Test auf Creutzfeldt-Jakob-Krankheit ohne Lumbalpunktion

Fehlgefaltetes Prionprotein konnte in einer Pilotstudie mittels eines neuen Testverfahrens erstmals in der Tränenflüssigkeit nachgewiesen werden.

Krankheitsspezifische Proteinaggregations- und Amplifikationstests könnten Diagnostik revolutionieren

Die Diagnostik ist jedoch dadurch erschwert, dass die Symptome oft anderen neurodegenerativen oder entzündlichen Erkrankungen des Gehirns ähneln.1,2 Die klinischen Diagnosekriterien beruhten bislang auf einer Kombination aus charakteristischen neuropsychiatrischen Symptomen, 14-3-3-Proteinen im Liquor, MRT und EEG sowie Surrogat-Biomarkern (z.B. stark erhöhter Gesamt-Tau-Wert im Liquor), die Aussagekraft letzterer wurde in Studien jedoch kontrovers beurteilt.3

Ein echter Durchbruch für die sichere Prä-mortem-Diagnose der sporadischen Creutzfeldt-Jakob-Krankheit könnte das PrPSc-Aggregationsassay (RT-QulC) sein, mit dessen Hilfe es einer Forschungsgruppe des Nationalen Referenzzentrums für Transmissible Spongiforme Enzephalopathien an der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) gelungen ist, krankhaft verändertes Prionprotein in der Tränenflüssigkeit nachzuweisen. Dies war bisher nur im Liquor möglich.

Die RT-QulC (Real-Time Quaking-Induced Conversion, RT-QuIC) dient dem Nachweis einer erhöhten Aggregationsneigung des Prionproteins. Das Verfahren ähnelt einer PCR, nur für Proteine. Durch mehrere Amplifikationsschritte werden Eiweiße mit bestimmten krankhaften Eigenschaften bis zur Detektionsgrenze angereichert.4 Die selbstreplizierenden Eigenschaften des abnormen Prionproteins werden nachgeahmt und auch kleinste Mengen dieser Eiweiße werden nachweisbar.

Das Referenzzentrum der UMG war bislang in Deutschland die einzige Einrichtung, welche dieses Verfahren zur CJK-Diagnostik im Liquor anbot.1 Die Forschungsgruppe suchte jedoch nach komplikationsloser zu gewinnenden Körperflüssigkeiten, in denen die RT-QuIC funktioniert. Die Tränenflüssigkeit erscheint hierfür optimal, nicht zuletzt, weil sie auch wenig Störfaktoren mitbringt (z.B. Blutzellen). Der bekannte Test musste hierfür weiterentwickelt und dessen Empfindlichkeit erhöht werden, denn die Konzentration an Eiweißen, die es nachzuweisen gilt, ist in der Tränenflüssigkeit sehr gering. 

Neuer Test erkennt Prionenkrankheit in der Tränenflüssigkeit 

Im New England Journal of Medicine berichtete das Team kürzlich über die erste erfolgreiche Anwendung des modifizierten RT-QuIC-Assays: bei 16 von 19 Patienten (84%) mit sporadischer Creutzfeldt-Jakob Krankheit oder familiären Prionerkrankungen gelang die korrekte Diagnose. Bei 94 Kontrollen mit anderen neurologischen Erkrankungen blieb der Test hingegen negativ.5 Die Sensitivität der neuen Methode sowohl für sporadische als auch für und genetische Formen der CJK war vergleichbar mit den Daten, die parallel mittels Liquoruntersuchungen gewonnen wurden. Liquor-Proben, die per RT-QuIC getestet wurden, zeigten jedoch ein früheres und intensiveres Signal als Tränenflüssigkeit.

Ein weiteres Ergebnis war der Nachweis von Seeding-Aktivität bei gesunden Trägern mit PNRP-Mutation (Prion-Protein-Gen). Dies könnte bedeuten, dass eine Diagnose im asymptomatischen Krankheitsstadium möglich ist, die Forscher halten es aber auch für möglich, dass die Seeding-Aktivität aufgrund der intrinsischen Instabilität des mutierten Proteins auftritt. Langzeitstudien sind geplant, um diese Annahme zu prüfen.

Fazit für die Praxis

Standarduntersuchungen des Liquors werden weiterhin zentral für die Diagnostik sein, da sie aussagekräftiger in Bezug auf mögliche Differentialdiagnosen progredienter neurologischer Erkrankungen sind. Krankheitsspezifische Proteinaggregations- und Amplifikationstests könnten jedoch eine schonende und frühzeitige Diagnose sowie die Überwachung der prion-assoziierten Seeding-Aktivität in verschiedenen Geweben und die Studienüberwachung ermöglichen.3 Die Analyse von Tränenflüssigkeit könnte künftig auch für andere neurodegenerative Erkrankungen, wie z.B. der Parkinson- und Alzheimer-Krankheit, zum Einsatz kommen.
 

Quellen:
  1. Creutzfeldt-Jakob-Krankheit: Verbesserte Testmethode erlaubt erstmals Diagnose über Tränenflüssigkeit.
  2. Creutzfeldt-Jakob-Krankheit: Neue Methoden für die Diagnostik empfohlen (2021).
  3. Hermann, P. et al. Biomarkers and diagnostic guidelines for sporadic Creutzfeldt-Jakob disease. The Lancet Neurology 20, 235–246 (2021).
  4. PrPSc-Aggregationsassay (RT-QulC). Medizinische Laboratorien Düsseldorf.
  5. Schmitz, M. et al. Detection of Prion Protein Seeding Activity in Tear Fluids. New England Journal of Medicine 388, 1816–1817 (2023).

    letzter Zugriff auf Websites: 19.08.23