Wenn die Welt sich dreht: Leitfaden zur Schwindelabklärung

Schwindel kann ein harmloses Symptom sein oder einen Notfall darstellen. Doch wie lässt sich das eine vom anderen unterscheiden?

Die wichtigsten Schwindelsyndrome:

Ausschluss von „red flags“ 

Oberste Priorität beim Leitsymptom ist die Suche nach gefährlichen akuten Ursachen und sogenannten „red flags“. Dazu gehören in erster Linie neurologische, otologische und kardiovaskuläre Begleitsymptome wie Bewusstseinsverlust, akute Hörminderung oder auffällige Vitalzeichen (Hypotonie, Tachykardie, Arrhythmie).

Für die weitere Abklärung ist eine strukturierte Vorgehensweise hilfreich, um die zahlreichen Differentialdiagnosen voneinander abzugrenzen. Bei der Anamnese sollten Dauer und Häufigkeit der Symptome (akut und prolongiert vs. episodisch vs. chronisch) sowie mögliche Triggerfaktoren abgefragt werden. Außerdem können Begleitsymptome, Vorerkrankungen und die aktuelle Medikation wichtige Hinweise liefern. 

Wichtig: Von einer bestimmten Schwindelqualität (Drehschwindel, Schwank-/ Benommenheitsschwindel, Präsynkope) lässt sich nicht auf die zugrundeliegende Ursache schließen oder zwischen harmlosen und gefährlichen Erkrankungen unterscheiden.

Spezielle Untersuchungen je nach Verdachtsdiagnose

Während eine neurologische Untersuchung sowie eine Otoskopie und orientierende Prüfung des Gehörs bei jedem Schwindelpatienten erfolgen sollte, kommen andere, spezifische Untersuchungen nur bei einer entsprechenden Verdachtsdiagnose zum Einsatz. Dazu gehört etwa die Suche nach subtilen okulomotorischen und audiologischen Zeichen bei Patienten mit AVS mithilfe der sogenannten HINTS-Tests („head impulse, nystagmus, test of skew“: Kopfimpulstest, exzentrische Blickhaltefunktion, alternierender Abdecktest). Sie erlauben die Identifikation zentraler Ursachen mit einer Sensitivität von  95,3 %. Beim AIS sollte primär eine graduierte Prüfung der Stand- und Gangfunktion erfolgen. Lagerungsmanöver sind vor allem bei Patienten mit intermittierendem, positionsabhängigem Schwindel indiziert, um einen BPLS abzuklären. 

Therapieoptionen bei Schwindel

Beim BPLS ist die Therapie klar (Repositionsmanöver für den posterioren bzw. lateralen Bogengang), ebenso wie bei Verdacht auf Schlaganfall (notfallmäßige Zuweisung zur nächstgelegenen Stroke Unit) oder bei einem akuten Thiaminmangel (hochdosierte B1-Supplementation). Ansonsten stehen pharmakologische, physiotherapeutische, psychotherapeutische/verhaltensneurologische und in seltenen Fällen auch operative Ansätze zur Verfügung. Da die Evidenz für eine Pharmakotherapie gering ist, sollten Antivertiginosa/Antiemetika auf eine Therapiedauer von max. 2–3 Tagen begrenzt werden. Bei vestibulärer , M. Menière und funktionellem Schwindel empfehlen die Experten eine fachärztliche Absprache.

Quelle:
  1. Tarnutzer AA et al. Diagnostik und Therapie bei Schwindel. Interdisziplinärer Leitfaden für die klinische Praxis. HNO 2025: 73: 461–473.