Studie: Mitral- und Trikuspidalklappe am besten gleichzeitig operieren

Eine Studie im New England Journal of Medicine zeigt jetzt, was die Leitlinien bisher nicht zu klären vermochten: Eine leicht insuffiziente Trikuspidalklappe sollte bei einer Mitralklappen-Rekonstruktion gleich mitbehandelt werden.

Meist ist allerdings Herzschrittmacher nötig

Eine Studie im New England Journal of Medicine zeigt jetzt, was die herzchirurgischen Leitlinien bisher nicht zu klären vermochten: Eine leicht insuffiziente Trikuspidalklappe sollte bei einer Mitralklappen-Rekonstruktion gleich mitbehandelt werden.

"Es ist zwar unstrittig, dass eine schwere Insuffizienz der Trikuspidalklappe stets mit behandelt werden sollte, wenn die Mitralklappe erneuert oder repariert wird. Bei einer moderat undichten Trikuspidalklappe gab es bislang keine wissenschaftlichen Daten. Es wird deshalb sehr unterschiedlich gehandhabt", sagt Prof. Volkmar Falk vom Deutschen Herzzentrum Berlin, der den deutschen Arm der CTSN-TVR-Studie leitete.

Beide Klappen häufig gemeinsam defekt

In der Studie wurden 401 Patient:innen untersucht, die neben einer undichten Mitralklappe auch eine leicht geschädigte Trikuspidalklappe hatten. Beide Klappen sind häufig gemeinsam defekt. Denn dass die Trikuspidalklappe nicht richtig schließt, kann die Folge einer undichten Klappe der benachbarten linken Herzkammer, der Mitralklappe, sein. Das Blut staut sich dann zurück in die Lunge und zur rechten Herzkammer, wodurch auch die Trikuspidalklappe in Mitleidenschaft gezogen werden kann. Ist die Mitralklappe wieder dicht, kann das die Trikuspidalklappe entlasten.

Patient:innen profitieren von gleichzeitiger Behandlung

Die ersten Ergebnisse der Studie sprechen für den gleichzeitigen Eingriff: bei rund 10 Prozent der Patient:innen, bei denen nur die Mitralklappe erneuert wurde, kam es in den ersten zwei Folgejahren zum Fortschreiten der Trikuspidalklappen-Insuffizienz, zur Notwendigkeit eine erneuten Operation oder zum Tod der Patient:innen. Wurden beide Klappen behandelt, trat dieser kombinierte Endpunkt nur bei rund 4 Prozent der Patient:innen auf. Der Unterschied zeigte sich dabei vor allem für die Progression der Trikuspidalklappen-Insuffizienz, während die Sterblichkeit nicht unterschiedlich war.

Allerdings wurde der Vorteil des kombinierten Klappeneingriffes mit einer signifikant erhöhten Rate an Herzschrittmacherimplantationen erkauft. 14 Prozent aus der "Doppelklappengruppe" bekamen noch in der Klinik einen Schrittmacher, in der Mitralklappen-Gruppe waren es nur 2,5 Prozent. Diese Komplikation kann entstehen, weil beim Einsetzen einer neuen Trikuspidalklappe in der Nähe des Reizleitungssystems gearbeitet wird, welches die elektrischen Impulse des Sinusknoten vom Vorhof auf die Herzkammern weiterleitet. "Wir wissen, dass das unter anderem von der Operationstechnik anhängig ist und werden untersuchen, unter welchen Bedingungen die Fälle auftraten und wie sich das verbessern lässt", so Falk.

Langzeitbeobachtung soll weitere Erkenntnisse bringen

Der Studie vorangegangen war eine umfassende und sorgfältige Klassifizierung der Trikuspidalklappen-Insuffizienz mittels klinischer und bildgebender Parameter. "Wir mussten alle dasselbe Verständnis von einer moderaten Trikuspidalklappen-Insuffizienz haben, um sinnvolle wissenschaftliche Ergebnisse zu erhalten", betont Falk als Zusatznutzen der Studie. Dabei habe man von der Zusammenarbeit mit dem hochspezialisierten Cardiothoracic Surgical Trials Network (CTSN) sehr profitiert, so der Herzchirurg. An der Studie beteiligt waren Partner aus den USA, Kanada und Deutschland, wobei Deutschland 20 Prozent der Patient:innen beisteuerte.

Weitere Erkenntnisse erhoffen sich die Forschende von der bis zu fünf Jahre dauernden Nachbeobachtung der Patient:innen. "Wir sehen erst dann, wie sich die unterschiedlichen Operationsmethoden langfristig auf den Zustand der Patienten auswirken", so Falk

Quelle:
Gammie, JS., Falk, V., et al: Concomitant Tricuspid Repair in Patients with Degenerative Mitral Regurgitation.NEJM, 2021 Nov 13.