Welche Rolle spielt die Jodversorgung bei Brustkrebs?

Forschungsergebnisse deuten auf eine protektive Wirkung einer guten Jodzufuhr gegenüber fibrozystischer Brusterkrankung und Brustkrebs hin. Der hierzulande verbreitete Jodmangel ist dagegen mit einem erhöhten Risiko für diese Erkrankungen verknüpft.

Prävention ist besser als Therapie

Laut der aktuellen Ergebnisse des Jodmonitorings (Daten aus den DEGS- und KIGGS-Studien) decken 32% der Erwachsenen und 44% der Kinder und Jugendlichen in Deutschland ihren geschätzten mittleren Jodbedarf nicht.Wenn der Jodgehalt sinkt, werden die Jodrezeptoren durch eine erhöhte Fluorid-, Chlor- und Bromidkonzentration im Wasser, in der Nahrung und in der Umwelt blockiert, was die Entstehung von Brustkrebs und anderen Tumorarten begünstigt.2,3

In Gebieten, in denen sowohl die Selen- als auch die Jodzufuhr hoch ist (z.B. Japan), ist das Brustkrebsrisiko geringer als in Gebieten mit hoher Selen- und niedriger Jodzufuhr (z.B. Vereinigte Staaten) oder in Gebieten, in denen beides niedrig ist (z.B. Nordeuropa).4

Kann Jodsupplementierung fibrozystische Brustveränderungen umkehren?

Glanduläre Gewebe benötigen Iod für ihre korrekte Entwicklung und Funktion. Brustgewebe weist eine hohe Jodkonzentration auf, insbesondere während der Schwangerschaft und Stillzeit.5 Bei Frauen im reproduktiven Alter (oder unter Östrogenersatztherapie in den Wechseljahren) hat die fibrozystische Brusterkrankung als gutartige Erkrankung in den letzten Jahrzehnten an Häufigkeit stark zugenommen. Sie geht mit knotigen, schmerzempfindlichen Brüsten (vor allem gen Zyklusende) und tastbarer Fibrose einher. Klinische Studien deuten auf eine Besserung bei fibrozystischen Brusterkrankungen und zyklischer Mastalgie nach Supplementierung mit molekularem Jod (I2) hin.3,5,6

Letzterer Punkt ist wichtig: Es gibt eine bestimmte Form von Jod, die auf das Brustgewebe wirkt und das ist elementares (ungebundenes) Jod, also I2 – nicht Jodid, welches ein Jodsalz ist (wie z.B. Kaliumjodid).7 Diese ist die für die Schilddrüse bevorzugte Form von Jod.8

Jodmangel verursachte in Studien auch bei Versuchstieren (Ratten) Brustatypien und -dysplasien, die durch Jodsupplementierung reversibel waren. Jod hat zudem antioxidative und antiproliferative Effekte und stimuliert die Apoptose im Brustgewebe.3,4

Senkt Jod das Brustkrebsrisiko und wirkt antiproliferativ?

Schlanke Frauen mit einem fibrösen, dichten Brustgewebe gehören zu den Risikogruppen für Brustkrebs. Die populationsbasierte Langzeitstudie 'Malmö Diet and Cancer Study' stellte prädiagnostische Blutproben von 1.159 Brustkrebspatientinnen und 1.136 Kontrollen zur Verfügung, in denen die Ausgangswerte von Jod und Selen im Serum erfasst waren. Auch hier war die Kombination von hohen Jod- und Selenspiegeln mit einem geringeren Risiko für Brustkrebs verbunden.4

Jod wirkt überdies bei der Regulation von Zellwachstum und Zellteilung mit und ist gemeinsam mit Fettsäuren (sog. "Jodlaktone") an der Einleitung der Apoptose bei krankhaften Zellen beteiligt.8 Auf Krebszellen ist eine zytostatische Wirkung beschrieben, ohne dass gesunde Zellen geschädigt werden.Die Ergebnisse einiger Studien deuten darauf hin, dass es wiederum molekulares Jod ist, welches das Zellwachstum sowohl bei Brustkrebs als auch bei anderen Krebsarten erheblich hemmt.7,9 So führte etwa eine adjuvante Jod-(I2)-Supplementierung in Kombination mit Doxorubixin zur Verringerung von Tumorgröße und PCNA-Expression (einem Marker für die Proliferationsaktivität beim Mammakarzinom).3,10

Die Zugabe von Jod (I2) zu Standardtherapie-Regimen bei Brustkrebs (FEC/TE) resultierte in einem verbesserten Ansprechen, wenn es präoperativ oder in Verbindung mit einer konventionellen Chemotherapie eingesetzt wurde, um den Krebs vor der Operation zu verkleinern (30 Patientinnen mit Brustkrebs im Stadium II und 30 Patientinnen in Stadium III).11 Die 5-jährige krankheitsfreie Überlebensrate (DFS) war bei Patienten, die vor und nach der Operation mit dem Jod-Add-on behandelt wurden, deutlich höher als bei denjenigen, die den Zusatz nur nach der Operation erhielten (82% vs. 46%). Die orale Supplementierung mit Jod ging mit einer signifikanten Abschwächung der Nebenwirkungen und der Abwesenheit von Chemoresistenzen einher (normalerweise 30% unter den verwendeten Therapieregimen).
„Mit Jod behandelte Tumoren zeigten ein geringeres invasives Potenzial und eine signifikante Zunahme der Apoptose, der Östrogenrezeptorexpression und der Immunzellinfiltration“, resümieren die Studienautoren.11
Eine größere Phase-III-Studie zur Wirksamkeit von Chemotherapie + Jod-Behandlung bei fortgeschrittenem Brustkrebs wurde daraufhin geplant.

Wo ist überall Jod enthalten?

Viele Menschen verwenden jodiertes Speisesalz aus dem Gedanken heraus, damit ihre Jodzufuhr zu verbessern – die haushaltsüblichen Mengen liefern jedoch viel zu wenig Jod.8 Innerhalb von zwei Wochen nach dem Öffnen einer Packung Salz ist das zugesetzte Jod überdies so gut wie weg. Außerdem gehen viele wertvolle Inhaltsstoffe, die etwa in gutem Stein- oder Meersalz von Natur aus enthalten sind, im Raffinierungsprozess verloren und nachträglich künstlich zugesetzte Mineralstoffe, so auch Jod, haben für den Organismus nicht den gleichen Wert. Zusätzlich werden industriell hoch verarbeiteten Salzen oft schädliche Hilfsstoffe zugesetzt, um beispielsweise Verklumpung zu verhindern (Rieselhilfen). EIne gute jodhaltige Sole wäre hier empfehlenswerter.

Meeresalgen (wie Seetang, Nori, Kombu und in geringerem Maße auch Wakame) sind eine der besten Nahrungsquellen für Jod, außerdem auch Meeresfisch und Krustentiere. Deutlich weniger, aber auch noch einigermaßen jodhaltig wären bspw. Eier, Milch oder griechischer Joghurt. Wer nicht gerne Seetang isst, kann diesen auch in Form von Granulat kaufen und in Suppen, oder andere Speisen streuen. Auch standardisierte Präparate aus rückstandskontrollierten Algen zur Vorbeugung von Jodmangelerkrankungen (tägliche Einnahme von etwa 300 μg Jod) werden oft empfohlen.8 Jod ist auch in der menschlichen Muttermilch enthalten.5

Liegt bereits eine Mastopathie oder Brustkrebs vor, wird oft mit deutlich höheren als den vorbeugenden Dosierungen gearbeitet (im Milligramm-Bereich). Eine solche Therapie mit elementarem Iod (bspw. als Präparat mit 5 mg oder auch in Lugolscher Lösung enthalten, die eine Kombination aus Jodid und 5%igem Jod ist) sollte nur auf Anordnung eines Arztes erfolgen, der sich mit der Jodtherapie auskennt und in der Lage ist, die Schilddrüsenfunktion zu überwachen.5

Insgesamt handelt es sich um ein spannendes Feld, in dem weitere Forschung nötig wäre.

Quellen:
  1. BMEL. Jodversorgung in Deutschland: Ergebnisse des Jodmonitorings bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. https://www.bmel.de/DE/themen/ernaehrung/gesunde-ernaehrung/degs-jod-studie.html (2023).

  2. Molecular Iodine and Breast Cancer: What you must know. Oncoplus Hospital https://www.oncoplus.co.in/molecular-iodine-and-breast-cancer-what-you-must-know/ (2020).

  3. Rappaport, J. Changes in Dietary Iodine Explains Increasing Incidence of Breast Cancer with Distant Involvement in Young Women. J Cancer 8, 174–177 (2017).

  4. Manjer, J., Sandsveden, M. & Borgquist, S. Serum Iodine and Breast Cancer Risk: A Prospective Nested Case–Control Study Stratified for Selenium Levels. Cancer Epidemiology, Biomarkers & Prevention 29, 1335–1340 (2020).

  5. Office of Dietary Supplements - Iodine. https://ods.od.nih.gov/factsheets/Iodine-HealthProfessional/ (2023).

  6. Rösner, H., Möller, W., Groebner, S. & Torremante, P. Antiproliferative/cytotoxic effects of molecular iodine, povidone-iodine and Lugol’s solution in different human carcinoma cell lines. Oncol Lett 12, 2159–2162 (2016).

  7. Dr. Laurie Marzell N.D., N.C.M.P. Healthy Breasts: The Role of Iodine in Breast Cancer Prevention | Showit Starter Blog. https://drmarzell.com/healthy-breasts-the-role-of-iodine-in-breast-cancer-prevention/.

  8. Jod und Brustkrebs. https://www.biokrebs.de/images/download/Kurzinfos/Jod_und_Brustkrebs.pdf.

  9. Soriano, O. et al. Antineoplastic effect of iodine and iodide in dimethylbenz[a]anthracene-induced mammary tumors: association between lactoperoxidase and estrogen-adduct production. Endocrine-Related Cancer 18, 529–539 (2011).

  10. Alfaro, Y., Delgado, G., Cárabez, A., Anguiano, B. & Aceves, C. Iodine and doxorubicin, a good combination for mammary cancer treatment: antineoplastic adjuvancy, chemoresistance inhibition, and cardioprotection. Mol Cancer 12, 45 (2013).

  11. Moreno-Vega, A. et al. Adjuvant Effect of Molecular Iodine in Conventional Chemotherapy for Breast Cancer. Randomized Pilot Study. Nutrients 11, 1623 (2019).

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