine Gewichtsabnahme oder eine bessere Einstellung des Diabetes mellitus sein sollte. Wir müssen aber auch besprechen, welche Patienten eine schwerwiegende Lebererkrankung aufweisen, wie beispielsweise eine Leberzirrhose, einen Lebertumor oder eine autoimmune Lebererkrankung, die dann eher in spezialisierten Zentren behandelt werden sollten.

Wandel in der Leberbehandlung und die Rolle der Kooperation

esanum: Wie hat sich Ihrer Erfahrung nach die Behandlung von Lebererkrankungen in den letzten Jahren verändert und welche dieser Entwicklungen halten Sie für besonders wichtig für die tägliche Praxis der teilnehmenden Ärzte?

Prof. Andreas Teufel: Meiner Erfahrung nach hat sich die Behandlungslandschaft dahingehend verändert, dass die Behandlungsressourcen zunehmend auf die Hochschulambulanzen zugeschnitten werden, wo wir eine sehr hohe Patientenzahl sehen. Dies ist auch ein wichtiger Grund, warum wir diese Veranstaltungen gemeinsam mit Professor Tacke und Professor Weiß immer wieder durchführen: Wir möchten gemeinsam mit unseren niedergelassenen Kollegen Strategien für die kooperative Patientenversorgung und eine sinnvolle Aufgabenaufteilung zwischen niedergelassenen Hausärzten, niedergelassenen und Hepatologen sowie uns in den Hochschulambulanzen erörtern. Es ist uns sehr wichtig, dass Teile der Behandlung – wie bereits erwähnt, insbesondere bei der Fettleber, aber zukünftig vielleicht auch bei bestimmten Virushepatitiden, deren Behandlung zum Teil sehr einfach geworden ist – auch in niedergelassener Hand erfolgen können.

Hepatitis-Elimination bis 2030: Realität und Facharztbeitrag

esanum: Am 28. Juli ist der World Hepatitis Day. Wie realistisch ist die WHO-Vision der Hepatitis-Elimination bis 2030 in Deutschland und was können Fachärzte dazu beitragen?

Prof. Andreas Teufel: Das ist ein großes Thema, und wir sind in Deutschland bei der Erreichung dieses Ziels nicht ganz führend. Ich glaube, wir können es schaffen, fast alle Patienten zu diagnostizieren. Es zeigt sich jedoch, dass wir mittlerweile doch gewisse Ressourcen-, Kapazitäts- oder Behandlungsplatzprobleme in Deutschland haben. Wir haben eine Reihe von Patienten, die zwar diagnostiziert sind, aber bisher keiner Behandlung zugeführt wurden. Ich glaube, das ist etwas, das wir verbessern müssen und wollen. Mit unseren Veranstaltungen werben wir immer wieder dafür, mit den niedergelassenen Hausärzten und fachärztlichen Kollegen eine gemeinsame Behandlungsstrategie für diese Patientengruppe zu besprechen, um möglichst viele Ressourcen für die Behandlung auch von Virus-Hepatitis-Patienten zu mobilisieren.

Das brennendste Thema unter Hepatologen

esanum: Und was ist aktuell das brennendste Thema unter Hepatologen, das kein Kollege verpassen sollte?

Prof. Andreas Teufel: Ich glaube, das Problem, das uns alle am meisten beschäftigt, sind die Fettlebererkrankungen, einfach aufgrund der enormen Patientenzahl. Nochmals: Jeder vierte bis fünfte Erwachsene in Deutschland, das sind 16 bis 20 Millionen Menschen, leidet an einer Fettlebererkrankung. Eines der dringendsten Probleme ist, wie wir diese Patienten alle screenen und vor allem dann auch behandeln wollen; Diese Patienten haben ferner ein deutlich höheres Risiko für Myokardinfarkt und Schlaganfall. Das bedeutet, dass wir alle Patienten mit Fettlebererkrankung auch auf kardiovaskuläre Risikoprofile untersuchen und hier Prävention betreiben müssen. Gleichzeitig haben wir bei frühzeitiger Erkennung sehr gute Möglichkeiten der Prävention, um schwere Folgen dieser Erkrankungen von vornherein zu verhindern.

esanum: Welche drei Dinge gefallen Ihnen am besten an der Zusammenarbeit mit esanum?

Prof. Andreas Teufel: Ich schätze die sehr professionelle Gestaltung des Programms, den reibungslosen Ablauf der Sendung und der Vorbereitung sowie die angenehme persönliche Interaktion während der Programmerstellung.

Expertenrunde: Lebererkrankungen in Klinik und Praxis 2025

Prof. Dr. Dr. med. Andreas Teufel ist Leiter der Sektion Hepatologie an der Universitätsklinik Mannheim sowie wissenschaftlicher Leiter der esanum Expertenrunde "Lebererkrankungen in Klinik und Praxis 2025". Die CME-zertifizierte Online-Fortbildung findet am Mittwoch, den 2.7. ab 16:30 Uhr statt. Die Fortbildung richtet sich an Ärzte/Ärztinnen mit Interesse an Gastroenterologie/Hepatologie und besteht aus einer Abfolge von Impulsvorträgen, die in der Expertenrunde ausführlich diskutiert werden. .