Der Standpunkt der Augenheilkunde bei der Prävention und der Erkennung systemischer (viraler) Erkrankungen

Der heutige Blog-Beitrag widmet sich dem ophthalmologischen Beschwerdebild bei systemischen Erkrankungen unterschiedlicher Genese.

Der heutige Blog-Beitrag widmet sich dem ophthalmologischen Beschwerdebild bei systemischen Erkrankungen unterschiedlicher Genese. Bei manchen Erkrankungen wie der Multiplen Sklerose können die ophthalmologischen Symptome die ersten Anzeichen eines Krankheitsbeginns sein. Wie sieht das Ganze bei viralen Erkrankungen aus? Kann eine Konjunktivitis Vorbote einer systemischen viralen Infektion sein? Werfen wir einen kurzen Blick auf die wichtigsten viralen Infektionen, die uns im klinischen Alltag und zu dieser Jahreszeit begegnen können.

Das bekannteste Virus in der Augenheilkunde

Die wohl bekannteste virale Erkrankung in der Augenheilkunde ist die epidemische Adenoviren-Keratokonjunktivitis. Der RKI-Ratgeber auf der Webseite des Robert-Koch-Instituts bringt die wichtigsten Informationen zur epidemischen Adenoviren-Keratokonjunktivitis ganz gut auf den Punkt.1 Der Mensch als einziges Reservoir für diese virale Erkrankung kann über eine Schmier- oder auch Tröpfcheninfektion über kontaminierte Gegenstände und Hände den Erreger auf seine Mitmenschen übertragen. Die Inkubationszeit liegt bei ca. 1-2 Wochen. Typische Symptome sind eine plötzlich eintretende Rötung und Schwellung der Bindehaut erst des einen und nach kurzer Zeit des anderen Auges. Die Lider können ebenfalls entzündlich geschwollen und ptotisch sein. Bei Hornhautbeteiligung zeigt sich eine "Keratoconjunctivitis superficialis punctata mit Epitheldefekten". In der Abheilungsphase können sich Nummuli bilden, die noch einige Zeit fortbestehen können.2 Die präaurikulären Lymphknoten können wie hier im Bild A geschwollen sein. Die Diagnostik, sowie Präventiv- und Bekämpfungsmaßnahmen werden ausführlich auf der Webseite des Robert-Koch-Instituts beschrieben.2 Natürlich können auch andere Erkrankungen mit einer präaurikulären Lymphknotenschwellung und einer Konjunktivitis einhergehen. In der wissenschaftlichen Publikation aus der das Bild stammt, war eine Infektion mit dem Mycobacterium tuberculosis die Ursache gewesen. Dies ist in Deutschland eine eher seltene Genese. Die Infektion mit dem Mycobacterium tuberculosis konnte in der zitierten wissenschaftlichen Studie erfolgreich mit Antibiotika behandelt werden.3

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Mit freundlicher Genehmigung von 3

Brennende Fragen zum aktuellen Zeitpunkt

Aktuell geht die größte Angst von COVID-19 aus. Als Augenärztin/Augenarzt kommen wir der Patientin oder dem Patienten an der Spaltlampe recht nah. Da kommt natürlich die Frage auf, wie wir unsere Patientinnen und Patienten und uns vor einer Infektion schützen können? Gibt es neue Hygiene-Leitlinien zum Umgang mit dem Tonometer-Messkörper? Inwieweit kommt hier die Telemedizin ins Spiel? Eine Sache ist klar. Der medizinische Betrieb muss weitergehen. Uveitische, infektiöse Erkrankungsbilder sowie Glaukomanfälle können sonst zur Erblindung unserer Patientinnen und Patienten führen, um nur einige Beispiele zu nennen. Die Einhaltung von Hygienestandards und die Eindämmung der Verbreitung des COVID-19-Erregers steht hierbei an erster Stelle.

Wie äußert sich COVID-19 am Auge?

Vor einigen Stunden hat die American Academy of Ophthalmology wichtige Informationen zu COVID-19 auf ihrer Webseite veröffentlicht.4 Was wir bisher wissen ist, dass uns COVID-19 in Form einer Konjunktivitis durchaus auch in der Augenheilkunde begegnen kann. Die virale Konjunktivitis wird vermutlich durch Aerosole induziert.5 Generell können Coronaviren zu einer Konjunktivitis, anterioren Uveitis, Retinitis oder auch zu einer Optikusneuritis führen. Dies wissen wir aus verschiedenen experimentellen Tiermodellen.6

Hygiene ist das A und O

Zur viralen Konjunktivitis bei COVID-19 können sich die für diese Infektion bekannten Symptome Husten, Fieber und Dyspnoe dazugesellen. Um eine Übertragung der Viren zu vermeiden, sollte die Augenärztin/der Augenarzt Mund, Nase und Augen vorschriftsmäßig schützen. Spaltlampe, Türgriffe und jegliche Kontaktstellen sollten gereinigt werden. Kontaktflächen und Medizinprodukte müssen mit viruziden Desinfektionsmittel gereinigt werden. "Thermische Desinfektionsverfahren von Medizinprodukten sollten bevorzugt angewendet werden".7

COVID-19 an der Spaltlampe

Am 18.03.20 wurden die "Empfehlungen des Robert Koch-Institutes zu Hygienemaßnahmen im Rahmen der Behandlung von Patienten mit einer Infektion durch SARS-CoV-2" veröffentlicht. Sie fassen die wichtigsten Hygienemaßnahmen schön zusammen. Steht ein ärztlicher Kontakt zu einer Patientin oder einem Patienten mit einer bekannten COVID-19-Infektion an, so sollte eine Schutzausrüstung bestehend aus „Schutzkittel, Einweghandschuhen, dicht anliegender Atemschutzmaske (FFP2 bzw. FFP3) und Schutzbrille“ getragen werden. Die Maske muss dicht aufliegen, um einen adäquaten Schutz zu gewährleisten. Das Praxis- und Klinikpersonal muss hierfür geschult werden.7 Eine COVID-19-Infektion ist aktuell noch eine eher seltene Ursache für eine Konjunktivitis. Nichtsdestotrotz kann man ja bekanntlich Läuse und Flöhe haben. Die Augenärztin oder der Augenarzt kann damit eine der ersten Kontaktpersonen einer oder eines -bis auf die ophthalmologischen Beschwerden- asymptomatischen COVID-19-positiven Patientin oder Patienten sein. Um den exponentiellen Anstieg der Verbreitung von COVID-19 zu verlangsamen, müssen jetzt und nicht später in jedem Bereich unseres Lebens, sei es der berufliche oder der private Bereich, die notwendigen Maßnahmen ergriffen werden.

Referenzen: 1. https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Adenovirus_Konjunktivitis.html
2. Bialasiewicz A. (2007). Adenoviral Keratoconjunctivitis. Sultan Qaboos Univ Med J. 2007 Apr; 7(1): 15–23.  3. Alocolea A. (). J Clin Microbiol. 2009 Sep; 47(9): 3043–3044. 
4. https://www.aao.org/headline/alert-important-coronavirus-context
5. Xia J. et al. (2020). Evaluation of coronavirus in tears and conjunctival secretions of patients with SARS‐CoV‐2 infection. Journal of Medical Virology.
6. Seah I. (2020). Can the Coronavirus Disease 2019 (COVID-19) Affect the Eyes? A Review of Coronaviruses and Ocular Implications in Humans and Animals. 7. https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Hygiene.html