Antiandrogentherapie könnte Ausbreitung von Knochenmetastasen bei fortgeschrittenem Prostatakrebs fördern

Neue Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass eine ADT die Anpassung und das Wachstum von Prostatakrebszellen in der Knochentumor-Mikroumgebung erleichtert.

Neue Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass eine ADT die Anpassung und das Wachstum von Prostatakrebszellen in der Knochentumor-Mikroumgebung erleichtert.

Bemerkenswerterweise hat Australien international eine der höchsten Inzidenzraten von Prostatakrebs: 1 von 6 australischen Männern erhält irgendwann im Laufe seines Lebens diese Diagnose.
Obwohl die Überlebensraten hoch sind (über 95% der Männer überleben mindestens fünf Jahre), werden kurative Behandlungen, insbesondere für fortgeschrittene Erkrankungen, noch immer dringend gesucht.

Ein Team des Centre for Biomedical Technologies an der Technischen Universität Queensland (QUT) hat sich auf die Erforschung von Knochenmetastasen bei Brust- und Prostatakrebs spezialisiert und ein Modell der Tumormikroumgebung in Knochenläsionen entwickelt.
Die Wissenschaftler untersuchten daran ihre Hypothese, dass die Effektivität einer konventionellen Androgendeprivationstherapie (ADT) in der Mikroumgebung von ossären Prostatakarzinom-Metastasen limitiert ist.
Dabei entdeckten sie Erstaunliches: der Einsatz von Androgenrezeptor-Antagonisten verlangsamt oder hemmt zwar initial Knochenmetastasen, doch letztendlich führen ADTs zu einer Adaptation der Krebszellen als auch des Stromas. Hierfür spielt eine Reaktivierung von Androgenrezeptoren in Zusammenspiel mit parakriner Signalübertragung eine Rolle.1,2

Wirksamkeit der Androgendeprivationstherapie ändert sich in Gegenwart der Mikroumgebung des Knochens

ADTs kommen routinemäßig bei fortgeschrittenem Prostatakrebs zum  Einsatz, doch ihre Wirkung bei der Behandlung von Knochenmetastasen ist nur unzureichend verstanden und mündet letztlich in der Entwicklung von metastasiertem kastrationsresistenten Prostatakrebs (mKRPCA). Bei über 90% der Patienten mit mKRPCA liegen Knochenmetastasen vor. Einige Medikamente sind für diese Situation zugelassen, erbringen jedoch nur geringe Verbesserungen in Bezug auf das Überleben.3

Die Wissenschaftler untersuchten die Auswirkungen von Bicalutamid und Enzalutamid, zwei der am häufigsten eingesetzten Antiandrogene. Hierfür verwendeten sie ein vollhumanes Mikrogewebemodell von mineralisiertem metastatischem Gewebe, in welchem 3D-gedruckte biomimetische Gerüststrukturen mit von Patienten stammenden Osteoprogenitorzellen und Prostatakrebszellen besiedelt wurden.

Sie konnten zeigen, dass Karzinom-/ Knochenstroma-Interaktionen und Antiandrogene die Krebsprogression in einer mineralisierten Mikroumgebung vorantreiben. Die Untersuchung der Knochenmikroumgebung mit Enzalutamid führte zu stärkeren adaptiven Reaktionen der Krebszellen und Osteomimikry als Bicalutamid. Unter Enzalutamid war das Ansprechen auf die Behandlung besser, was im Einklang mit Vorarbeiten steht, die besagten, dass Enzalutamid die Zeit bis zum Auftreten knochenbezogener Ereignisse verzögert und das Überleben bei mKRPCA verlängert.

"Die Mechanismen sind nicht im Detail verstanden, doch die ADT könnte die Metastasierung und unerwünschte Endpunkte weiter vorantreiben." 

In der Zeitschrift Science schreiben die Autoren: "Obwohl aktuelle Daten eine Verbesserung des Überlebens durch ein Targeting von Tumorzellen und Knochenmikroumgebung nahelegen, ist die Rolle dieser Tumormikroumgebung als zentralem Modulator der Tumorzellantwort auf die Therapie noch nicht verstanden. [...] Da Knochenmetastasen meist in der kastrationsresistenten Phase auftreten, ist es entscheidend, die tatsächlichen Effekte von Standard-ADTs in der Mikroumgebung ossärer Tumoren genau zu untersuchen."

Die Forscher planen auch, ihr Modell auszubauen und breiter verfügbar zu machen, sodass patienteneigene Zellen von Prostatektomie-Patienten als personalisiertes Werkzeug verwendet werden könnten, um Therapien vorab zu testen.
"Durch das Screening vorhandener und neuartiger Medikamente anhand des Knochentumormodells im Labor werden Ärzte in der Lage sein, einzelne Patienten mit einer Tumortherapie zu behandeln, die am besten zu ihren klinischen Bedürfnissen passt", hofft Leitautorin Dr. Nathalie Bock, PhD. "Dies hat das Potenzial, die Lebensqualität der Patienten erheblich zu verbessern, weil sie hierdurch nicht eine Reihe von Medikamenten durchprobieren müssen, von denen jedes das Potenzial von schweren Nebenwirkungen hat und die möglicherweise bei ihnen nicht wirken."2

Referenzen:
1. Bock, N. et al. In vitro engineering of a bone metastases model allows for study of the effects of antiandrogen therapies in advanced prostate cancer. Science Advances 7, eabg2564 (2021).
2. Anti-androgen therapy may fuel spread of bone tumours in advanced prostate cancer | Mirage News. https://www.miragenews.com/anti-androgen-therapy-may-fuel-spread-of-bone-588269/ (2021).
3. Body, J.-J., Casimiro, S. & Costa, L. Targeting bone metastases in prostate cancer: improving clinical outcome. Nat Rev Urol 12, 340–356 (2015).