Akuter Myokardinfarkt: Restriktive Transfusionsstrategie ist liberaler Bluttransfusion überlegen

Gemäß der REALITY-Studie hat eine restriktive Bluttransfusion im Vergleich zu einer liberaleren Strategie bei anämischen Patientinnen und Patienten mit akutem Myokardinfarkt keine negativen Auswirkungen auf die klinischen Ergebnisse.

Weniger Infektionen und akute Lungenverletzungen bei restriktiver Transfusionsstrategie

Gemäß der REALITY-Studie, der größten randomisierten Studie in diesem Umfeld, hat eine restriktive Bluttransfusion im Vergleich zu einer liberaleren Strategie bei anämischen PatientInnen mit akutem Myokardinfarkt keine negativen Auswirkungen auf die klinischen Ergebnisse1. Im Gegenteil: Bei der restriktiven Strategie kam es zu weniger Infektionen und akuten Lungenverletzungen. Da auf diesem Wege die insgesamte Blutverwendung als auch die Kosten niedriger waren, wurde diese Methode als die kosteneffektivste angesehen.

Vielerorts besteht Unsicherheit über den Nutzen der Bluttransfusion bei PatientInnen mit AMI. Beobachtungsstudien haben gezeigt, dass diese mit einer höheren Sterblichkeitsrate verbunden ist. Die optimale Transfusionsstrategie bei anämischen PatientInnen mit AMI ist unklar. Es wurden nur 2 kleine randomisierte Studien mit widersprüchlichen Ergebnissen durchgeführt.

In die randomisierte REALITY-Studie wurden 666 Testpersonen (mittleres Alter 77 Jahre; 57% männlich) mit AMI und Hämoglobin (Hgb) 8-10 g/dl während der Krankenhauseinlieferung aufgenommen, die entweder einer liberalen oder einer restriktiven Erythrozyten-(RBC)-Transfusionsstrategie folgten. Bei der restriktiven Strategie wurde die Transfusion verweigert. Es sei denn, das Hämoglobin betrug ≤8 g/dL, mit einem Zielwert von 8-10 g/dl Hgb (n=324). Bei der liberalen Strategie wurde eine Transfusion verabreicht, sobald das Hämoglobin ≤10 g/dL betrug, mit einem Zielwert von >11 g/dl Hgb (n=342).

Verringerte Gesamtmortalität bei restriktiver Strategie

Der primäre Endpunkt setzt sich zusammen aus Gesamtmortalität, Reinfarkt, Schlaganfall und notfallmässiger perkutaner Koronarintervention, die durch eine Ischämie ausgelöst wurde. Sie trat bei 11% der Testpersonen mit restriktiver Strategie auf und bei 14% der Personen mit liberaler Strategie (HR 0,77, P<0,05 für Nichtunterlegenheit, P=0,22 für Überlegenheit). 

Die einzelnen Komponenten des primären Endergebnisses traten bei den Testgruppen in den folgenden Prozentsätzen auf, wobei die erste Zahl für die restriktive und die zweite für die liberale Transfusionsstrategie steht (HR 0,77, P<0,05 für Nichtunterlegenheit, P=0,22 für Überlegenheit):

REALITY-Studie liefert deutliche Ergebnisse

In Bezug auf die Sicherheit war bei Testpersonen, bei deren Behandlung der restriktiven Strategie gefolgt wurde, die Wahrscheinlichkeit, eine Infektion (0% vs. 1,5%; P=0,03) oder eine akute Lungenverletzung zu entwickeln, signifikant geringer als bei der liberalen Strategie (0,3% vs. 2,2%; P=0,03). Die gesamten Krankenhauskosten für 30 Tage betrugen 11.051 € gegenüber 12.572 € (P=0,1).

Die REALITY-Studie spricht deutlich für die Anwendung einer restriktiven Strategie bei Bluttransfusionen für AMI-PatientInnen mit Anämie. Die restriktive Strategie spart Blut, ist sicher und bei der Verhinderung von ischämischen Ereignissen binnen 30 Tagen mindestens ebenso wirksam wie eine liberale Strategie, gleichzeitig spart sie Geld. Ähnliche Ergebnisse zugunsten einer restriktiven Strategie wurden bei postkardialen und nicht-kardialchirurgischen PatientInnen festgestellt.

Referenzen:
1. Steg PG. REALITY - A Trial of Transfusion Strategies for Myocardial Infarction and Anemia. Hot Line 4 session, ESC Congress 2020, 31 Aug.