Nephropathie und Hypertonie bei Diabetes: Aktuelle Leitlinien

Wie sieht die optimale Therapie bei Diabetes mellitus, Bluthochdruck und Niereninsuffizienz aus? Alles Wissenswerte hierzu wurde auf dem Diabetes-Kongress 2022 praxisnah zusammengefasst.

Das sollten Sie über die Behandlung des Diabetes mellitus bei Nephropathie und Hypertonie wissen:

Diabetes mit Komorbiditäten: Tipps zu Screening, Monitoring und Therapie

Die Definition der Behandlungsziele und Therapiekonzepte für Menschen mit Diabetes mellitus (DM), die zudem unter Hypertonie und chronischer Nierenerkrankung (CKD) leiden, ist Thema verschiedener Leitlinien. Hierzu zählen die Expertenempfehlungen der European Society of Cardiology (ESC), der amerikanischen Arbeitsgruppe Kidney Disease: Improving Global Outcomes (KDIGO) und die 2021 aktualisierte Nationale Versorgungs-Leitlinie Typ-2-Diabetes (NVL). Alle hierin wichtigen Aspekte, die zu einem erfolgreichen Krankheitsmanagement der Betroffenen beitragen können, wurden von Dr. med. Ludwig Merker beim Diabetes-Kongress 2022 der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) aufgezeigt:

Bezüglich des systematischen Screenings auf Mikroalbuminurie sollte bei allen Individuen mit CKD regelmäßig das Albumin-Kreatinin-Verhältnis im Urin bestimmt werden (UACR).

Personen mit DM und Niereninsuffizienz sollten nicht mehr als 0,8 g Eiweiß pro kg KG täglich verzehren. Auch beim Salzkonsum ist Zurückhaltung angesagt – dieser sollte unter 5 g pro Tag liegen. Bezüglich einer gesunden Ernährung gibt die Leitlinie der ESC besonders detaillierte Tipps: u. a. wird eine mediterrane Diät, das Meiden gesättigter Fettsäuren, ein reduzierter Zuckerkonsum, viel pflanzliche Kost, ein lediglich gemäßigter Alkoholkonsum (maximal 100 g pro Woche) und mindestens einmal wöchentlich fettreicher Fisch auf dem Speiseplan empfohlen.

Neben der Empfehlung, auf Nikotin zu verzichten, soll auch das Passivrauchen vermieden werden. Die ESC betont zudem, dass durch die Nikotinkarenz das kardiovaskuläre Risiko deutlich reduziert wird, auch wenn als möglicher Nebeneffekt eine Gewichtszunahme auftritt.

Was die körperliche Bewegung angeht, reicht die Empfehlung für Menschen mit Bluthochdruck und CKD von mindestens 150 min (KDIGO) bis zu 300 min Sport pro Woche (ESC). Priorität hat aber die individuelle Umsetzung; demzufolge sollte, auch wenn das empfohlene Maß an aktiver Freizeitgestaltung nicht erzielt werden kann, so viel Sport wie eben möglich von den Betroffenen getrieben werden.

Der anzustrebende HbA1c-Wert sollte bei Personen mit CKD je nach Risikoprofil (u. a. Ausmaß der Nierenerkrankung, Komorbiditäten und Lebenserwartung) maximal 6,5 bzw. 7,5% betragen. Aber nicht immer ist der HbA1c der beste Monitoring-Parameter. Laut Dr. Merker könnte insbesondere bei Individuen mit ausgeprägter Nephropathie (ab dem Stadium G3) alternativ die rhythmische oder kontinuierliche Blutzuckermessung zur Kontrolle der glykämischen Einstellung herangezogen werden.

Bei hohem renalen Risiko oder klinisch relevanter Nierenerkrankung (z. B. eingeschränkte Nierenfunktion ab der Stufe G3, Mikro- oder Makroalbuminurie) wird zusätzlich zu Metformin ein SGLT2-Hemmer oder GLP-1-Rezeptorantagonist eingesetzt. Falls nach drei bis sechs Monaten das Therapieziel nicht erreicht wurde, sollte die Behandlung intensiviert werden.

Bezüglich der Blutdruckeinstellung geht der Trend in Richtung ≤ 120/80 mmHg, jedoch unter Berücksichtigung der jeweiligen Begleitumstände (z. B. Komorbidität, Therapiesicherheit). Zum Erreichen des Zielwertes werden ACE-Hemmer und AT1-Blocker empfohlen.

Die aktuelle NVL bietet hierzu einen Algorithmus zur partizipativen Entscheidungsfindung. Darüber hinaus ist bei Menschen mit Mikroalbuminurie und leichtgradig eingeschränkter Nierenfunktion ohne weitere Begleiterkrankungen ein LDL-Cholesterin von höchstens 70 mg/dl (1,8 mmol/l) und bei Vorliegen kardiovaskulärer Erkrankungen von maximal 55 mg/dl (1,4 mmol/l) anzustreben.

Fazit:

Ein wichtiger Faktor in der Therapie von Personen mit CKD und Hypertonie bei DM ist die zunehmende Individualisierung der Behandlungsstrategie und -ziele. Zur Kontrolle des jeweiligen Therapieregimes sollte die regelmäßige Bestimmung der eGFR und UACR erfolgen, denn eine Besserung dieser Parameter gibt Hinweise zur Effizienz des Behandlungskonzepts und ist prädiktiv für die Prognose.

Quelle: 
Merker, Ludwig, Dr. med., Diabetologie im MVZ am Park Ville d´Eu Haan, Sitzung: Leitlinien zur Nephropathie und Hypertonie bei Diabetes mellitus, Vortrag: Leitlinien zur Nephropathie und Hypertonie bei Diabetes mellitus, Diabetes Kongress 2022, Berlin, 26.05.2022.